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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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dir im Haus? Warum nicht - ist es nicht prächtig genug?« Sie hört auf zu kneten. »Tut mir leid, ich weiß nicht, was ich zu alledem sagen soll.«
    Ich hüte mich, gekränkt zu sein. Die Konsequenzen wären nicht abzusehen. »Sie sind ins ›The Old Decoy bed & breakfast‹ auf dem Van Fleet Boulevard eingefallen. Neben dem Einkaufszentrum.«
    »Hmm. Und wo sind sie heute abend?«
    »In der Cowboy Bar.«
    »In der Cowboy Bar? Ich hoffe, sie haben ihr Verteidigungsarsenal mitgenommen. Das ist die schlimmste Bar im schlimmsten Teil der Route 666. Der totale Abschaum-Magnet.«
    Das »Verteidigungsarsenal« ist Stephanies und Moniques Sammlung an Angriffsabwehrutensilien, die sie am Tag, bevor sie nach Lancaster fuhren, in Seattle erworben hatten: zwei Handtaschen bis zum Rand gefüllt mit Gummiknüppeln, dornengespickten Schlagringen aus Tijuana, Alarmsirenen und aufgemotzten Schlägergadgets. »Der Reiseführer sagt, es gebe in der Cowboy Bar einen Stierrittautomaten. Den wollen sie sehen.«
    »Warum bist du nicht mitgegangen, um sie zu beschützen?«
    »Sie wollten allein dorthin. ›Ist echter.‹«
    »Hmmm.«
     
    Wie man sieht, bin ich in einem Gewirr aus Lügen, Halbwahrheiten und Täuschungen verstrickt. Nein, ich habe weder Jasmine noch Daisy von meiner Beziehung zu S. erzählt. So müssen sie gegenüber Anna-Louise nicht lügen.
    Stephanie ihrerseits war nicht über Anna-Louise in Kenntnis gesetzt worden, aber sie kapierte in drei Billionstelsekunden, was lief. Und jetzt ist Stephanie eine getarnte, von einem Werfer losgeschossene Rakete, ständig auf Achse quer durch Lancaster, augenzwinkernd mit mir unter dem Eßtisch fußtändelnd, Marks ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nehmend, von Anna-Louise ablenkend, die sie kaum merklich von oben herab behandelt und der sie das Gefühl gibt, provinziell und armselig zu sein.
    Alles in allem war die gestrige Szene zuviel für mich. Es war verwirrend, Anna-Louise und Stephanie zusammen im selben Raum zu sehen - wie eine Reise durch Zeit und Raum oder einen Tesserakt. Wenn man zwei Planeten in Erdengröße in einem Abstand von, sagen wir, nur einer Meile nebeneinanderplazierte, würde ihre jeweilige Schwerkraft alle zwischen ihnen liegende Schwerkraft aufheben. Und solltest du gerade dazwischen stehen, würdest du schwerelos im Raum schweben.
    Und als ich heute in meinem stillen, ruhigen Zimmer saß, fegte plötzlich eine heulende Cruise Missile wie ein Tomahawk durch das eine Fenster herein und durch ein anderes hinaus, alles in einer Zehntausendstelsekunde. Sicher, in meinem Zimmer ist es jetzt wieder ruhig, aber ich werde es nie wieder als völlig sicher ansehen.
    Und dann: Als ich heute morgen aufwachte, lag mein Kopfkissen auf dem Fußboden unter meiner Globusfarm; ich nehme an, ich habe es im Schlaf hinaus geworfen. Aber ich kann mich nicht erinnern, was ich geträumt habe.
     

26
     
    Zurück in Anna-Louises Küche: »Erde an Tyler«, ruft Anna und wirft ein Stück Kuchenteig nach mir, das in meinem Haar kleben bleibt.
    »Was?« Ich zupfe den Teig ab.
    »Alles okay mit dir?« fragt sie. »Du bist ganz woanders.« Ich platze heraus: »Ich falle durch am College.« Meine Güte, das ist mir wirklich überraschend herausgerutscht. »Oh, wohl kaum, Tyler.«
    »Doch. Wirklich. Dieses Jahr ist nicht wie das letzte. Ich arbeite nicht. Alles, was ich tue, ist schlafen, Kaffee trinken und Autofahrten unternehmen. Venn-Diagramme und Hauptbücher erscheinen mir wie die dunkle Seite des Monds.« Der Damm ist gebrochen.
    »Aber im Unterricht siehst du doch ziemlich glücklich aus. Ich sehe dich jeden Tag dort. Und in der Mensa bist du oft genug.«
    »Das ist für mich eine Art Freizeit. Es ist nicht echt. Ich sage dir, ich verplempere mein Karrierepotential, Anna, und weißt du, was? Es ist mir völlig wurscht.«
    »Natürlich ist es dir nicht wurscht, Tyler. Und Bechtol?«
    »Ciao Bechtol.« Ich schieße mir mit dem Zeigefinger durch die Schläfe, während Anna-Louise ihren Teig in eine Kuchenform drückt.
    »Es ist doch nur ein Semester. Das kannst du aufholen. Du brauchst dich nur um eine Durchschnittsnote zu bemühen.«
    »Mein Note wird eher im Reißwolf landen. Ebensogut könnte ich mich gleich um einen Abendschulkurs für das Bedienen von Pommes-frites-Computern bewerben.«
    Anna-Louise stutzt sorgfältig den überbordenden, gelblichbleichen Teig zurecht, kaltblütig wie ein kosmetischer Chirurg aus Beverly Hills, der an einem Popstar herumstückelt. »Ich werde dir

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