Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
meiner Rechnung hab ich drei Jahre im Spiegellabyrinth zugebracht.«
»Aber in der realen Welt ist nur ein Monat vergangen, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe.«
»Also vergeht die Zeit hier drin schneller für mich«, murmelte er.
»Normalerweise ist es genau umgekehrt. Ein paar Stunden hier sind draußen Tage.«
Er zuckte mit den Schultern. Muskeln und Tätowierungen wellten sich. »Alles scheint anders zu laufen, wenn es um mich geht. Ich bin ein kleines bisschen unberechenbar geworden.« Sein Lächeln wirkte gezwungen. Die Augen waren wieder ganz schwarz.
Eine Entschuldigung lag mir auf der Zunge, aber ich war pragmatischer als früher und hatte es satt, für alles die Schuld auf mich zu nehmen. »Als ich dich in dieser Wüste fand, hast du auf der Schwelle des Todes gestanden. Wärst du lieber im Spiegellabyrinth begraben?«
Seine Mundwinkel zuckten. »Ja, da liegt der Hase im Pfeffer, oder? Ich bin froh, noch am Leben zu sein. Und ich hab keinen Schimmer, was das mit mir macht. Ich habe einmal zu einem Clan gehört, der die Menschheit gegen die Feenwesen beschützt, den Pakt aufrechterhält und den Waffenstillstand zwischen ihnen unduns bewahrt. Jetzt verwandle ich mich in einen dieser verdammten Scheißkerle. Ich dachte immer, die Keltar sind die Guten. Jetzt glaube ich, dass es gar keine Guten gibt.«
»Es sollte ein paar Gute geben. Ich brauche fünf für das Ritual.« Wieder sah ich zum Sarg. Ich schüttelte mich und wandte mich ab. Vorausgesetzt ich kam hier lebend und geistig gesund heraus.
»Entscheide selbst. Ich passe jetzt sehr gut zu ihnen. Onkel Dageus hat sich einmal den dreizehn bösesten Druiden, die jemals existierten, geöffnet und ist sie heute noch nicht ganz losgeworden.«
Demnach war Dageus der »Besessene«, der in der Prophezeiung erwähnt wurde.
»Und Onkel Cian war beinahe tausend Jahre in einem Spiegel gefangen, als wäre er nicht ohnehin schon barbarisch genug. Er denkt, alle Macht ist gut, und würde alles tun, um sich und seine Frau am Leben und glücklich zu erhalten. Dann gibt es noch meinen Vater – der ist nutzlos für dich. Er hat einen Blick auf Dageus und Cian geworfen und der Druidenkunst für immer abgeschworen.«
»Das ist nicht hinnehmbar«, entgegnete ich ausdruckslos. »Ich brauche euch alle fünf.«
»Dann viel Glück.«
Wir sahen uns schweigend an. Nach einem Moment lächelte er matt.
»Ich wusste, dass jemand kommt. Ich hatte nur nicht erwartet, dass du das bist. Ich dachte, meine Onkel würden diesen Ort schon finden, deshalb bin ich in der Nähe geblieben. Ich kannte sowieso diesen verdammten Weg hinaus nicht.«
»Was hast du gegessen?«
»Mit dem Essen ist es genauso wie mit dem Atmen. Das gehört zu dieser Hölle. Keine Nahrung, kein Sauerstoff. Aber Hunger, ah, der Hunger lässt nie nach. Der Magen frisst sich praktisch immer wieder selbst. Und Sex. Lieber Himmel, dieses Verlangen!« Der Blick, mit dem er mich taxierte, erschreckte mich. Er war nichtannähernd so leer wie der der Prinzen, aber auch nicht menschlich. »Man hat Lust, kann sich aber nicht selbst helfen. Man gewinnt nichts außer noch größere Lust. Ich habe das erlebt und hätte um ein Haar meinen verdammten Verstand verloren. Wenn wir beide hier Sex hätten …«
»Danke, aber nein danke«, wehrte ich eilends ab. Mein Leben war ohne dies schon kompliziert genug, und selbst wenn nicht, wäre dies nicht der passende Ort, es komplizierter zu machen.
»Ich denke, es würde nicht funktionieren«, schloss er trocken. »Bin ich so abstoßend, Mädchen?«
»Nur ein wenig … unheimlich.«
Er wandte sich ab.
»Aber trotzdem noch umwerfend sexy«, fügte ich hinzu.
Er grinste.
»Das ist der Christian, den ich kenne«, versuchte ich ihn zu necken. »Du bist noch dabei.«
»Ich hoffe, ich bin nicht mehr so, wenn ich aus den Spiegelwelten komme. Ich werde nicht mehr so sein.«
Dann waren wir schon zwei, die so schnell wie möglich zur Normalität zurückkehren wollten, sobald wir diese Hölle hinter uns hatten.
Irgendwann musste ich diesen Sarg öffnen. Am besten brachte ich es schnell hinter mich. War dort der König? Hatte er mir Angst eingejagt? Warum? Was würde ich dort finden, das mich zum Schreien brachte?
Christian folgte meinem Blick. »Jetzt weißt du, weshalb ich hier sitze. Wieso bist du hier? Wie hast du hergefunden?«
»Seit meiner Kindheit träume ich von diesem Ort, als wäre ich darauf programmiert, hierherzukommen.«
Er verzog den Mund. »Ja, so was
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