Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
anwenden. Jetzt hätte ich keinerlei Bedenken, die Wünsche des Amuletts genauer zu erforschen. Kein Preis ist zu hoch.
Ich fühle die blau-schwarze Kraft, die Darrocs Befehl Nachdruck verleiht, immensen Nachdruck. Ich möchte den Kreis verlassen. Ich könnte erst wieder atmen, essen, schlafen, ohne Schmerzen leben, wenn ich aus dem Kreis träte.
Ich lache. » Wirf mir das Amulett zu .« Die Stimmen platzen aus mir heraus.
Die Köpfe der Unseelie-Prinzen wirbeln herum, und die schillernden Augen betrachten mich. Es ist schwer zu sagen bei ihnen, aber ich glaube, sie finden mich plötzlich interessant.
Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Für Angst und Grauen ist kein Platz mehr in mir, dennoch gelingt es diesen … Dingern … diesen eisigen, unnatürlichen Aberrationen, mich zu beeinflussen.
Darrocs Hand schließt sich fester um das leuchtende Amulett. » Tritt aus dem Kreis.«
Der Druck zermalmt mich schier. Er kann nur durch Gehorsam abgeschwächt werden.
» Wirf mir das Amulett zu !«
Er zuckt zusammen, hebt die Hand, knurrt und reißt die Hand wieder zurück.
In den nächsten Minuten versuchen wir beide den Willen des anderen zu brechen, bis wir schließlich gezwungen sind zuzugeben, dass wir nichts ausrichten. Mein Stimmenzauber wirkt nicht bei ihm. Und seine Magie mit dem Amulett oder der Stimme kann mir nichts anhaben.
Wir sind ebenbürtig. Faszinierend. Ich bin so stark wie er. Du liebe Güte, was ist aus mir geworden!
Er umrundet mich, und ich drehe mich mit ihm – ein feines Lächeln umspielt meine Mundwinkel, meine Augen funkeln. Ich bin aufgekratzt und vollgepumpt mit der Kraft meiner Runen und meiner eigenen Stärke. Wir mustern uns, als hätten wir es beide mit einer neuen Spezies zu tun.
Ich halte ihm die Hand hin – eine Einladung, an meine Seite zu kommen.
Er schaut auf die Runen. »Ein solcher Narr bin ich nicht.« Seine Stimme ist tief, melodiös. Er ist schön. Ich kann sehr gut verstehen, dass meine Schwester auf ihn geflogen ist. Groß, goldene Haut und eine außerirdische Erotik, die erhalten geblieben ist, nachdem die Königin ihn zum Sterblichen gemacht hat. Die Narbe in seinem Gesicht ist ein Blickfang, und am liebsten würde man sie mit der Fingerspitze nachzeichnen und erfahren, welche Geschichte dahintersteckt.
Ich kann nicht nachfragen, ein wie großer Narr er wäre, weil ich damit verraten würde, dass ich keinen blassen Schimmer habe, was die Runen bedeuten.
»Was ist mit Barrons passiert?«, fragt er nach einer Weile.
»Ich habe ihn getötet.«
Er sieht mir forschend ins Gesicht, und ich weiß, dass er sich Szenarien vorzustellen versucht, die erklären könnten, dass Barrons getötet wurde. Wenn er die Leiche genauer untersucht hat, ist ihm die Speerwunde aufgefallen. Und er weiß, dass ich den Speer immer bei mir habe. Ihm müsste also klar sein, dass ich zumindest einmal zugestochen habe.
»Warum?«
»Ich hatte sein ungehobeltes Benehmen satt.« Ich zwinkere. Soll er mich doch für verrückt halten. Ich bin verrückt. Im wahrsten Sinne des Wortes.
»Ich hätte nicht gedacht, dass man ihn töten kann. Die Feenwesen fürchten ihn schon so lange.«
»Offenbar war der Speer seine Schwäche. Deshalb wollte er ihn auch nie anfassen.«
Darroc denkt über meine Worte nach, und ich weiß, dass er überlegt, warum eine Feenwaffe Jericho Barrons töten konnte. Ich würde das auch gern wissen. Hat ihm der Speer den Todesstoß versetzt? Wäre er an dieser Verletzung gestorben, auch wenn Ryodan ihm nicht die Kehle aufgeschlitzt hätte?
»Trotzdem hat er dich damit bewaffnet? Du erwartest von mir, dass ich das glaube?«
»Wie du hielt er mich für oberflächlich und naiv. Für so dämlich, dass ich es gar nicht wert bin, verdächtigt zu werden. ›Das Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird‹ – so hat er das gern ausgedrückt. Das kleine Lamm hat den großen Löwen getötet. Dem hab ich’s gezeigt, was?« Wieder zwinkere ich.
»Ich hab seinen Leichnam verbrannt. Von ihm ist nur noch Asche übrig.« Er behält mein Gesicht aufmerksam im Auge.
»Gut.«
»Falls er eine Möglichkeit hatte, wiederaufzuerstehen, dann ist sie jetzt zunichte. Die Prinzen haben seine Asche in einhundert Dimensionen verstreut.« Er durchbohrt mich mit seinem Blick.
»Daran hätte ich selbst denken müssen. Danke, dass du mein Werk so umsichtig vollendet hast.« Mit den Gedanken bin ich bei der neuen Welt, die ich zu erschaffen plane. Von dieser hier habe ich mich
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