Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
will«, von Bedeutung war.
»Wenn wir in die Schlacht ziehen, Darroc, versprichst du mir dann, mir meinen Speer zurückzugeben, damit ich helfen kann, uns zu verteidigen? Erlaubst du mir das?«
Ihm gefallen die Worte »Helfen, uns zu verteidigen« und »Erlaubst du das?«. Das sehe ich in seinen Augen. Ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus. Er berührt meine Wange und nickt. »Natürlich, MacKayla.«
Er sieht nach den Prinzen – sie sind nicht mehr neben mir.
Ich habe keine Ahnung, wie ich die Runen zurückgeben soll. Ich weiß nicht mal, ob man das kann.
Als ich sie den Prinzen über meine Schulter zuwerfe, entsteht ein Klirren, als würde Glas brechen. Die Prinzen weichen eilig aus. Ich höre, wie die Runen dort, wo sie auf den Boden auftreffen, zischen und dampfen.
Ich lache.
Darroc sieht mich streng an.
»Ich benehme mich«, erkläre ich zuckersüß. »Du kannst mir nicht vorwerfen, dass sie das nicht kommen sahen.«
Ich durchschaue ihn immer besser. Er findet mich amüsant. Ich wische mir die Handflächen an meiner Lederhose ab, um die blutigen Rückstände der Runen loszuwerden. Ich versuch’s an meinem Shirt – erfolglos; die roten Flecken bleiben.
Als Darroc meine Hand ergreift und mich die Gasse zwischen dem Buchladen und Barrons’ Garage, in der die beneidenswerte Autosammlung steht, hinunterführt, halte ich den Blick starr geradeaus gerichtet.
Ich habe Alina verloren, Christian nicht aus dem Spiegellabyrinth gerettet, Barrons getötet und bin dem Geliebten meinerSchwester nahegekommen. Ich habe Dani verletzt, um sie zu verscheuchen, und jetzt habe ich eine Unseelie-Armee gezähmt.
Es gibt kein Zurück mehr – ich habe mein Ziel fest im Auge.
10
E s fängt an zu schneien. Die Nacht hüllt sich in eine weiche weiße Stille. Wir marschieren hindurch, die Unseelie stapfen, kriechen und schlängeln sich in Richtung Temple Bar.
Hinter mir bewegen sich Wesen, die ich nur einmal zuvor gesehen habe – in der Nacht, in der Darroc sie durch das Portal gebracht hat. Ich habe nicht die geringste Lust, sie genauer zu inspizieren als in jener Nacht. Manche von ihnen sehen gar nicht einmal so schlecht aus. Die Rhino-Boys sind ekelhaft, aber sie geben einem nicht das Gefühl … schmutzig zu sein. Andere … na ja, selbst ihre Fortbewegungsart verursacht einem Gänsehaut, und man fühlt sich schleimig an den Stellen, auf denen ihr Blick ruht. Als wir an einer Straßenlaterne vorbeikommen, entdecke ich ein Flugblatt, das dort hängt: Der Dani Daily, 97 Tage ndEdM.
Die Überschrift prahlt damit, dass Dani einen Jäger getötet hat. Ich versetze mich an Danis Stelle, um herauszufinden, welches Datum sie meint. Mich kostet es eine kleine Weile, aber dann kapiere ich – nach dem Einsturz der Mauern. Ich rechne rasch nach. Der letzte Tag, an dem ich in Dublin war, war der 12. Januar.
Siebenundneunzig Tage nach Halloween, nach der Nacht, in der die Mauern eingestürzt sind – das war der 5. Februar.
Das heißt, ich war mindestens vierundzwanzig Tage weg, wahrscheinlich länger. Das Flugblatt hat offenbar unter Wind und Wetter gelitten und war ein wenig vergilbt. Würde mehr Schnee liegen, hätte ich es gar nicht gesehen.
Egal, wie lange ich weg war, in Dublin hat sich nicht viel verändert.
Obwohl die vielen Laternenpfähle, die aus dem Asphalt gerissen und zerstört waren, inzwischen ersetzt und die zerbrochenen Leuchten repariert sind, ist die Stromversorgung noch nicht intakt. Hier und da brummen Generatoren – Lebenszeichen, die aus den Gebäuden oder aus Erdlöchern dringen.
Wir gehen an der roten Fassade der Temple Bar vorbei. Ich kann mich nicht zurückhalten und werfe einen Blick hinein. Ich habe den Pub geliebt, bevor die Mauern eingestürzt sind.
Jetzt ist er eine leere, kaputte Hülle mit zerbrochenen Fensterscheiben, umgekippten Tischen und Stühlen und papierenen menschlichen Überresten. Die Stelle, an der sie liegen, verrät mir, dass die Gäste sich zusammendrängten, als ihr Ende kam.
Ich erinnere mich an den Temple-Bar-Bezirk, wie er aussah, als ich zum ersten Mal hier war: hell erleuchtet, voller Leute, und die Musik drang aus den offenen Türen in die Kopfsteinpflasterstraßen. Jungs haben mir nachgepfiffen. Ich vergaß für ein, zwei segensreiche Sekunden die Trauer um meine Schwester. Dann hasste ich mich für das Vergessen.
Beinahe kann ich das Gelächter und die melodiösen irischen Stimmen hören. Diese Menschen sind mittlerweile alle tot – wie
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