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Shane - Das erste Jahr (German Edition)

Shane - Das erste Jahr (German Edition)

Titel: Shane - Das erste Jahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia von Rein-Hrubesch
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Schlaf?“
    „Ja, natürlich! Sie geht gegen acht ins Bett und schläft auch immer gleich. Weshalb fragen sie?“
    „Weil sie oft sehr müde ist im Unterricht. Sie gähnt, und einmal …“
    „Ja?“
    Die Lehrerin verzog das Gesicht. „Einmal ist sie eingeschlafen.“
    „Sie ist was?“
    Nun beugte sich der Vater nach vorn. „Eingeschlafen?“ Die Eltern blickten sich an.
     
    „Dumme Pute! Ihren arroganten Ton kann sie sich sparen!“
    „Gertie!“
    „Was fällt der ein, so abschätzend mit uns zu reden!“
    „Gertie!“
    „Hast du gesehen, wie sie uns angeschaut hat?“
    „Ja, ich war dabei.“
    „Als ob es ihr peinlich war.“
    „Das war es ja auch.“
    „Spinnst du?“
    Der Mann hob die Arme zur Seite. „Jetzt komm schon, Gertie! Sicherlich war es der Lehrerin wirklich peinlich, uns mitteilen, dass unsere Tochter eingeschlafen ist!“
    Die Frau hielt inne. „Du meinst, sie ist tatsächlich eingeschlafen?“
    „Warum sollte Frau Lindenbaum lügen?“
    Gertie stellte das Glas auf den Tisch zurück. „Weil sie uns ärgern will.“
    „Ja, ganz bestimmt. Das wird der Grund sein.“
    „Manfred!“
    „Jetzt hör halt auf! Wahrscheinlich hat sie die ganze Nacht gelesen! Du hast doch gesagt, dass du ihr neue Bücher gekauft hast!“
    „Ja schon, aber …“
    „Nix aber!“ Der Mann erhob sich. „Sie liest die ganze Nacht, und schläft am nächsten Tag in der Schule ein. So schlimm ist das nun auch nicht! Doch wenn es um Shane geht, bekommst du ja immer diesen Tunnelblick!“
    „Und du weißt, warum, Manfred.“
    „Ja, ich weiß es.“ Der Mann hatte sich entfernt, seine Stimme war jetzt aus der Kammer zu hören, daneben Flaschengeklirr. „Übrigens…“ Er steckte den Kopf aus der der Tür. „Der Wein geht erheblich schnell zur Neige!“
    „Na und!“
    „Ich sage ja nur, du solltest etwas weniger …“
    „Ach komm schon, ich bin gestresst! Dieser ganzer Stadtscheiß geht mir auf die Nerven!“
    „Schon gut, Gertie.“ Er war wieder zu ihr gekommen und setzte sich auf die Couch. „Gewiss wird bald wieder jemand sterben und du kannst ein Haus verkaufen.“
    Die Frau sah ihren Mann an. „Ja ja, sehr witzig! Doch damit verdiene ich nun mal mein Geld.“
    „Ich weiß, Gertie.“
     
    Shane trat aus dem Schulgebäude und blickte in den Himmel. Grau. Es würde noch mehr Schnee geben. Sie seufzte. Während jeder auf den Schnee schimpfte, schien sie überhaupt keine Beziehung mehr zu ihm zu haben. Er war einfach da. Überall.
    Shane setzte sich in Bewegung und betrachtete die Menschen, die nur noch damit beschäftigt zu sein schienen, das Weiß irgendwie zu entfernen. Als sie an den Schneebergen vorbei lief, dachte sie an die Artikel, die sie gestern Abend gelesen hatte.
    „Salz und Splitt bald alle. Minustemperaturen erreichten letzten Donnerstag den Tiefstand. Kinder tragen Schnee in die Innenstadt. Waller zeigt sich optimistisch, was die Sicherheit der Bürger betrifft.“
    Shane hatte alles weg geworfen. Nichts Brauchbares dabei.  Sie musste in die Bibliothek. Doch sie wusste nicht, wann. Sie war noch nicht soweit.
    Wieder blickte sie auf die Schneehügel. Sie hatte bei einer ihrer täglichen Trainingsstunden versucht, den Schnee zu schmelzen. Es hatte nicht geklappt. Sie schien keinen Einfluss auf die Temperatur zu haben.
    Shane schüttelte leicht den Kopf. Sie war noch nicht soweit.
    Seit sie dem Ding in sich den Kampf angesagt hatte, hatte sie kaum noch Kontrolle über die Welle.
    Sie hatte mit leichtem Training angefangen, mit den Papierkugeln; sie hatte sich einen Riesenvorrat an Kaugummi zugelegt, der Schmerz in ihrem Kiefer war wieder stärker geworden, und für Shane schien das nur eines zu bedeuten. Ihre Kraft wurde stärker.
    Das machte ihr Angst. Wie sollte sie sie unter Kontrolle halten? Wie sollte sie es unter Kontrolle halten?
    Doch sie machte weiter. Jeden Nachmittag ging sie hinaus und trainierte. Gestern Abend, als in sie in der Dämmerung durch den Vorgarten lief; als ihre Hände zitterten und ihr Kiefer  vor Schmerzen schrie, dachte sie das erste Mal daran, dass sie sterben könnte.
    Sie war langsam die Treppen vorbei an den Mandalas in ihr Zimmer gegangen, hatte sich auf ihr Bett gelegt und war sofort eingeschlafen.
    Shane sah die Schneeberge an sich vorüberziehen und schüttelte wieder den Kopf. Sie war noch nicht soweit. Noch lange nicht.
     
    Der Polizeiinspektor verdrehte die Augen. Nicht mal, nachdem er die Tür seines Büros hinter sich zugezogen hatte, hatte

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