Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
Buchladen führen, zusehen, wie Dani erwachsen wurde und sich zum ersten Mal verliebte. Ich wollte erleben, wie die alte Frau in der Abtei zugunsten von Kat ihre Position aufgab und Ferien in tropischen Gefilden machte.
Ich war hin- und hergerissen. Sollte ich meiner Bestimmung ins Antlitz schauen, einfrieren und für immer vergessen, wie mich die überwältigende Leere und Sinnlosigkeit an diesem Ort zu überreden versuchten? Oder sollte ich kehrtmachen und gehen? Dieser Gedanke verlockte mich sehr. Er bewies eigenen Willen und den Wunsch, selbstbestimmt vorzugehen.
Wäre ich frei, wenn ich diesen Felsen nie erklimmen und nachsehen würde, wie mein Traum endete?
Es gab keine höhere Macht, die mich zum Weitergehen zwang, kein göttliches Geschöpf, das mich beauftragt hatte, das Buch aufzuspüren und die Mauern wiederaufzubauen. Dass ich das Sinsar Dubh finden konnte, hieß noch lange nicht, dass ich es auch suchen musste. Ich musste nicht gegen die Feenwesen kämpfen. Ich war ein freier Mensch und konnte mich gleich jetzt aus dem Staub machen, jede Verantwortung von mir weisen, mich nur noch um mich selbst kümmern und das Chaos einem anderen überlassen. Es war eine fremde neue Welt. Ich konnte aufhören, Widerstand zu leisten, mich anpassen und das Beste daraus machen. Wenn ich eines in den vergangenen Monaten gelernt hatte, dann war es, mich anzupassen und mir zu überlegen, wie ich vorgehen wollte, wenn sich die Dinge nicht als das erwiesen, was ich erwartet hatte.
Dennoch … war es mir wirklich möglich, jetzt noch Reißaus zu nehmen und nie zu erfahren, worum es hier eigentlich ging? Mit der unerklärlichen Zwiespältigkeit weiterzuleben, die alle Entscheidungen beeinflusste? Wollte ich das? Wollte ich ein widersprüchliches, verkorkstes Dasein einer halbverängstigten Person führen, die im entscheidenden Moment den Schwanz einzieht?
Sicherheit ist ein Zaun, und Zäune sind für Schafe gedacht , hatte ich zu Rowena gesagt.
Du scheinst ja ziemlich sicher zu sein. Mich würde interessieren, wie du dich entscheidest, wenn du wirklich die Wahl hättest , hatte ihre Antwort gelautet.
Jetzt hatte ich die Wahl – dies war der Test.
Ich brach das Eis, schüttelte es von mir ab und ging auf den Felsen zu.
28
K urz bevor ich über die Felskante spähen konnte, drängte die finale Erinnerung ans Licht – ein letzter verzweifelter Versuch, mich zur Flucht zu bewegen.
Beinahe hätte es funktioniert.
Jenseits der Kante würde ein aus dem blau-schwarzen Eis, aus dem auch die vier Steine gefertigt waren, gehauener Sarkophag auf einem mit Schnee bedeckten Podest inmitten der schroffen Felsen stehen.
Ein schneidender Wind fegt durch mein Haar. Ich bin unschlüssig, doch dann trete ich näher an die Grabstätte heran.
In den Sargdeckel sind uralte Symbole gemeißelt. Ich lege die Hände auf die richtigen Runen, schiebe den Deckel zur Seite und schaue in den Sarg.
Ich schreie …
Meine Schritte verlangsamten sich.
Ich schloss die Augen, aber so sehr ich mich auch anstrengte, ich erinnerte mich nicht, was ich in der Grabstätte gesehen hatte. Offenbar musste ich die Tat wiederholen, um herauszufinden, wie mein wiederkehrender Alptraum endete.
Ich straffte die Schultern, kletterte auf den Gipfel und blieb erschrocken stehen.
Da war der eisige Sarkophag, kunstvoll behauen und verziert – genau wie ich ihn gerade vor meinem geistigen Auge gesehen hatte. Er war beileibe nicht groß genug, um den König zu beherbergen.
Aber wer war er ?
Dies war eine neue Wendung. In meinen Träumen war nie jemand außer mir und dem, der im Sarg lag, an diesem Ort.
Groß, gut gebaut, schneeweiß und glatt wie Marmor mit langen schwarzen Haaren saß er auf einer Schneewehe neben dem Sarg und hatte das Gesicht in den Händen vergraben.
Ich stand wie erstarrt da. Ein Windstoß zerrte an meinem Haar. War er ein Überbleibsel? Eine Erinnerung? Aber seine Umrisse waren scharf, kein Nebel umwehte ihn.
War er mein König?
Kaum kam mir die Frage in den Kopf, wusste ich, dass die Antwort Nein lautete.
Wer war er dann?
Ich konnte seine elfenbeinfarbene Haut, eine Hand an seiner Wange, einen glatten, starken Arm mit pulsierenden dunklen Mustern und Symbolen sehen.
Gab es fünf Unseelie-Prinzen? Dies war keiner der drei, die mich vergewaltigt hatten, und er hatte keine Flügel – demnach war er auch nicht der Krieg/Cruce.
»Es wird, verdammt noch mal, Zeit«, sagte er über die Schulter hinweg, ohne sich nach mir
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