Shadowdwellers: Magnus (German Edition)
verloren. Es war … nicht ihr Fehler. Nicht ihr Fehler.« Er rang nach Luft. »Das ist meine Sünde. Ich bitte dich … « Ein weiterer schwacher Atemzug. »Vergib mir. Erlöse mich.«
Magnus starrte ihn streng an. Er wusste, dass Brendan ehrlich und aufrichtig war. Der Priester wusste, dass er sterben würde, und wollte die Absolution für die Sünde, die er gegen seinen Mentor begangen hatte. Er wollte, dass diejenigen, die er verletzt hatte, ihm vergaben …
War es Lust gewesen? Oder Ehrlosigkeit? Betrug? Oder alles zusammen? Was beim Licht war zwischen ihm und Daenaira passiert? Was immer es gewesen war, es hatte sie beschämt, weil sie seine Berührung nicht zulassen wollte. Trotzdem hatte sie ihn verzweifelt darum gebeten, einen Mann zu retten, den sie offensichtlich zu töten versucht hatte. Das ergab keinen Sinn! Die einzige Person außer Daenaira, die den Sinn des Ganzen erhellen konnte, war Brendan, doch der konnte kaum noch sprechen. Magnus fand sich damit ab, dass er vorerst darüber im Unklaren gelassen wurde. Brendan zeigte jedenfalls Reue, und das durfte er nicht außer Acht lassen. Das war aufrichtig, ehrlich, so wie er Brendan kannte …
Er hätte nie gedacht, dass es so schwer sein würde, die Wut darüber herunterzuschlucken, dass jemand sich an seinem Besitz vergriffen hatte, doch irgendwie gelang es ihm, und er griff nach dem Telefonhörer, ohne die Hand von Brendans Wunde zu lösen. Erst als er medizinische Hilfe angefordert hatte, fiel ihm ein entscheidendes Detail wieder ein.
»Warum sucht sie Sagan?«, fragte er laut, aber er redete mehr zu sich selbst als zu Brendan.
»Das nächste … Opfer.«
Zweifelnd blickte er auf Brendan hinunter. Es war, als folgte Dae einer Art Todesliste. Nein. Er wusste nicht, was hier passiert war und was zu diesem Chaos geführt hatte, doch er glaubte nie und nimmer, dass sie herumlief und Priester wie Enten an einem Schießstand erledigte.
Nein. Nicht sie.
Nicoya.
»Oh verdammt! Oh verdammt noch mal!« Er wollte davonstürzen, doch seine Hand lag fest auf der Brust eines sterbenden Mannes. Diese kleine Närrin! Sie hatte ihn zurückgelassen und ihn zum Kindermädchen gemacht, während sie gegen eine Gefahr kämpfte, von der sie keine Vorstellung hatte! Doch er war einfach nur froh gewesen, dass er sie lebend und unverletzt wiedergefunden hatte. Verflucht sollte sie sein!
Brendan gab ein Geräusch von sich.
Magnus starrte ihn an und stellte fest, dass es ein Glucksen gewesen sein musste. Brendans Augen blitzten höchst belustigt, als er sah, dass Magnus von dem verrückten kleinen Mädchen, das sich selbst in Gefahr brachte, im Regen stehen gelassen worden war.
»Es freut mich, dass du das so lustig findest«, bellte Magnus. »Sie bringt sich um! Wahrscheinlich war es Nicoya, die euch beobachtet hat, und wie es aussieht, hat sie die ganzen Bußaufträge erledigt, die ich Shiloh gegeben habe! Sie hat sich zur Kriegerin gewandelt und hat ihm das Verdienst zugebilligt. Jetzt ist Daenaira hinter ihr her, um sie davon abzuhalten, noch mehr Schaden anzurichten!«
Brendas Blick wurde besorgt. Mit kraftlosen Fingern umfasste er Magnus’ Hand und versuchte sie von seiner Brust zu schieben.
»Geh«, krächzte er.
»Nein.«
Doch!
Magnus runzelte die Stirn. Er schüttelte den Kopf, während sein Verstand protestierend aufschrie.
»Du wirst sterben, wenn ich jetzt gehe, und ich weiß, dass Dae das nicht wollte«, sagte er. Er schluckte schwer. »Sie sind gleich da. Es geht ihr gut. Sie … «
Er brach ab, weil er auf einmal keine Luft mehr bekam. So übermächtige Gefühle hatte er in seinem ganzen Leben noch nie gehabt. Es kam ihm vor, als wäre es zu viel, als könnte er die Belastung nicht länger aushalten. Das Gefühl von völliger Hilflosigkeit und Vernichtung war ganz fremd und unliebsam. Wie hatte ihm das nur passieren können? Warum war ihm das passiert? Was um seiner beiden Götter willen wollten sie ihm sagen? Ihm beibringen? Welchem Zwecke diente das Ganze? Diese ganze … Angst?
Er war wie betäubt und auf Autopilot, als die Hilfe für Brendan eintraf. Er nahm einfach die Hand von dessen Brust, drehte sich um und verließ den Raum, ohne auf die Fragen zu antworten, mit denen die Heiler ihn bestürmten. Er hatte keine Zeit für sie. Für gar nichts. Die Zeit war in dem Moment abgelaufen, als sie ihn im Traumreich verlassen hatte. Er hätte sie niemals gehen lassen dürfen. Und sobald er sie gefunden hätte, würde er das auch nie wieder
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