Shampoo Planet
aufrichtig bewundernden Grüßen. Tyler Johnson Dipl. H/MM
Ps: Ich bin zwanzig Jahre alt und bereite meinen Studienabschluß in Hotel/Motel-Management am Community-College in Lancaster, Washington, vor.
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Wir sind jetzt wieder Gefangene der Lariat Motor Lodge, Mount Shasta, Kalifornien - das Comfortmobile wird nicht vor 17.30 Uhr aus der Klinik entlassen. Stephanie und ich dürfen unser Motelzimmer bis fünf Uhr behalten, und wir langweilen uns beide waaahnsinnig - so sehr, daß wir uns richtig stoned fühlen, als hätte jeder von uns eine Flasche Hustensaft getrunken. Wir sind erfüllt von Reisefieber und wollen los.
Stephanie jongliert mit Spitzentaschentüchern und schießt mit ihrer Schreckschußpistole an die Decke. Das Mittagessen schlägt 3600 Sekunden tot. Gestern abend gab ich meinen Brief an Frank E. Miller in Seattle auf, adressiert an »Biff« Miller, sein Spitzname vom College her, wodurch sich die Chance, daß der Brief von Frank E. Miller selbst gelesen wird, drastisch erhöht.
Auf dem Rückweg vom Postamt suche ich einen Geldautomaten der Bank of America auf und hole Geld von meinem rasend schnell schrumpfenden Bankkonto. Dieses Geld tausche ich dann gegen ein Bündel kleinerer Geldscheine ein. Ich komme mir vor wie ein Crack-Dealer.
Ich habe eine Idee.
Wegen deiner Unf ä higkeit zur Einsamkeit, gibst du dich mit minderwertigen Beziehungen zufrieden
Du glaubst nicht, da ß in einem Leben, in dem traditionelle Grenzen respektiert werden, Magie m ö glich ist
Ich schreibe eine Liste tragischer Charakterschwächen mit Filzstift auf meine Dollarnoten. Ich denke an die Leute innerhalb meines Universums und destilliere für jeden von ihnen die eine Schwäche im Charakter heraus, die zu seinem Untergang führen wird - die Schwäche, die sein Verderben sein wird.
Jasmine, Anna-Louise, Daisy, Mark, Dan, Stephanie, Monique, Kiwi, Harmony, Skye, Gaia, Mei-Lin, Davidson, Pony, Großmama und Großpapa, Eddie Woodman, Jim und Lorraine Jarvis - sie sind alle darunter. Sogar ich. Und noch mehr.
Was ich aufschreibe, sind keine Vergehen; ich schreibe Tragödien auf. Und ich schreibe diese Tragödien so auf, daß der Rezipient sie leicht verstehen kann. Und ich sage nicht, welche Schwäche zu wem gehört. Ich fahre fort. In keiner besonderen Ordnung:
Du verkleidest deine Faulheit als Stolz
Du bist wie gel ä hmt angesichts der Tatsache, da ß Grausamkeit oftmals am ü sant ist
Du versuchst exzentrischer zu sein, als du in Wahrheit bist, weil du Angst davor hast, du k ö nntest nur ein austauschbares R ä dchen im Getriebe sein
Du h ä ltst Bewegung schon f ü r Wachstum und l äß t dich von verzwickten Situationen locken
Du verteidigst die Ideen anderer auf Kosten deiner eigenen
Du wei ß t immer noch nicht, was du kannst
Du bist au ß erstande, dir dich in der Zukunft vorzustellen
Deine Unf ä higkeit, sexuelles Interesse f ü r eine einzige Person aufrechtzuhalten, raubt deinem Leben die M ö glichkeit von N ä he
Deine F ä higkeit, deine schlechten Taten vern ü nftig zu begr ü nden, l äß t dich glauben, da ß das gesamte Universum ebenso amoralisch ist wie du
Du ignorierst vors ä tzlich die netten kleinen Beobachtungen im Leben, von denen du wei ß t, da ß sie die wichtigsten sind
Stephanie beteiligt sich ebenfalls an der Verschandelung der Geldscheine, indem sie meine Mottos mit verschmierten roten Lippenstiftküssen garniert, wodurch wir die Geheimsprache des Geldes in den Vordergrund rücken - und die unsichtbare Hand, die uns füttert, beißen.
Deine Furcht vor Ver ä nderungen ist in deinen Augen allzu deutlich sichtbar
Du verschwendest deine Jugend, deine Zeit und dein Geld, weil du deine Fehler nicht einsehen willst
Deine Weigerung, die finstere Seite des Menschen zur Kenntnis zu nehmen, macht dich zur Beute dieser finsteren Seite
Du hast Angst, da ß sich die ganze Welt, wenn du deine Deckung auch nur f ü r eine Sekunde aufgibst, in ein einziges Chaos aufl ö st
Du wartest darauf, da ß dir das Schicksal die Ver ä nderungen im Leben bringt, die du selbst herbeif ü hren solltest
Du bist ganz benommen von der Leichtigkeit, mit der Vernichtung erfolgt
Du sp ü rst, da ß du mehr Erinnerungen hast als Energie, um diese Erinnerungen zu verarbeiten
Du bist unf ä hig, zwischen Fassade und Substanz zu unterscheiden
Ein paar Stunden später bezahlen wir die
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