Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
konnte eine Menge mit Kondensmilch und Eipulver anfangen. Ich würde einen Schokoladekuchen mit dicker, cremiger Glasur backen, und wenn es das Letzte wäre, was ich tat. Dani und ich würden zusammensitzen, uns DVDs anschauen und unsere Fingernägel lackieren. Es wäre wie in alten Zeiten mit Alina.
Ich drehte mein Gesicht zur Sonne, als ich die Straße hinunterlief. Nach der endlos langen Schlechtwetterperiode schien der Frühling in Dublin Einzug zu halten.
Die Jahreszeit der Sonne und der Wiedergeburt war in meinen Augen überfällig. Obwohl ich es geschafft hatte, einige der trüben, kalten Monate mit Aufenthalten im Feenreich oder Spiegellabyrinth zu umgehen, hatte ich doch den längsten Winter meines Lebens hinter mir.
Der Frühling sah nicht anders aus als der Winter, aber man spürte ihn in der Luft – der Kuss von Wärme in der Brise, der Duft, der vom Ozean herwehte und das Versprechen auf Knospen und Blüten mit sich brachte; auch wenn hier nichts blühte. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Fliegen und Insekten vermissen würde, aber sie fehlten mir tatsächlich. In Dublin wuchs nichts, und das hieß, es gab auch keine Motten, Schmetterlinge, Vögel oder Bienen. Nicht eine Blume blühte, kein einziger Ast trieb aus, kein Grashalm spitzte aus dem Boden. Die Schatten hatten die Stadt auf ihrem Weg hinaus stark geschädigt. Die Erde lag brach.
Ich war keine Gärtnerin, hatte aber einige Recherchen angestellt und war ziemlich sicher, dass wir, wenn wir die richtigen Nährstoffe in die Erde einbrachten, mit der Zeit die Vegetation wieder anregen konnten.
Wir hatten eine Menge zu tun. Bäume mussten entfernt und ersetzt, Blumenkübel und -kästen bepflanzt, Parks neu angelegt werden. Ich plante, Erde von der Abtei hierherzuschaffen, ein paar Gänseblümchen, Butterblumen und vielleicht Petunien oder andere Sorten anzusäen. Den Buchladen wollte ich mit Farnen und anderen Grünpflanzen schmücken und erst einmal meinen eigenen Bereich beleben, ehe ich mir den Dachgarten und später andere Flächen vornahm.
Eines Tages würde Dublin wieder atmen und leben. Eines Tages wären all die Hüllen, die einst Menschen waren, aufgefegt und bei einer Gedenkfeier bestattet. Und die Touristen würden kommen, um sich »Ground Zero« in Dublin anzusehen, an Halloween des Einsturzes der Mauern zu gedenken – vielleicht wurde dann auch am Rande ein Mädchen erwähnt, das sich in einen Kirchturm verkrochen hatte, ehe sie bei der Rettung half – und anschließend in einem der sechshundert neu eröffneten Pubs zu feiern, dass sich die Menschheit langsam erholte.
Denn das würden wir. Egal, wer oder was ich sein mochte, ich war fest entschlossen, das Buch einzufangen und einzukerkern und mich dann an die Arbeit zu machen, um eine Möglichkeit zu finden, die Mauern wieder zu errichten. Und währenddessen würde ich einen Beweis finden, dass ich nicht der Unseelie-König, sondern nur eine junge menschliche Frau mit vielen Erinnerungen war, die irgendjemand aus welchen Gründen auch immer in mein Bewusstsein geschleust hatte. Ich war nicht die Hauptperson einer Prophezeiung, die die Menschheit entweder rettete oder in die Verdammnis führte. Ich war lediglich ein Mensch, den die Königin beeinflusst hatte – oder der von sonst jemandem manipuliert wurde. Vielleicht vom König – damit ich das Buch auffinde, sollte es seinem Gefängnis entkommen. Die Keltar wurden genausopräpariert – sie sollten helfen, das Sinsar Dubh wieder dingfest zu machen, dieses Mal für immer.
Ich schlenderte durch den Morgen, versuchte mich in die junge Frau zurückzuversetzen, die im letzten Spätsommer aus dem Flugzeug gestiegen und mit dem Taxi durch Temple Bar gefahren war. Die sich im Clarin House einquartiert und Schwierigkeiten gehabt hatte, den breiten Dialekt des koboldhaften alten Mannes an der Rezeption zu verstehen. Ausgehungert. Verängstigt und traurig. Dublin war so riesig und ich so klein und ahnungslos gewesen.
Ich sah mich um, betrachtete die stille Hülle einer Stadt und erinnerte mich an das rege Treiben von früher. Die Straßen waren voller Leben, voller craic gewesen, das als vollkommen selbstverständlich hingenommen wurde.
»Guten Morgen, Miss Lane.« Inspector Jayne holte mich ein.
Ich musterte ihn kurz. Er trug khakifarbene Jeans, ein schlichtes weißes T-Shirt, das über seiner massiven Brust spannte, und Militärstiefel. Er hatte einen Munitionsgürtel, Pistolen, die im Hosenbund und einem Armholster
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