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Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle

Titel: Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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vielleicht taten sie das. Deshalb bekam ich auch immer noch diese Blicke zugeworfen. Ich benahm mich nicht wie einer von ihnen. Ich erkannte nicht sofort Gesichter oder nannte Personen beim Namen; ich kannte die Insiderwitze und die bekannten Gesten nicht, die sich über lange Jahre hinweg entwickelt hatten. Ich setzte mich in eine Ecke, weit weg von den anderen, und tat mein Bestes, um mit meiner Körpersprache »Ich will allein sein« zu signalisieren. Ich verschwendete hier meine Zeit, aber ich war fasziniert von den Unsterblichen. Man sollte seinen Feind kennen.
    Zwei Jugendliche saßen an einem Schachbrett. Die Figuren flogen mit einer unglaublichen Geschwindigkeit hin und her. Ein halbes Dutzend mehr spielte ein kompliziertes Spiel mit menschlichen Fingerknochen. Andere spielten ein Wortspiel, das für mich überhaupt keinen Sinn ergab. An der Wand hing ein großer Flachbildschirm, der einen 24-Stunden-Nachrichtenkanal zeigte. Keiner sah hin. Durch den ganzen Raum hörte ich gleichzeitig ein Dutzend verschiedener Sprachen plus einiger die ich nicht einmal erkannte: Dialekte und spezielle Mundarten, die so seltsam waren, dass sie beinahe außerirdisch klangen. Konnte es sein, dass sich die Unsterblichen noch an Sprachen erinnerten und sie auch benutzten, die in der Welt draußen schon lange ausgestorben waren?
    Während ich in meinem Sessel so tat, als würde ich vor mich hinschmollen, und dabei zuhörte, erkannte ich langsam, dass alles, was ich hier verstand, einfach nur Konversation war. Nichts über Ereignisse in der Welt oder die großartigen Dinge, die sie getan hatten oder die sie planten. Nichts über den letzten Angriff auf meine Familie - es war nur Klatsch. Wer etwas mit wem hatte, wer sich von wem getrennt hatte, wer zwei Partner gleichzeitig traf und was passieren würde, wenn das jemand herausfand. Alles, was die Unsterblichen interessierte, waren sie selbst. Weil die Welt sich vielleicht änderte, aber die Unsterblichen immer blieben. Also waren sie das Einzige, was zählte.
    Ich sah plötzlich auf, als eine junge Frau direkt auf mich zukam. Aus dem grimmigen Blick, mit dem sie mich bedachte, schloss ich, dass sie das Gesicht, das ich trug, kannte - und nicht in guter Erinnerung hatte. Was bedeutete, dass ich sie auch kennen musste. Sie war groß und blond, und in der Mode der dreißiger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts gekleidet. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und starrte vorwurfsvoll auf mich herab. Offenbar wartete sie darauf, dass ich etwas sagte. Andere Leute begannen, zu uns herüberzusehen. Ich stand auf und warf ihr einen meiner verächtlichsten Blicke zu.
    »Ich spreche nicht mit dir«, sagte ich rundheraus, hob meine Nase in die Luft und fegte an ihr vorbei aus dem Raum hinaus. Wissendes Gelächter erklang hinter mir, also schien ich den richtigen Ton getroffen zu haben. Wenigstens versuchte sie nicht, mir zu folgen. Ich entschied, dass ich genug riskiert hatte, und ging direkt auf die Hintertreppe zu, die mich zu den Computerräumen unten führen würde.
    Der Korridor war völlig leer, keine Anzeichen von Unsterblichen oder Kobolden. Ich trampelte die Stufen herunter und freute mich über das völlige Fehlen von Wachen. Diese Leute baten ja förmlich darum ...
    Die Hintertreppe war endlos, ging immer weiter abwärts und führte in die Tiefen unter dem Schloss. Angesichts der kahlen Steinwände und der groben Steinstufen nahm ich an, dass das kein Weg war, den die Unsterblichen oft benutzten; es hätte ein Geländer gegeben - oder vielleicht sogar einen Teppichbelag. Das hier war wohl eher eine Wartungstreppe für die Unterirdischen. Die harten Steinstufen taten langsam unter meinen Füßen weh, und als ich endlich unten ankam, war dort nur eine einzige lange Höhle, die man aus dem Fels gegraben hatte. Die Verliese selbst waren verschwunden und durch einfache Büros und Lagerräume ersetzt worden. Als ich vorsichtig weiterging, schienen selbst meine leisesten Schritte unnatürlich laut zu hallen. Das Geräusch echote in der unbewegten Luft weiter. Ich fühlte mich hier angreifbarer, als das oben der Fall gewesen war.
    Also marschierte ich weiter, als wäre ich auf einer Inspektionstour, und kam schon bald in zwei großen Glasabteilungen am Ende des Ganges an. Eine war ganz klar der Computerraum, während die andere ein Kommunikations- und Sicherheitsbüro war, gesichert von einem einzigen Wachmann. Er sah nicht einmal in meine Richtung.
    Natürlich ein Unsterblicher, weil

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