Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
glaubte ich ihm – trotz des viel zu roten Lippenstiftflecks auf seinem Kinn und Brandis verstohlenen Blicken über die Schulter. Zwei Wochen nach Beginn der Sommerferien war kein Mensch erstaunt, dass er mittlerweile ihr Freund war und nicht meiner.
Ich starre Darroc ins Gesicht und entdecke etwas in seinen Augen, das mich begeistert. Es war kein Scherz, dass er mich zu seiner Königin machen möchte. Er will mich. Mir ist schleierhaft, warum, aber vielleicht ist er so von Alina geprägt, dass er sich nur mit der Frau zufriedengibt, die ihr am ähnlichsten ist. Möglicherweise haben er und meine Schwester herausgefunden, welche Macht sie zusammen haben und was sie alles erreichen können – eine solche gemeinsame Erkenntnis ist ein starkes Band. Vielleicht ist er aber auch von meinem glasigen See oder dem, was das Sinsar Dubh dazu bringt, mit mir zu spielen, fasziniert.
Denkbar wäre auch, dass sich der menschliche Teil in ihm nach denselben Illusionen sehnt wie wir alle.
Barrons war Purist. Jetzt verstehe ich ihn. Worte sind sehr gefährlich.
»Die Dinge ändern sich. Ich passe mich an und lege alles Unnötige ab, wenn sich die Umstände wandeln.« Ich strecke die Hand aus, um sein Gesicht zu streicheln, zeichne mit dem Zeigefingerseine Lippen und die Narbe nach. »Und oft erkenne ich, dass sich die Umstände nicht verschlechtert haben, wie ich ursprünglich befürchtet hatte, sondern eher besser geworden sind. Ich weiß nicht, weshalb ich dich so oft zurückgewiesen habe. Dafür begreife ich jetzt, warum dich meine Schwester wollte.« Die Worte kommen mir so mühelos über die Lippen, dass sie wahr klingen. Selbst ich bin erstaunt, wie aufrichtig ich wirke. »Ich finde, du solltest König sein, Darroc, und wenn du es möchtest, würde ich mich geehrt fühlen, deine Königin zu werden.«
Er saugt scharf die Luft ein, seine kupferfarbenen Augen blitzen. Er legt die Hände um meinen Hinterkopf und spielt mit meinen seidigen Locken. »Beweise, dass du das ernst meinst, MacKayla, und ich werde dir nichts abschlagen. Niemals.«
Er zieht meinen Kopf ein wenig nach hinten. Sein Mund nähert sich meinem.
Ich schließe die Augen und öffne die Lippen.
Das ist der Moment, in dem es ihn tötet.
13
E inige meiner Paradigmen haben sich verschoben, seit mein Flugzeug in Irland gelandet ist und ich die Jagd auf Alinas Mörder begonnen habe – wichtige Paradigmen, zumindest dachte ich das bis jetzt. Doch das hier schießt den Vogel ab.
Ich stehe mit geschlossenen Augen und geöffneten Lippen da und warte auf den Kuss des Liebhabers meiner Schwester, als mich plötzlich etwas Nasses im Gesicht trifft und von meinem Kinn und Hals in den BH läuft. Noch mehr platscht auf meinen Mantel.
Ich öffne die Augen und schreie.
Darroc nähert sich nicht mehr zu einem Kuss – sein Kopf ist weg, einfach weg. Auf so etwas ist man nie gefasst, gleichgültig, fürwie kalt und hartgesotten man sich hält. Es erschüttert einen bis ins Mark, wenn einem das Blut einer kopflosen Leiche ins Gesicht spritzt, insbesondere, da ich den Mann, ob ich ihn nun mochte oder nicht, gekannt habe und kurz davor war, ihn zu küssen.
Noch beunruhigender ist, dass ich nicht weiß, wie man mit dem Buch eins wird.
Mein einziger Gedanke ist: Sein Kopf ist weg, und ich habe keine Ahnung, wie ich mit dem Buch umgehen muss. Darroc hat Unseelie-Fleisch gegessen. Kann ich ihm den Kopf wieder aufsetzen? Wenn ja, ist er danach imstande zu reden? Vielleicht gelingt es mir, ihn einigermaßen zusammenzuflicken und das Geheimnis aus ihm herauszuquetschen.
Ich balle die Fäuste vor Wut über die Wendung der Ereignisse.
Ich war nur einen Kuss entfernt … okay, vermutlich hätte ich noch ein paar Nächte mit dem Feind schlafen und mich mehr erniedrigen müssen als erwartet, um zu bekommen, was ich wollte. Aber ich hätte es bekommen. Allmählich konnte ich sein Vertrauen gewinnen – das habe ich in seinen Augen gesehen. Früher oder später hätte er mir all seine Geheimnisse verraten, dann hätte ich ihn töten und die Welt retten können.
Jetzt sitzt sein Kopf nicht mehr auf den Schultern, und ich werde nie mehr erfahren, was ich so dringend brauche. Ich ertrage es nicht, die Monate, die ich noch brauche, um die Vier, die Fünf und die Prophezeiung zu finden, in dieser höllischen Realität zu leben.
Meine ganze Mission war nur auf ein Ziel gerichtet, und dieses Ziel steht jetzt taumelnd und enthauptet vor mir.
Meine Bemühungen waren eine komplette
Weitere Kostenlose Bücher