Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle
dann ließ er die Unsterblichen hier wohnen, die uns zu ihren Sklaven machten. Sie legten uns dieses Joch an.«
Er hob seinen Kopf, um mir ein Halsband aus kaltem Eisen um seinen Hals zu zeigen, in das Runen eingraviert waren. Er bemühte sich, es nicht zu berühren.
»Die Unsterblichen besitzen uns jetzt. Generationen von Kobolden wurden in diesem kalten Steingrab geboren. Keiner von ihnen hat die Geborgenheit der Finsternis, der Erde, der Minen und des Goldes je kennengelernt. Wir waren einmal Tausende, dann Hunderte. Jetzt sind wir weniger als einhundert. Wir gehören nicht in diese Welt. Und wir sind nicht als Sklaven geschaffen.«
»Ich könnte dir das Joch einfach abreißen«, sagte ich. »Wenn du es willst.«
»Nein, das kannst du nicht. Das Joch wird mich eher töten, als mich gehen zu lassen. Die Unsterblichen geben niemals etwas wieder her, das sie einmal in ihren Besitz gebracht haben.«
»Dann werde ich die Unsterblichen besiegen«, sagte ich. »Und sie dazu bringen, euch freizulassen. Jeden von euch.«
»Warum solltest du das tun?«, fragte der Kobold. »Warum solltest du dich auch nur im Geringsten für die Unterirdischen interessieren? Du bist Mensch.«
»Weil ich ein Drood bin«, sagte ich, »und es das ist, was Droods tun.«
Der Kobold beugte sich vor und starrte mich mit seinen kalten hellen Augen an. »Töte sie alle, Drood. Sie haben es verdient.«
Ich ging die ganze Länge des Herrenhauses entlang und sah mich immer wieder flüchtig um. Vielleicht konnte ich einen Lageplan entdecken, oder einen Grundriss des Schlosses. Vorzugsweise einen, der mit einem »Sie befinden sich hier«-Pfeil ordentlich an der Wand hing und auf dem die wichtigsten Stellen markiert waren. Aber natürlich gab es das nicht. Wer hier lebte, brauchte keine Karte, und Touristen wurden absichtlich entmutigt.
Ich hatte keine Ahnung, wonach ich suchte und wo ich hinging - so etwas passiert eben, wenn man eine Mission auf die Schnelle plant. Alle meine Gedanken hatten sich darum gedreht, wie ich wohl hineinkäme, und nicht darum, was ich danach unternehmen würde. Ich hätte spezifischere Informationen aus Rafe herauspressen sollen, aber ich war zu ungeduldig gewesen. Jetzt war ich hier und wollte Informationen - was Aufzeichnungen, sprich Computer, bedeutete. Während ich am Fuß einer langen Treppe am Ende des Flurs stand und Ausschau nach einer Inspiration hielt, öffnete sich eine Tür. Heraus kam ein Teenager mit fusseligem, langem Haar, in Sweatshirt, Jeans und Turnschuhen. Er blieb abrupt stehen und sah mich an.
Ich lächelte und nickte ihm kurz zu. Ich fühlte mich hinter meinem Rafe-Gesicht sicher. Der Teenager sah mich stirnrunzelnd an und öffnete den Mund, um einen Warnruf auszustoßen. Ich schoss nach vorn, hatte den Abstand zwischen uns in ein paar Momenten überwunden und traf ihn mit einem wilden Fingerstoß unter seinem Brustbein. Sofort wich alle Luft aus seinen Lungen, bevor er auch nur ein Wort sagen konnte, und das Bewegungsmoment des Schubsers ließ ihn nach hinten taumeln. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht, als er nach Atem rang. Ich schob ihn schnell rückwärts in den Raum, aus dem er gekommen war, prüfte, ob der leer war, und schloss dann die Tür hinter uns. Der Teenager holte mit einer zitternden Hand aus, vielleicht wollte er nach mir greifen, vielleicht wollte er um Hilfe bitten. Ich schlug ihn mit einem geübten Hieb nieder, und er fiel mir bewusstlos in die Arme. Das Ganze war in einem Augenblick vorbei, es währte kaum lange genug, um als Kampf durchzugehen. Ich ließ ihn in den nächstbesten Stuhl fallen und betrachtete ihn nachdenklich.
Warum hatte meine Verkleidung nicht gewirkt? Warum hatte er mich nicht als Unsterblichen identifiziert? Vielleicht behielten sie nicht alle im Auge, die andere ersetzten. Er war noch jung - vielleicht hatte er keinen Zugang zu Informationen dieser Art. Ich arrangierte ihn in seinem Stuhl, sodass es aussah, als döse er nur vor sich hin, und hielt inne, als mir ein neuer Gedanke kam. Rafes Gesicht war vielleicht nicht bekannt hier, aber das dieses Teenagers war es bestimmt. Also benutzte ich den Chamäleon-Kodex erneut und litt wieder unter dem Schaudern, das durch meinen Körper rann, als ich seine Züge annahm.
Ich überlegte, ob ich auch die Kleider mit dem Jungen tauschen sollte - aber es gibt Grenzen.
Bei all den Wandlungen, denen ich ausgesetzt war, lief ich Gefahr, eine echte Identitätskrise durchzumachen, aber so etwas ist für einen
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