Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
hatten, durchgemacht hatte, war mit halsbrecherischer Geschwindigkeit vonstattengegangen.
Er sah halb menschlich, halb feenhaft aus, und an diesem dunklen eisigen Ort glich er eher den Unseelie als ihren Lichten Artgenossen. Es fehlte nicht viel, dann würde er aussehen wie die Prinzen. Ich biss mir auf die Lippe. Was sollte ich sagen? Tut mir leid. Hat es weh getan? Hast du dich auch innerlich in ein Monster verwandelt? Vielleicht würde er besser aussehen, wenn er in die reale Welt zurückkam, in der es viele bunte Farben gab.
Er schenkte mir eine düstere Version seines mörderischen Lächelns – weiße Zähne blitzten zwischen den kobaltblauen Lippen in dem bleichen Gesicht. »Oh, dein Herz weint um mich. Ich sehe es in deinen Augen«, spottete er. Das Lächeln verblasste, dafür wuchs die Feindseligkeit in seinem Blick. »Das sollte es auch. Ich sehe allmählich aus wie einer von ihnen, stimmt’s? Hier gibt’s keine Spiegel. Keine Ahnung, was aus meinem Gesicht geworden ist, und ich will’s auch gar nicht wissen.«
»Das Unseelie-Fleisch hat das aus dir gemacht? Ich verstehe das nicht. Ich habe es auch gegessen, genau wie Mallucé und Darroc, Fiona und O’Bannion. Von Jayne und seinen Männern ganz zu schweigen. Weder mir noch den anderen ist es wie dir ergangen.«
»Ich nehme an, es hat an Halloween begonnen. Ich war nicht genügend durch Runen geschützt.« Das Lächeln wurde bösartig. »Dafür gebe ich Barrons die Schuld. Wir werden sehen, wer der bessere Druide ist. Wenn wir uns wieder begegnen, habe ich ein Wörtchen mit ihm zu reden.«
Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, bezweifelte ich, dass es bei einem Wörtchen bleiben würde. »Hat dir Jericho die Tattoos gestochen?«
Christian hob eine Augenbraue. »Dann ist er also jetzt Jericho,wie? Nein, meine Onkel Dageus und Cian haben das gemacht, aber er hätte ihr Werk überprüfen müssen, als sie fertig waren – das hat er versäumt. Er hat mich ungeschützt das Ritual durchführen lassen.«
»Und wie wütend wären deine Onkel geworden, wenn er ihre Arbeit überprüft hätte?« Instinktiv verteidigte ich Barrons.
»Trotzdem hätte er es tun müssen. Er kennt sich besser mit Schutzrunen aus als wir. Sein Wissen ist älter als unseres, auch wenn ich mir das kaum vorstellen kann.«
»Was ist in der Nacht im Steinkreis geschehen, Christian?« Weder er noch Barrons haben mir davon erzählt.
Er rieb sich über die blau-schwarzen Bartstoppeln. »Ich schätze, es spielt keine Rolle mehr, wer davon weiß. Eigentlich wollte ich meine Schande verbergen, aber, wie’s aussieht, werde ich sie wohl mein Leben lang vor mir hertragen müssen.«
Er umrundete langsam den Sarg – Eis und Schnee knirschten unter seinen Stiefeln. Der Pfad war bereits ausgetreten. Offensichtlich harrte Christian schon eine ganze Weile hier aus.
Ich versuchte, ihn im Auge zu behalten, aber mein Blick huschte immer wieder zu dem Sarkophag. Das Eis war dick, aber wenn ich mich anstrengte, konnte ich eine Gestalt darunter ausmachen. Der Deckel war dünner als das Gehäuse.
War da der verschwommene Umriss eines Gesichts unter dem trüben Eis?
Ich riss mich von dem Anblick los und sah in Christians zu weißes Gesicht. »Und?«
»Wir versuchten, den uralten Gott der Draghar herbeizurufen – die Draghar sind eine Sekte von Dunklen Zauberern. Sie verehrten ihren Gott, lange bevor die Feen kamen. Er war unsere einzige Hoffnung gegen Darrocs Magie. Wir hatten Erfolg. Ich spürte, dass der Gott erschien. Die großen, schweren Steine stürzten um.« Er hielt inne und lauschte dem Echo seiner dissonanten Glockenstimme. »Er kam direkt auf mich zu. Zielte auf meine Seele. Hat man dich jemals einer Mutprobe unterzogen, Mac?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ich hab nicht bestanden. Es ist ein Wunder, dass Barrons standgehalten hat. Das Wesen fegte an mir vorbei und prallte auf ihn. Dann war es … einfach weg.«
»Was hat es dann damit zu tun, was dir widerfahren ist?«
»Es hat mich berührt.« Abscheu stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Es … ich möchte nicht darüber sprechen. Dann hast du mir das Blut der Dunklen Feen eingeflößt – das zusammen mit den drei Jahren, die ich hier drin verbracht habe …«
»Drei Jahre ?« Die Worte platzten in so schauerlich schrillen Misstönen aus mir heraus, dass ich staunte, keine Lawine damit ausgelöst zu haben. »Du bist seit drei Jahren im Unseelie-Gefängnis?«
»Nein, hier bin ich erst seit ein paar Wochen. Aber nach
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