Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
Zwiespalt, den man leicht erklären könnte, wenn ich die andere Hälfte der königlichen Gleichung wäre.
Nach einem langen abschätzenden Blick nickte er mir zu.
Was hatte das zu bedeuten? Dass er vorerst Stillschweigen bewahren und keine Fragen stellen würde, die noch mehr Schlamm in einem ohnehin schlammigen Wasser aufwühlen würden? Ich nickte zurück, als wäre ich im Bilde.
»Ihr konntet nicht einmal das verdammte Ritual, das die Mauern aufrechterhalten sollte, durchführen; und jetzt wollt ihr, dass ich euch die Königin anvertraue? Und du«, Barrons wandte sich an V’lane, der gehörigen Abstand zu ihm hielt, »wirst sie niemals von mir bekommen. So wie ich es sehe, hast du sie in den Sarg gelegt, in dem sie gefunden wurde.«
»Warum fragst du nicht die Königin selbst?«, schlug V’lane ungerührt vor. »Sie wird dir sagen, dass ich es nicht war.«
»Ein Glück für dich, dass sie nicht spricht.«
»Ist sie verletzt?«
»Woher soll ich das wissen? Ich hab keine Ahnung, woraus ihr besteht.«
»Warum wollte sie jemand ins Unseelie-Gefängnis sperren?«, fragte ich.
»Das ist eine langsame, aber sichere Methode, sie zu töten, Mädchen«, erklärte Dageus. »Das Unseelie-Gefängnis ist das Gegenteil von all dem, was sie ist, und es raubt ihr die Lebenskraft.«
»Wenn sie jemand töten wollte, dann hätte es schnellere Möglichkeiten gegeben«, protestierte ich.
»Vielleicht konnte derjenige, der sie gefangen genommen hat, nicht in den Besitz des Speers oder des Schwertes kommen.«
Damit war V’lane ausgeschlossen. Er nahm mir den Speer regelmäßig weg – jetzt auch. Darroc hatte das auch getan. Der Schurke war zwar mächtig genug gewesen, die Königin zu entführen, aber nicht so mächtig, das Schwert oder den Speer an sich zu bringen. Offenbar schloss eine Bedingung die andere aus. Hatte der Entführer einen Grund, ihr einen langsamen Tod zu bescheren?
»V’lane hat mir erzählt, dass alle Seelie-Prinzessinnen tot sind«, sagte ich. »Die Feenlegende besagt, dass die Wahre Magie auf das mächtigste männliche Feenwesen übergeht, wenn alle Nachfolgerinnen der Königin nicht mehr leben. Möglicherweise will der Übeltäter zuerst das Sinsar Dubh in seinen Besitz bringen, ehe er alle weiblichen Mitglieder der königlichen Häuser und zum Schluss Aoibheal selbst tötet. Dann würde ihn nicht nur die Macht und das Wissen des Unseelie-Königs, sondern auch die Wahre Magie der Königin zum ersten Patriarchen ihres Volkes machen. Wer ist das mächtigste männliche Feenwesen?«
Die Blicke aller richteten sich auf V’lane.
»Was schwatzt ihr Menschen da? Ich bitte euch!«, wehrte er ab und sah mich ärgerlich und tadelnd zugleich an, als wollte er sagen: Ich sitze auf deinen Geheimnissen, wende dich nicht gegen mich. »Es ist eine Legende, mehr nicht. Ich war Aoibheal mein Leben lang zu Diensten, und ich diene ihr noch immer.«
»Warum hast du nicht die Wahrheit über ihren Aufenthaltsort gesagt, sondern Lügen erfunden?«, wollte Dageus wissen.
»Ich habe ihre Abwesenheit viele menschliche Jahre lang vertuscht, um einen Bürgerkrieg im Feenreich zu verhindern. Seit die Prinzessinnen nicht mehr sind, ist die Thronnachfolge ungeklärt.«
Viele menschliche Jahre? Das erwähnte er schon zum zweiten Mal, aber die Bedeutung wurde mir erst jetzt klar. Ich starrte ihn an. Er hatte mir weit mehr als nur eine Lüge aufgetischt. Er hatte behauptet, an Halloween damit zu tun gehabt zu haben, seine Königin in Sicherheit zu bringen. Wo war er wirklich in der Nacht gewesen, in der ich ihn so dringend gebraucht hätte? Das hätte ich gern sofort gewusst, aber hier ging es um andere Dinge. Wenn ich ihmFragen stellte, dann zu meinen Voraussetzungen und in meinem Revier.
»Und wie sind die Prinzessinnen gestorben?«, hakte Barrons nach.
V’lane seufzte. »Sie sind verschwunden.« Wieder sah er mich an.
Ich blinzelte. Sein Blick wirkte bekümmert und enthielt das Versprechen, dass wir bald miteinander reden würden.
»Wie praktisch für dich, Fee.«
V’lane zeigte Barrons seine Verachtung. »Schau einmal weiter als bis zu deiner sterblichen Nasenspitze. Die Unseelie-Prinzen sind genauso mächtig, wenn nicht mächtiger als ich. Und der Unseelie-König ist weitaus stärker als wir alle. Die Wahre Magie wird sicher an ihn übergehen, wo immer er auch sein mag. Ich kann nichts gewinnen, wenn ich meiner Königin Leid zufüge, aber alles verlieren. Ihr müsst sie mir übergeben. Sollte sie all die Jahre
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