Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
Diensten sind. Winzige Schrittchen, aber steter Tropfen höhlt den Stein.
Ich geselle mich zum Frühstück zu Darroc und würge das Essen hinunter, das nach Blut und Asche schmeckt.
Das Sinsar Dubh ist selten am Tag aktiv.
Wie der Rest der Unseelie bevorzugt es die Nacht. Jenen, die so lange in Eis und Dunkelheit eingekerkert gewesen sind, scheint das Sonnenlicht Schmerzen und Qualen zu bereiten. Je länger ich mit der tiefen Trauer in mir lebe, desto besser begreife ich das. Es ist, als wäre der Sonnenschein ein Schlag ins Gesicht, der ausdrückt: Sieh her, die Welt ist strahlend und schön. Zu schade, dass du das nicht erkennst.
Ich frage mich, ob sich Barrons aus demselben Grund kaum tagsüber hatte blicken lassen. War er wie wir geschädigt und bevorzugte deshalb die Schatten? Schatten sind etwas Wunderbares – sie verdecken den Schmerz und verschleiern die Motive.
Darroc verlässt mit einem kleinen Kontingent seiner Armee die Wohnung und weigert sich, mich mitzunehmen. Ich komme mir vor wie ein gefangenes Tier, das ausbrechen will. Andererseits hat Darroc Grenzen gesetzt, die ich nicht überschreiten sollte, wenn ich sein Vertrauen gewinnen will.
Ich verbringe den Nachmittag im Penthaus, flattere umher wie ein prächtiger Schmetterling, nehme Gegenstände in die Hand, blättere in Büchern und schaue in Schränke und Schubladen. Hin und wieder stoße ich einen überraschten Schrei aus, um meine »Hausdurchsuchung« vor den wachsamen Augen der Wachen mit kindlicher Neugier zu kaschieren.
Ich finde nichts Aufschlussreiches.
Sie lassen mich nicht in Darrocs Schlafzimmer.
Das kann ich auch. Ich verhindere, dass irgendjemand mein Zimmer betritt, indem ich die Schutzrunen verstärke, um meinen Rucksack und die Steine zu sichern. In sein Schlafzimmer würde ich auf die eine oder andere Art ohnehin kommen.
Am Spätnachmittag färbe ich mir die Haare, föhne und style sie zu großen losen Locken.
Ich bin wieder blond. Eigenartig. Ich erinnere mich, dass mich Barrons als kecken Regenbogen bezeichnet hat. Das weckt in mir die Sehnsucht nach meinem weißen Minirock und dem pinkfarbenen Mieder.
Stattdessen schlüpfe ich in ein blutrotes Kleid, hochhackige schwarze Stiefel, die sich bis zur Mitte der Schenkel an meine Beine schmiegen, und einen schwarzen Ledermantel mit Pelz am Kragen und an den Manschetten. Ich ziehe den Gürtel fest um die Taille, um meine Kurven richtig zur Geltung zu bringen. SchwarzeHandschuhe, ein bunter Schal und Diamanten an den Ohrläppchen und am Hals vervollständigen das Ensemble. Im fast ausgestorbenen Dublin war Shoppen ein Traum. Ein Jammer, dass mir inzwischen nicht mehr viel an modischem Schnickschnack liegt.
Als Darroc zurückkommt, sehe ich seinen Augen an, dass ich gut gewählt habe. Er bildet sich ein, ich hätte mich seinetwegen für Rot und Schwarz entschieden – die Farben seiner Garde und, wie er mir anvertraute, seines zukünftigen Hofes.
Dabei habe ich bei der Farbenwahl meines Outfits nur an die schwarzen und roten Tätowierungen auf Barrons’ Körper gedacht. Heute stelle ich mein Versprechen an ihn, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen, offen zur Schau.
»Begleitet uns deine Armee nicht?«, frage ich, als wir das Penthaus verlassen. Die Nacht ist kühl und klar, am Himmel funkeln die Sterne. Der Schnee ist während des Tages geschmolzen, und ausnahmsweise ist das Kopfsteinpflaster auf den Straßen trocken.
»Jäger verabscheuen die niederen Kasten.«
»Jäger?«, hake ich nach.
»Was hast du gedacht, wie wir das Sinsar Dubh aufspüren sollen?«
Ich bin schon mit Barrons auf einem Jäger geritten in der Nacht, in der wir versucht haben, das Buch mit dreien der vier Steine einzukreisen. Ob Darroc davon weiß? Es ist schwer zu sagen, was er durch den geschickt getarnten Spiegel in der Gasse hinter Barrons, Books and Baubles alles mitbekommen hat und wie viel er über mich weiß. »Und wenn wir es heute Nacht finden?«
Er lächelt. »Wenn du es heute für mich findest, MacKayla, mache ich dich zu meiner Königin.«
Ich werfe ihm einen raschen Blick zu. Er ist edel gekleidet – Armani-Tweed, Kaschmir und Leder. Er hat nichts bei sich. Was ist der Schlüssel zu der Verschmelzung mit dem Buch? Ein Ritual? Ein besonderer Gegenstand? »Hast du alles, was du brauchst, um mit ihm eins zu werden?«, frage ich geradeheraus.
Er lacht. »Ah, du hast dich entschlossen, frontal anzugreifen. Beidiesem Kleid –«, fügt er aalglatt hinzu, »– hatte ich eigentlich
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