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Shakran

Shakran

Titel: Shakran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Winter
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dass sie Angst davor hatte, sie zu öffnen. Wie oft hatte sie dagesessen, die Dose vor sich, und sich nicht getraut, den Deckel zu öffnen? Heute ist es so weit, dachte sie und hob den Deckel ab.
    Ein kompletter Satz Ausweispapiere ohne Foto, aber mit einem Gerät zum Verschweißen der Plastikkarten, dazu ein Dossier über eine junge Frau Namens Andrea Weston und ein weiteres über eine junge Frau namens Ann Maria Mankowitz.
    Beide Frauen waren jetzt Ende zwanzig. Ann Mankowitz war Lehrerin. Andrea Weston war Dolmetscherin. Beide waren eins achtundsiebzig groß, hatten grüne Augen und rote Haare. Andrea spielte gern Schach, Ann liebte Tennis.
    Seit acht Jahren war sie jetzt schon Ann Mankowitz. Weil sie lieber Lehrerin hatte sein wollen als Dolmetscherin. Die Unterlagen und Papiere in der Kiste waren so gut, sie mussten echt sein. Oder echt genug, denn sie hatten einer Überprüfung standgehalten, als sie sich hier an der Schule als Lehrerin beworben hatte.
    Sie nahm die Dossiers heraus und musterte die gebündelten Geldscheine. Achtundfünfzigtausend Dollar in bar. In gebrauchten Scheinen unterschiedlicher Größe. Wie kam eine Lehrerin an so viel Bargeld?
    Darunter lag ein Kettchen mit einem kleinen silbernen Zylinder. Darin steckte ein zusammengerollter Plastikstreifen. Darauf stand: »Bitte benachrichtigen Sie die Anwaltskanzlei Richter, Faber & Son in St. Louis«, dazu die entsprechende Telefonnummer.
    Ann Mankowitz trug ein anderes Kettchen. In ihrem Fall war es eine Kanzlei in San Francisco mit Namen Sorowitz & Partner.
    Sie trug das Kettchen immer noch am Fußknöchel. Es hatte ihr schon mal das Leben gerettet. Ein Talisman.
    Aber sie war genauso wenig Ann Mankowitz, wie sie Andrea Weston war, beide Frauen konnten nicht mehr sein als Lügen. Sehr gute Lügen zwar, aber Lügen.
    Doch wer war sie wirklich?
    Du weißt, wo du suchen musst.
    Ja, ich weiß es. In San Francisco. In der Stadt, in der man sie vor acht Jahren tot aus dem Wasser gefischt hatte. Es würde den Kollegen nicht gefallen, aber es war Zeit, noch etwas mehr Urlaub zu beantragen. Unbezahlt diesmal. Auf ungewisse Zeit.
    Ganz unten in der Kiste lag der Schlüssel zu ihrem Bankschließfach. Es war immer noch leer. Sie nahm den Schlüssel heraus und legte ihn neben den anderen, den der sterbende Senator ihr in die Hand gedrückt hatte. Kein Zweifel. Es musste dieselbe Bank sein.
    Und jetzt? Was sollte sie mit dem fremden Schlüssel machen? Natürlich könnte sie zu irgendeiner Polizeistation gehen und ihre Geschichte erzählen. Aber erst dann, wenn sie die Wahrheit über sich wusste.
    Senator Malvern. Was wusste sie über ihn? Er war verheiratet, hatte eine Tochter, knapp neun oder zehn Jahre jünger als sie selbst. Audrey hieß sie. Er war eine öffentliche Person, irgendwie würde sie seine Adresse schon herausfinden.
    Sie nickte. Ja, so würde sie es machen. Der Familie den Schlüssel zuschicken. Irgendjemand würde sich darum kümmern.
    Aber vorher ...
    Sie legte alles zurück in die Kiste, auch die Pistole des Bodyguards und die beiden Schlüssel, schloss sie wieder und versteckte sie hinter der Wand.
    Es war ein anstrengender Tag gewesen, sie hatte Jetlag, und sie war müde. Zeit, schlafen zu gehen.

6
 
    G uten Abend, Mr Watier.« Der Portier begrüßte ihn freundlich. Der junge Mann nickte zurück und ging zum Schalter des Portiers. Watier war blond und hatte einen Spitzbart, er lächelte freundlich.
    »Guten Abend, Richards. Ist irgendetwas für mich gekommen? Oder etwas Interessantes passiert?«
    »Nein, Mr Watier. Miss Irma in Unit 17 b hatte letzte Woche einen Herzanfall, aber jetzt geht es ihr besser. Das ist so ziemlich alles.« Der Portier zuckte mit den Schultern. »Was soll hier schon passieren.«
    Watier schob dem Portier einen Zwanzig-Dollar-Schein zu. »Meine Pflanzen leben noch?«
    »Es ging ihnen nie besser.«
    »Ich wüsste gar nicht, was ich ohne Sie tun sollte, Richards.«
    »Bleiben Sie diesmal länger, Mr Watier?«
    Watier sah den Portier nachdenklich an. »Ich weiß es noch nicht, aber ich denke, schon. Eine Woche sollte ich mindestens Ruhe haben, bevor ich wieder los muss.«
    »Ich habe den Kühlschrank für Sie gefüllt, Ihr Apartment ist frisch gesäubert und gelüftet. Übrigens, ich habe Ihre Postkarte erhalten. Vielen Dank, mein Neffe freut sich jedes Mal wie verrückt, wenn ich ihm eine Ihrer Karten gebe. Diesmal habe ich die Briefmarke nicht erkannt. Wo kam sie denn her?«
    »Birma. Da habe ich hüfttief im

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