Shampoo Planet

Neuen Welt in der Tat Heimweh hatte. Die beschämende Kirk-Episode hatte sie aus dem Gleichgewicht gebracht, und als sie ins Old Decoy bed & breakfast zurückging, fand sie einen mit Federal Express zugestellten Umschlag vor, den ihr ihre einsame Mutter aus Frankreich geschickt hatte und der Grind von ihrer sterbenden Katze Minuit enthielt.
    »Vier Tage in der Neuen Welt«, schnaubte Daisy. »Die ist echt stark drauf!«
    »Und wenn man bedenkt, daß alles, was sie von der Neuen Welt gesehen hat, nur Lancaster und die umliegende Bioregion war«, fügte Murray hinzu. »Völlig surrealistisch.«
    Stephanie ist über die jüngsten Wendungen der Ereignisse nicht gerade unglücklich. Denn das Leben kann jetzt Stephanie-o-zentrischer werden: Die Stephanie Show, Darsteller... Stephanie!
    Sie ist im Modernarium eingezogen, und über mein ganzes Zimmer sind jetzt Juwelen und Parfüms und Dessous verstreut. Ich mag diese weibliche Nachlässigkeit. Am liebsten würde ich die ganze Zeit über mit ihr »Schandtaten begehen«. Bei grellem Tageslicht will ich mit ihr schlafen. Und dann brauche ich in diesen Tagen auch nicht länger so zu tun, als besuchte ich meine Seminare - und niemand läßt ein Wort über mein Schwänzen fallen, also nehme ich an, daß Jasmine die ganze Familie aufgefordert hat, den Mund zu halten. Das ist vielleicht ein Leben.
    Brendan, Lancasters ganzer Stolz, kommt hereingeschlendert, angetan mit Radlerhosen und einem weißen, dermaßen knappen Hemdchen, daß man es auch durchaus als BH benutzen könnte. Brendan hat sich ohne Doping für die Nationale Bodybuilding-Meisterschaft in Phoenix nächsten Monat qualifiziert und damit dem Lancasterschen Bürgersinn neue bürgerliche Hoffnung eingehaucht. Stephanie atmet schneller. »Zu schade, daß Monique schon abgereist ist.«
    »Er sieht ein bißchen aus wie Bert Rockney, nicht wahr?« frage ich Harmony, der zustimmend nickt.
    »Im großen und ganzen. Aber Brendan hat keinen Steroid-Körper.«
    Bert Rockney ist, wie ich bereits erwähnte, mein Lieblings-Action-Abenteuer-Killermaschinen-Filmstar und anerkannt in der Ausübung der alten mongolischen Kunst des Chang-Ting. Seine Muskeln sind aus solidem Wolfram, durchzogen von Plastiksprengstoff ädern - Muskeln, die er benötigt, um den nie versiegenden Strom aus ehemals besten Freunden und korrupten Idioten in der Politik zu bekämpfen, die sinnlos seine Frau, seine Kinder und seine Eltern von einem Film zum nächsten morden. Was für ein Held.
    »Hast du dir mal die männlichen Stars von früher, sagen wir, aus den 40ern und 50ern, richtig angesehen, wenn sie ihr Hemd ausziehen?« fragt Harmony. »Mensch, die hatten Titten. Was ich meine, ist, die müssen ja richtige Killermaschinen gewesen sein. Aber durch Steroide macht Kino auf jeden Fall viel mehr Spaß.«
    »Stimmt genau«, entgegne ich. »Aber die Leute wissen heute genau, wie ein Steroid-Körper aussieht, und darum wirken die nicht mehr so geil. Steroid-Körper sind wie ein visuelles Äquivalent zu einem allzu weich geklopften Steak, das du mit 'ner Gabel zerteilen kannst.«
    Brendan grunzt und schreit und stemmt mindestens vier Millionen-Kilo-Hanteln über den Kopf, und sein Gesicht läuft rot an und beginnt zu schäumen wie billiges Rinderhack, und seine Geräusche sind so ohrenbetäubend, so voller primitiver Gewalt, daß alle Gespräche in der Trainingshalle verstummen, während die Leute so tun, als bemerkten sie Brendans so öffentlich vorgeführten Selbstmord nicht.
    »Katzengrind?« fragt Harmony. »Igitt.«
     
    »Katzengrind ist auch ein Dokument«, erwidere ich. »Genau wie Pisse und Scheiße Dokumente sind. Jedenfalls so was in der Art. Alles ist ein Dokument.«
    »Minuit ist so ein süßes Kätzchen«, seufzt Stephanie. »Aber sie ist nicht mehr lange auf der Welt. Lö-kä-mixz. Bald wird Monique Minuit in ihr kleines Körbchen packen und in die Seine werfen müssen.«
    Pause. (Achtung vor den Toten.)
    »Monique hätte alles ein bißchen leichter nehmen sollen«, sage ich. »Die Episode mit Dan war schon komisch, aber Leute lieben dich für diese Art Fehler. Außerdem - in den Staaten darfst du Geschichte neu schaffen, kannst deine Aufnahmen löschen und wieder von vorne beginnen; hast die Erlaubnis, einen ersten Eindruck zweimal zu hinterlassen.«
    »Monique kennt nur die europäische Art«, entgegnet Stephanie. »Ich mag die amerikanische viiieel liiieeber. Monique hätte sagen sollen: ›Ich möchte noch einmal von vorn beginnen , und ihr