Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
gar nicht. Es ist nur schwer, dir zu folgen.«
Ein roter Schimmer trat in seine Augen. »Es bringt Sie nicht durcheinander?«
»Kein bisschen. Ich möchte nur wissen, was sich geändert hat.«
Er zuckte mit den Schultern. »Es ist anstrengend, meine Natur zu verschleiern.« Doch seine Augen signalisierten etwas anderes: Sie denken, Sie haben das Tier akzeptiert? Sehen Sie es sich tagein, tagaus an.
Kein Problem.
»Die Königin ist zu sich …«
»Sie ist bei Bewusstsein?«, rief ich.
»Sie war es kurz.«
»Warum dauert es immer so lange, bis Sie mir die wichtigen Dinge erzählen?«
»Jack war so geistesgegenwärtig, sie zu fragen, wer sie in den Sarg gelegt hat.«
Ich straffte den Rücken. »Und?«
»Sie sagte, es wäre ein Feenprinz gewesen, den sie nie zuvor gesehen hätte. Er nannte sich Cruce.«
Ich war perplex. »Wie ist das möglich? Ist überhaupt jemand, der angeblich tot ist, wirklich tot?«
»Anscheinend nicht.«
»Hatte er Flügel?«
Er stutzte »Warum?«
»Cruce hat Flügel.«
»Woher … ah, Erinnerungen.«
»Stört dich das? Dass ich …« Nicht die Konkubine bin. Ich konnte den Satz nicht beenden.
»Dass Sie nicht menschlicher als ich sind? Im Gegenteil. Entweder Sie leben schon sehr lange, oder Sie sind eine Reinkarnation. Mich würde interessieren, was von beidem zutrifft, dann wüssten wir auch, ob Sie sterben können. Irgendwann wird der Unseelie-König Sie aufsuchen. Es ist längst überfällig, dass ich mich mit ihm unterhalte.«
»Was willst du von dem Buch, Barrons?«
Er lächelte. Na ja, zumindest zeigte er seine Zähne. »Einen einzigen Zauber, Miss Lane. Das ist alles. Zerbrechen Sie sich nicht den hübschen kleinen Kopf.«
»Rede nicht so herablassend mit mir. Früher hat mich das mundtot gemacht, aber das funktioniert nicht mehr. Einen Zauber, wofür? Um dich in das zurückzuverwandeln, was immer du vorher warst? Um sterben zu können?«
Seine Augen wurden schmal, und die Klapperschlange rasselte in seiner Brust. Er studierte mein Gesicht, als könnte er an der Form meiner Lippen oder den Augenbewegungen etwas erkennen.
Ich wartete mit gehobener Augenbraue.
»Das denken Sie von mir? Dass ich sterben möchte? Müssen Sie mich in Ritterlichkeit packen, um mich erträglich zu finden? Ritterlichkeit verlangt einen Hang zum Selbstmord. Ich habe keinen. Ich kann nicht genug vom Leben bekommen. Mir gefällt es, jeden Morgen bis in alle Ewigkeit aufzuwachen. Ich bin gern, was ich bin. Ich hab’s gut erwischt. Ich bin immer im Geschehen. Ich bin auch dabei, wenn alles endet. Und ich werde wie Phönix aus der Asche steigen und alles noch mal machen, wenn es wieder beginnt.«
»Du hast gesagt, jemand sei mir zuvorgekommen – du wärst schon zum Teufel gegangen.«
»Das war melodramatisch. Damit wollte ich etwas erreichen. Sie haben mich geküsst.«
»Du fühlst dich nicht verflucht?«
»Gott sagte: Es werde Licht, und ich erwiderte: Sag bitte.«
Er stand nicht mehr vor mir – er war weg. Ich schaute mich um und überlegte, wohin er wohl gegangen sein mochte. War er ansBücherregal geschmiegt, mit dem Vorhang verwoben, um die Säule gewickelt?
Plötzlich spürte ich eine Hand in meinen Haaren. Er zog meinen Kopf zurück, dann legte er die andere Hand um meinen Hals und drückte das Kinn nach oben. Er küsste mich heftig und hielt mich davon ab, mich zu wehren.
Nicht, dass ich das wollte.
Mein Herz hämmerte wild, und automatisch spreizte ich die Beine. Es gibt verschiedene Kussarten. Ich dachte, ich hätte sie alle schon erlebt, wenn auch nicht vor meiner Reise nach Dublin, so doch in den Monaten als Pri-ya im Bett dieses Mannes.
Dies war ein ganz neuer Kuss.
Ich konnte nichts anderes tun, als mich an seinem Arm festzuhalten und zu überleben.
»Kuss« war eigentlich nicht die richtige Bezeichnung.
Wir verschmolzen miteinander – mein Mund war so weit offen, dass ich den Kuss nicht richtig erwidern, sondern nur hinnehmen konnte, was er mit mir machte. Kleine Reißzähne schabten über meine Zunge, als er sie einsaugte.
Da wusste ich – obwohl er es mir in unserem Bett im Keller nie gezeigt hatte –, dass er viel mehr Tier als Mensch war. Möglicherweise war das nicht immer so wie jetzt. Vor langer Zeit, ganz am Anfang, hatte er vielleicht versäumt, ein Mensch zu sein – falls er überhaupt einmal einer war. Im Moment jedenfalls war er zu seinen Ursprüngen zurückgekehrt.
Das erstaunte mich. Irgendwann musste er sich entschieden haben, doch ein
Weitere Kostenlose Bücher