Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
unterhalten.«
»Warum?«
»Welche subtile Nuance an dem Wörtchen ›privat‹ verstehst du nicht?«
»Wahrscheinlich dieselbe subtile Nuance wie das Wörtchen ›nein‹, das du nie verstehst. Ich mache keinen Ortswechsel mit dir.«
Der Gott schnaubt entrüstet über meine Respektlosigkeit dem Prinzen gegenüber, aber ein kleines Lächeln umspielt V’lanes Mund. »Das Zusammensein mit Barrons hat dich verändert. Ich denke, er wird das zu schätzen wissen.«
Der Name ist Gift in meinen Adern, das mich jede Minute, die ich ohne ihn sein muss, langsam ein Stückchen mehr tötet. Nie wieder werde ich diesen Blick oder das berüchtigte spöttische Lächeln sehen oder eine unserer wortlosen Konversationen mit ihm ausfechten, in denen wir mit den Augen so viel mehr ausdrückten, als wir beide aussprechen wollten. Jericho, Jericho, Jericho. Wie oft habe ich diesen Namen eigentlich genannt? Dreimal? »Barrons ist tot«, erwidere ich kühl.
Die Seelie fangen an zu tuscheln.
V’lanes Augen werden schmal. »Das ist er nicht.«
»Doch«, antworte ich tonlos. Und ich bin die Dämonin aus der Hölle, die sie alle dafür bezahlen lässt. Dieser Gedanke bringt mich zum Lächeln.
Er sieht mir lange forschend in die Augen. »Ich glaube dir nicht«, sagt er schließlich.
»Darroc hat seinen Leichnam verbrannt und die Asche verstreut. Er ist tot.«
»Wie wurde er getötet?«, will V’lane wissen.
»Durch den Speer.«
Das leise Wispern wird lauter, und V’lane stößt hervor: »Dafür brauche ich Bestätigung. Darroc, zeig dich!«
Plötzlich wird mir kalt, und die beiden Unseelie-Prinzen stehen neben mir.
V’lane erstarrt. Die ganze Seelie-Armee wird still. Und ich denke: Damit könnte Darroc einen Krieg begonnen haben.
Vor wie vielen Jahrtausenden haben sich die Mitglieder der beiden Königsfamilien zum letzten Mal von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden?
Ich hasse es, die Unseelie-Prinzen anzuschauen. Sie hypnotisieren, sie verführen, sie zerstören. Aber hier spielt sich etwas ab, was kein Mensch je beobachtet hat. Meine morbide Neugier ist kaum zu bezähmen.
Ich nehme eine Position ein, von der aus ich beide Seiten im Blick habe.
Ein Unseelie-Prinz steht splitternackt an meiner Seite. Von den Vier, die so passend mit den Apokalyptischen Reitern verglichen werden, fehlen zwei, und ich frage mich, wer übriggeblieben ist. Pestilenz, Hungersnot, Krieg? Ich hoffe, ich stehe neben dem Tod.
Ich will mit dem Tod gehen und dafür sorgen, dass er donnernd auf das arrogante unsterbliche Volk niederprasselt.
Der dunkle kraftvolle Körper, der so markerschütternde Freude bereiten kann, ist perfekt. Ich betrachte ihn mit makabrer Faszination. Obwohl ich diesen Prinzen zutiefst verabscheue, erregt er mich. Dass steigert meinen Hass umso mehr. Mein Magen dreht sich um. Ich erinnere mich an die kaleidoskopartigen Tätowierungen, die sich unter der Haut verschieben, und an den schwarzen Halsreifen. Sein Gesicht hat die wilde Schönheit, die gleichermaßen Angst und Schrecken verbreitet wie Hörigkeit hervorruft. Er hat die Lippen zurückgezogen und entblößt scharfe weiße Zähne. Und diese Augen … mein Gott, diese Augen!
Ich zwinge mich, V’lane anzusehen, vermeide jedoch den Blick des Prinzen, als ich versuche, beide im Sichtfeld zu behalten.
These und Antithese. Materie und Antimaterie.
Sie stehen da wie Statuen, rühren keinen Muskel und holen nicht einmal Luft. Sie mustern und taxieren sich gegenseitig. Der Prinz der verzehrenden Nacht. Der Prinz des strahlenden Sonnenaufgangs.
Die Luft zwischen ihnen ist so geladen, dass ich ganz Dublin mit Strom versorgen könnte, wenn ich nur wüsste, wie man ihn anzapft.
Schwarzes Eis breitet sich um die Füße des Unseelie-Prinzen aus und grenzt auf halbem Weg zu V’lane an ein leuchtend buntes Blumenbeet.
Die Erde bebt unter meinen Füßen. Ein donnernder Krach, und plötzlich platzt das Straßenpflaster zwischen ihnen auf und lässt eine schmale dunkle Spalte frei.
»Was machst du, Darroc?«, frage ich.
»Sag’s ihm«, befiehlt Darroc, und der Prinz öffnet den Mund, um zu sprechen.
Ich presse die Hände auf die Ohren, um die höllischen Laute zu dämpfen.
V’lane hat immer mit Worten mit mir kommuniziert. Alle Seelie haben vorhin in meiner Sprache geredet. Mir wird klar, dass das ein großes Zugeständnis an mich ist.
Die Unseelie-Prinzen machen keine Konzessionen. Ihre Sprache ist eine finstere Melodie, die nicht für das menschliche Ohr bestimmt
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