Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
Vom Netzwerk:
Amerikaner hättet ihr alle voller Freude die Erlaubnis dazu gegeben neu anzufangen. Eure Freiheit ist moderne Freiheit.«
    Das Wort Geschichte veranlaßt Harmony, uns seine Theorie darüber mitzuteilen, warum heutzutage so viele Leute Fitness-Studios aufsuchen. »Die Leute haben das Bedürfnis, in jeder Hinsicht perfekt zu sein, so daß ihre Seele nicht wiedergeboren werden muß. So viele Menschen stehen jetzt am Ende ihrer Zyklen. Darum ist die Erde auch so überbevölkert. Das ist ganz offensichtlich. Die Leute haben die Schnauze voll, Geschichte immer wieder neu zu leben. Sie wollen Schluß damit machen.«
    »Ihr hier wißt so wenig über Geschichte«, sagt Stephanie und rümpft das Naschen. »Eine richtige Tragödie.«
    Worauf Harmony entgegnet: »Die einzige Tragödie, die ich mir vorstellen kann, wäre eine historische Hollywood-Produktion, in der Ausstattung und Requisiten nicht stimmen - wenn beispielsweise die Pilger auf der Mayflower Kiwis und mexikanische Burritos essen.«
    Entsetzt schwingt sich Stephanie von ihrem Fahrrad, bemüht sich, ihre wankenden Beine wieder ins Gleichgewicht zu bringen, und hopst davon in den Umkleideraum, um sich ihrer Polyesterhaut zu entledigen.
    »Ganz schön gereizt«, sagt Harmony. »Was für 'n Absturz.«
    »Europäer verbringen die meisten Jahre ihres Lebens auf Schulen, wo sie wie Tiere geschlagen werden«, sage ich. »Sie leiden so sehr unter dem Lernprozeß, daß sie ihr Wissen schließlich für absolut halten. Sie dulden keine Herausforderung.«
    »Da wir gerade über Geschichte sprechen, ich habe was ganz Heißes erfahren. Du kennst doch den alten Typ, der über Anna-Louise wohnt?«
    »Den Mann mit den 100 Haustieren und ohne TV?«
    »Genau - der Mann ohne Identifikationsnummer. Es hat sich herausgestellt, daß Lancaster nach ihm benannt ist.«
    »Nach ihm?«
    »Na ja, nach seiner Familie. Er ist ein Lancaster. Seine Familie hat die Stadt gegründet. Hat mir meine Mutter erzählt.«
    Ich frage mich, ob Anna-Louise das weiß. Leider ist es etwas zu spät, ihr davon zu erzählen. »Er hält sich ungefähr dreißig Hunde und Katzen da oben. Und Vögel und Fische. Ich habe sie in der vergangenen Woche alle gesehen.«
    »Komischer Kauz. Er wirkt wie einer von denen, die sich für die Ferien nichts Aufregenderes vorstellen können, als einen Metalldetektor zu mieten und Pebble Beach auf verlorene Eheringe hin zu durchkämmen.«
    »Ich habe den Verdacht, er steht weit über jeglichem Ferienkonzept.«
    »Du solltest deiner Mutter von ihm erzählen. Sie verkauft doch zur Zeit KittyWhip, nicht wahr?«
    Ein heißer Tip! »Harmony, du bist der geborene Manager im mittleren Management.«
    »Besten Dank.«
     
    KittyWhip erobert im Sturm.
    Durch das Fenster des Modernariums sehe ich Lancasteroide aller Couleurs bei der draußen geparkten Betty ein- und ausmarschieren, den ganzen Tag lang, wie die Drogenkids auf der Jagd nach Methadon. Wenn diese Möchte-gern-Vertreter - mit Schaum vor dem Mund beim Gedanken an ein arbeitsfreies Einkommen - Betty verlassen, leuchten ihre Gesichter weitaus intensiver als beim Eintreten, und unter die Arme geklemmt tragen sie stapelweise werbewirksame Broschüren sowie Kartons voller KittyPumps. Jim und Lorraine Jarvis wirken positiv revitalisiert ebenso wie Eddie Woodman.
    Jasmine hat ihrerseits den Eßtisch zum Zentrum ihres Verkaufsnetzwerkes umfunktioniert. Zwischen ihrem Halbtagsjob in den Anlagen und ihrer Beschäftigung mit KittyWhip hat sie wahrscheinlich nicht die Zeit gefunden, ihre Nase in mein Privatleben zu stecken, wie sie es unter anderen Umständen wohl getan hätte, und das ist gut so. Aber Dan ruft jetzt dauernd an, und Jasmine spricht mit ihm hinter verschlossenen Türen, und das ist nicht so gut. Irgendwas ist im Gange.
     
    Stephanie taucht aus dem Umkleideraum wieder auf und setzt sich neben mir auf eines der festgeschraubten Fahrräder.
    »Runter vom Rad und umziehen«, befiehlt sie. »Laß uns ins Giftmülldepot gehen. Ich habe eine Idee.«
     

38
     
    Im Mülldepot herrscht ganz schöner Andrang. Ich sehe eine Flotte Jeeps, Kombis und eine aktive Light-Show aus Halogenscheinwerfern, außerdem Skyes Wagoonmobile (der rostige AMC Matador ihrer Mutter, schlampig bemalt mit Blümchen, Peace-Zeichen und Tannenbäumen, mit einem Nummernschild, auf dem LIVED B4 zu lesen ist) und Harmonys Celica PRV (das Prinzessin-Rettungs-Vehikel mit Nummernschildaufschrift KNAPPE), das uns auf dem Weg vom Fitness-Studio hierher abgehängt

Weitere Kostenlose Bücher