Shakespeare, Katz & Co
gehört.«
»Das ist eine verdammte Lüge. Wer hat Ihnen das gesagt?«
»Niemand. Ich habe es erfunden, um Ihre Reaktion zu testen. Es ist nicht sehr nett, etwas vor der Königin zu verheimlichen.«
»Es war allgemein bekannt. Jeder wußte es.«
»Ja, aber mir ist aufgefallen, das ihr eine äußerst starrköpfige Truppe seid, wenn es um ein bißchen ehrliche Enthüllungen geht. Sind Sie oder waren Sie jemals der Liebhaber der Königin?«
»Die Dinge sind manchmal recht kompliziert«, sagte Bacon.
»Ich wette, dieser verdammte Marlowe platzt vor Schadenfreude.«
Penelope notierte sich im Geiste wieder einmal, die Vorstellung von Marlowes Schauspielern zu besuchen, aber ihr Kopf war vor Müdigkeit ganz benommen, und während sie versuchte, alles zu klären, vergaß sie Marlowe schon wieder. »Lassen Sie ihn doch«, sagte sie, »die Bühne Shakespeares wird nächste Woche wiedereröffnet.«
»Zumindest«, erklärte Shakespeare, »wird es ihm nicht gelingen, die Iden des März an sich zu reißen. Sie gehören mir oder werden mir gehören, wenn ich dazu komme Julius Caesar zu schreiben.«
Bei dieser Bemerkung wachten Penelopes graue Hirnzellen kurz auf, aber sie beschloß, nichts über die Warnung mit dem blutigen Dolch zu sagen. Das kleine Geheimnis wahren wir besser für eine Weile vor Shakespeare und dem Hof und schauen mal, was passiert, dachte Penelope.
Penelopes Miene hellte sich beim Anblick von Ben Jonson auf, der in Begleitung der bezaubernden Celia den königlichen Pavillon betrat. Sie hatte Leigh und Burton beinah ganz vergessen. »Können Sie Ben Jonson auch nicht leiden?« fragte sie Master Will.
»Doch, natürlich«, erwiderte Shakespeare. »Er hat eine ganz bezaubernde Einleitung für meine erste Folioausgabe geschrieben.«
»Wo wart ihr das ganze Wochenende?« fragte Penelope und forderte sie mit einer ungeduldigen Handbewegung auf, sich zu erheben.
»Ben hatte eine Grippe. Ich habe ihn gesundgepflegt«, erwiderte Leigh. »Dichter sind manchmal so anfällig. Er sollte eigentlich nicht aufstehen, aber nachdem wir hörten, was passiert ist…«
»Eine schreckliche Sache«, sagte Ben, »einfach schrecklich. Ich weiß wirklich nicht, was los ist. Die Festspiele haben immer soviel Spaß gemacht, aber nun…« Er zuckte ratlos die Achseln.
Penelope wollte das gleiche tun, aber sie hatte königlichen Pflichten nachzukommen. Verdammt, diese Turniere dauerten ja ewig. Der Gedanke, sich mit einem guten Buch ins Bett zu legen, war ziemlich verlockend. Aber nicht mit einem von Shakespeare oder Marlowe, und auch keines von diesem düsteren Sir Walter. Nicht einmal die netten Liebesgedichte von Ben Jonson. Als sie ihren Platz auf dem Thron einnahm, verfluchte sie alles Elisabethanische und schwor sich, niemals wieder etwas zu lesen, das vor dem neunzehnten Jahrhundert geschrieben worden war. Bei Gott, das geschah ihnen recht.
Sir Robert Dudley und die schöne Rosalind, die einstweilen nichts zu tun hatten, da ihre Bühne wegen unziemlicher Geschehnisse geschlossen war, gesellten sich zu der Königin.
»Wo wart ihr?« fragte Penelope.
»Wir sind bei Marlowes Theater vorbeigegangen«, antwortete Sir Robert.
»War er sehr schadenfroh?«
»Er war zur Abwechslung richtig zivilisiert«, erwiderte Sharon, »obwohl er wieder versucht hat, mich anzuwerben.«
»Wieso wieder?«
»Ach, er ist schon die ganze Zeit hinter mir her, ich solle mich seiner Truppe anschließen, aber er hat für Frauen wirklich keine guten Rollen geschrieben.«
»Nein«, stimmte Penelope zu. »Das hat er nicht.«
Der Nachmittag zog sich endlos hin. Penelope winkte und lächelte mechanisch im passenden Moment, und Lady Kathleen mußte ihr nur ab und zu ein bißchen soufflieren. Währenddessen versuchte sie, Ordnung in das Chaos zu bringen, das bei den Festspielen herrschte, und aus allem schlau zu werden, aber vergeblich.
Als sie zum letztenmal an diesem Nachmittag winkte, kam sie zu dem Schluß, daß ihr nichts anderes übrigblieb, als von vorn anzufangen.
Aber wo war vorn? Nicht bei Carolyns Tod. Das war zu spät. Was war vor ihrem Tod mit ihr geschehen? Da lag der Schlüssel. Dort konnte man stets die Erklärung finden. Das wußte jeder Depp, wie Miss Foley stets im Einführungskurs für Literatur gesagt hatte.
Müde, hungrig und durstig wurden Penelope, Andy und Big Mike nach einer langen Nacht und einem Tag, der sich viel zu lange hingezogen hatte, von den Mitgliedern der königlichen Leibgarde und deren Damen zum Wohnmobil
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