Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
Zeit.
»Verwirrt, schönes Mädchen?«
»Ich sehe dich nicht im Spiegel.«
»Vielleicht sehe ich dich auch nicht.«
Ich erschrak. War das möglich? Sahen andere mein Spiegelbild nicht?
Er lachte. »War ein Scherz. Du bist da.«
»Das ist nicht lustig.«
»Das ist nicht mein Spiegel.«
»Was soll das heißen?«
»Ich bin nicht für das, was er reflektiert oder nicht, verantwortlich.«
»Wer bist du?«
»Wer bist du? «
Ich kniff die Augen zusammen. »Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass du mir helfen würdest. Da hab ich mich wohl getäuscht.«
»Helfen. Gefährliche Medizin.«
»Warum?«
»Es ist schwer, die richtige Dosierung zu finden. Insbesondere, wenn es mehr als nur einen Doktor gibt.«
Ich holte tief Luft. Die verträumten Augen wirkten mit einem Mal gar nicht mehr so verträumt. Sie waren … ich biss mir auf die Unterlippe. Sie waren … Was hatte ich vor mir? Was geschah mit mir?
Er stand nicht mehr hinter dem Tresen, sondern saß auf dem Barhocker neben mir – zu meiner Linken … nein, zu meiner Rechten. Nein, er saß mit mir auf einem Hocker. Plötzlich stand er hinter mir und drückte seinen Mund an mein Ohr.
»Zu viel heiße Luft. Zu wenig Vorbereitung. Der beste Chirurg hat Schmetterlingsfinger. Leicht. Zart.«
Er ließ seine Finger ganz behutsam über mein Haar gleiten. Eine hypnotisierende Berührung. »Bin ich der Unseelie-König?«, flüsterte ich.
Sein Lachen, so sanft wie Mottenflügel, füllte mein Ohr und erschütterte mein Gemüt. »Nicht mehr als ich.« Im nächsten Moment stand er wieder hinter der Bar. »Der Streitsüchtige kommt«, sagte er und deutete mit dem Kopf zur Treppe.
Ich sah, dass Barrons die Stufen herunterkam, und als ich mich wieder umdrehte, war der Junge mit den verträumten Augen genauso unsichtbar wie sein Spiegelbild.
»Ich komm ja schon!«, sagte ich gereizt. Barrons hatte mich am Handgelenk gepackt und zerrte mich zur Treppe.
»Was haben Sie an ›direkt‹ nicht verstanden?«
»Genau das, was du an ›Behandle die anderen gut‹ nicht verstehst, o Streitsüchtiger«, murrte ich.
Er überraschte mich mit einem Lachen. Ich werde wahrscheinlich nie dahinterkommen, was ihn zum Lachen bringt. In den eigenartigsten Momenten scheint ihn seine eigene schlechte Laune zu amüsieren.
»Ich wäre weit weniger streitsüchtig, wenn Sie zugeben würden, dass Sie mit mir vögeln wollen, und wir zur Sache gingen.«
Lust wallte in mir auf. Barrons sprach das Wort »vögeln« aus, und ich war bereit. »Mehr ist nicht nötig, um dich aufzuheitern?«
»Es würde lange dauern.«
»Führen wir eine Unterhaltung, Barrons? Drückst du tatsächlich deine Gefühle aus?«
»Wenn Sie einen harten Schwanz Gefühle nennen, Miss Lane.«
Ein kleiner Tumult am Eingang zwei Ebenen über uns weckte seine Aufmerksamkeit. Er war viel größer als ich und konnte die Menge überblicken. Sein Gesicht versteinerte.
»Was? Wer ist da?«, fragte ich und stellte mich auf die Zehenspitzen. »Ist es V’lane?«
»Wieso sollte …« Er blitzte mich an. »Ich habe seinen Namen aus Ihrer Zunge gesaugt. Sie hatten keine Gelegenheit, ihn zurückzuholen.«
»Ich habe einen von seinem Hof gebeten, ihn herzuholen. Schau mich nicht so an. Ich will wissen, was vorgeht.«
»Was vorgeht? Sie haben die Seelie-Königin im Unseelie-Gefängnis gefunden, Miss Lane. Der Zustand, in dem sie sich befindet, deutet darauf hin, dass V’lane seit Monaten lügt, was ihren Aufenthaltsort betrifft, und das lässt nur einen Schluss zu.«
»Ich konnte unmöglich zulassen, dass die Seelie von der unerklärlichen Abwesenheit der Königin erfahren und davon, dass sie schon seit vielen menschlichen Jahren vermisst wird«, sagte V’lane hinter uns mit gedämpfter Stimme. »Sie wären außer sich geraten. Ohne sie als Regentin hätten sich ein Dutzend verschiedene Parteien gebildet, die eure Welt überfallen hätten. Es gibt schon lange Unruhen im Reich der Feen. Aber dies ist kaum der geeignete Ort, über solche Angelegenheiten zu diskutieren.«
Ich drehte mich gleichzeitig mit Barrons um.
»Velvet hat mir ausgerichtet, dass du meine Anwesenheit wünschst, MacKayla«, fuhr V’lane fort, »aber er sagte, du hättest Neues von dem Buch zu berichten, nicht von unserer Königin.« Er forschte mit einer Reserviertheit, die ich noch nie an ihm gesehen hatte, in meinem Gesicht. Ich vermutete, meine Art, ihn zu mir zu rufen, hatte ihn verletzt. Feenwesen sind so schwierig! »Hast du sie wirklich gefunden?
Weitere Kostenlose Bücher