Shampoo Planet
hat.
»Ich nehme an, Harmony ist hinter Skye her«, sage ich zu Stephanie. »Andernfalls wäre er an einem sonnigen Tag wie heute nach Hause gefahren, um in seinem Hacker-Verlies, seinem Keller, Access-Codes für militärische Angriffskommandos zu knacken.«
»Liebe ist so schön«, seufzt Stephanie.
Im Innern des Mülldepots sehe ich, daß Harmony und Skye wie in einem Gehäuse unter einer Tischplatte hocken und ihren kaugummiverklebten, verschmierten, hölzernen Unterleib mit Filzstift bearbeiten.
»Wir haben uns alle überlegt, in welchem Jahr wohl die Paridabären ausgerottet sein werden«, erklärt Pony, der gerade vom Münztelefon am Eingang aus die Texte auf seinem Anrufbeantworter abgehört hat. »Wenn wir uns in fünfundzwanzig Jahren hier wieder treffen, werden wir sehen, wer gewonnen hat. Ich tippe auf 2011.«
»Ich auf 2013«, sagt Gai'a und erhebt sich vom Tisch.
»2007«, erklingt Harmonys Stimme unter dem Tisch hervor.
Stephanie und ich gehen an einer Ansammlung Videospiele vorbei, und unsere Körperwärme aktiviert ihren »Bettelzyklus« - wirkt als Auslöser für die appetitanregenden, spaßabwürgenden Sensationsdemonstrationen ihrer Bildschirmfeuerwerke: explodierende Blondinen, Porsche, die miteinander Sex haben, UFOs, die Geld abstrahlen - gefolgt von einem abschließenden, tapferen Sag-nein-zu-Drogen-Video. Ein neuer Apparat, den ich nie zuvor gesehen habe und der sich Infektion nennt, sieht irrsinnig heiß aus, und sein Bettelzyklus bietet den Abwehrkampf einer Asteroidenbevölkerung gegen Geißeln wie Killerbienen, giftige Schlingpflanzen, Touristen und Rechtsanwälte.
»Wie treffend!« rufe ich. »Stephanie, ich brauche Vierteldollarmünzen. Hast du welche?«
»Nicht jetzt, Tyler. Später.« Wir setzen uns.
»Himmel, ich wünschte, sie würden Pinkelbecken im Damenklo installieren«, sagt Gaia, als wir an ihren Tisch kommen. »In Brusthöhe. Dann würdest du bei der eins-zwei-drei-Entleerung nicht immer die Knie deiner Strumpfhose auf dem Toilettenboden schmutzig machen.«
Stephanie blickt starr vor sich hin.
»Hi, Steph. Und sieh mich nicht an, als sei ich ein Freak oder so was. Es ist nicht so, daß ich mich professionell entleere«, gesteht Gaia. »Heute war's nur ein rotgefärbter Wackelpeter und ein halber Zwiebel-Bagel. Du solltest mich mal um Thanksgiving herum erleben. Dann bin ich wie 'n wandelnder Müllspucker. Komm schon. Ich bin gerade auf dem Weg zur Toilette. Ich werde dir Einzelheiten verraten.«
Stephanie schießt erwartungsvoll ab zum Entleerungs-Planeten, dem Damenklo, um mit Gaia Freßsuchtgeschichten auszutauschen, und läßt den Rest von uns unter einer Glocke des Schweigens zurück.
»Sir Pony hat heute seinen Sozialhelfer kennengelernt«, verkündet Harmony. »Ist das nicht bezaubernd?«
Pony ist bereits vom Telefon zurück - keine Message auf seinem Anrufbeantworter.
»Aber Pony«, sage ich verwirrt. »Du bist doch reich. Was hast du mit einem Sozialhelfer zu schaffen?«
»Mama hat irgend so einen offiziellen Einstufungsbescheid erhalten, in dem unsere Familie als emotional funktionsgestört erklärt wird. Ich kriege kostenlose Beratung, bis ich einundzwanzig bin, und Mama kostenloses Computer-Training. Sie lernt das DOS-System. Höchste Zeit.«
Skatepunks durchqueren hampelnd und strampelnd, auf ihren Brettern tanzend das Restaurant - nett anzusehen zwar, aber wie bei Rottweilerwelpen ist Furchtbares bereits in ihre Gene eingewoben.
»Einen neuen Tanz zu erfinden ist, wie eine neue Art von Sex zu erfinden«, sagt Skye, woraufhin Harmony rot wird. Die beiden tauschen einen Das-geht-uns-an-Blick aus. Für Skye wird es von Vorteil sein, nicht nur mit Grundstücksmaklern zu gehen, und für Harmony wird es von Vorteil sein, überhaupt mit jemandem zu gehen. Ich mache mir Sorgen um ihn, wenn er immer diese schlechte, von Fünfzehnjährigen geschriebene Pornographie mit den vielen orthographischen Fehlern über seinen Computerzeitschriften liest.
»Ich habe heute meinen Job bei der elektronischen Pflanzung an den Nagel gehängt«, verkündet uns Skye dann, »da unten in der Hölle des Telemarketing.«
»Sie erfährt gerade das Kollegen-Verlust-Syndrom. Ich helfe ihr dabei, einen Weg durch die Krise hindurch zu finden.«
Ich bestelle bei Mink eine tomatige Massenkarambolage ineinander verkeilter Pommes Frites für mich und eine Club Soda für Stephanie.
»Wie geht's so ohne Anna-Louise?« fragt Skye.
»Hast du sie in letzter Zeit gesehen?« frage ich.
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