Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
Zunge, von der Gift tropft, an meinem Ohr vorbeizischt und einen der drei anderen direkt aus der Luft pflückt. Ich höre knirschende, knackende Laute hinter mir.
Ich kichere hilflos.
»V’lane!«, kreischt die goldene Göttin. »Das Ding, das scheußliche Ding , es hat M’ree gegessen.«
Ich höre wieder ein Knacken und Kaugeräusche, und ein zweiter Seelie ist dahin. Ich gackere wie eine Verrückte.
Die verbliebenen zwei schütteln ihre kleinen Fäuste und schreien unverständliche Worte. Obwohl sie wütend sind, klingt ihre Sprache schöner als jede Arie.
Mein Gelächter verliert an Vehemenz.
Nach einer Weile gelingt es mir, mich zu entspannen und das Lachen zu unterdrücken. Das Kichern wird zu Seufzern und schließlich zu Schweigen. Ich nehme die Hände von der Hüfte und schnappe nach kühler, besänftigender Luft.
Mit einem Mal werde ich fuchsteufelswild – und dieses Gefühl ist von niemandem erzwungen. Ich habe es satt, verletzlich zu sein. Hätte ich meinen Speer bei mir, hätten sich die widerlichen kleinen Tod-durch-Lachen-Feen nie in meine Nähe getraut. Ich hätte sie aufgespießt und Feen-Schaschlik aus ihnen gemacht.
»Freunde«, fauche ich Darroc an, »vertrauen sich gegenseitig.«
Aber das tut er nicht. Ich sehe es ihm an.
»Du hast gesagt, du würdest mir meinen Speer geben, damit ich uns verteidigen kann.«
Er lächelt matt, und ich weiß, dass er daran denkt, wie Mallucé gestorben ist: Er ist langsam von innen verrottet. Der Speer tötet alles Feenartige, und da Darroc so viel Unseelie-Fleisch gegessen hat, ist sein Gewebe mit Feen-Material durchsetzt. Ein kleiner Stich mit der Speerspitze wäre sein Todesurteil. »Bis jetzt werden wir nicht angegriffen.«
»Mit wem sprichst du, Mensch?«, will die Göttin wissen.
Ich sehe Darroc an, und der zuckt nur mit den Schultern. »Ich hab dir doch gesagt, dass das erste Feenwesen, das mich zu Gesicht bekommt, versuchen würde, mich zu töten. Deshalb sehen sie mich nicht. Meine Prinzen sorgen dafür, dass ich für sie unsichtbar bleibe.«
Jetzt verstehe ich, warum V’lanes Blick über ihn hinweggeglitten ist, als wäre er gar nicht da. »Es sieht so aus, als stünde ich allein hier? Die denken, ich führe die Armee an?«
»Keine Angst, Sidhe -Seherin«, sagt V’lane ungerührt, »ich rieche die Fäulnis eines Individuums, das früher ein Feenwesen war und jetzt Fleisch von unseren Dunklen Artgenossen isst. Ich weiß, wer diese Armee befehligt. Du willst wissen, ob er, dem du dich unklugerweise angeschlossen hast, dein Freund ist? Er hat keine Freunde und dient immer nur seinen eigenen Zielen.«
Ich neige den Kopf zur Seite. »Bist du mein Freund, V’lane?«
»Ich wäre es. Ich habe dir wiederholt Schutz angeboten.«
Die Göttin schnappt nach Luft. »Du hast ihr unseren Schutz angeboten, und sie hat abgelehnt? Sie hat diese Unwesen vorgezogen?«
»Ruhe, Dree’lia !«
»Die Tuatha Dé Danaan machen nie zweimal ein Angebot!«, schäumt Dree’lia.
»Ich hab gesagt: Ruhe!«, erwidert V’lane unnachgiebig.
»Sicherlich bist du nicht …«
Ich reiße die Augen auf.
Dree’lia hat keinen Mund mehr. Wo ihre Lippen sein sollten, ist nur glatte Haut. Die Nasenflügel blähen sich auf unter den hasserfüllt blitzenden, uralten Augen.
Der goldene Gott nimmt sie in die Arme. Sie legt den Kopf an seine Schulter und klammert sich an ihn. »Das war unnötig«, macht er V’lane klar.
Die Absurdität des Moments raubt mir kurz den Atem: Hier stehe ich zwischen den beiden verfeindeten Hälften des mächtigsten Volkes; sie liegen miteinander im Krieg. Sie hassen sich und kämpfen um denselben Preis.
Und die Seelie, die absolute Freiheit und Macht genossen haben, seit es sie gibt – zanken sich um Bagatellen, während die Unseelie, die eingekerkert, ausgehungert und Hunderttausende von Jahren gequält wurden, geduldig in den Reihen bleiben und auf Darrocs Befehle warten.
Und ich erkenne mich in ihnen wieder. Eine Seelie war ich vor dem Tod meiner Schwester – die pinkfarbene, hübsche, leichtfertige Mac. Verluste und Verzweiflung haben mich zur Unseelie gemacht, zur schwarzen, verlotterten und getriebenen Mac.
Die Unseelie sind stärker und widerstandsfähiger. Ich bin froh, dass ich bin wie sie.
»Ich werde allein mit der Sidhe -Seherin sprechen«, verkündet V’lane.
»Das wird er nicht«, murrt Darroc an meiner Seite.
V’lane streckt die Hand aus, da ich mich nicht vom Fleck rühre. »Komm, wir sollten uns privat
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