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Shanera (German Edition)

Shanera (German Edition)

Titel: Shanera (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Schön
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Du willst uns weglocken? Koras, was sagst Du dazu?“
    „Es ist ganz schön frech. Gefällt mir irgendwie.“
    „Na prima, das hilft mir jetzt wirklich weiter.“
    „Gut, also im Ernst: Ich hatte eigentlich nicht vor, meine Freunde und meine Familie für mehr als ein paar Tage zu verlassen. Auch wenn ich die letzte Zeit meistens mit Kampfübungen und auf Jagdausflügen verbracht habe. Allerdings … irgendwie würde es mich auch reizen. Es ist natürlich riskant. Aber ein paar Tage oder vielleicht sogar etwas länger … Es wäre ja nicht für immer.“
    Er begann sich für die Idee zu erwärmen. „Nehmen wir mal an, wir sehen an diesem Aussichtspunkt etwas Interessantes und wären für einen Mondzyklus oder so unterwegs. Das Wissen und die Erfahrung, die wir sammeln könnten, wären doch auch für die anderen wertvoll. Selbst wenn sie vorher nichts von solchen Ausflügen hielten.“
    „Was, Du willst sogar noch weiter?“, fragte Zela ungläubig. „Ich fasse es nicht. Bedeuten Euch unsere Regeln gar nichts? Bin ich denn hier die einzige, die Sinn für Verantwortung und Realität hat?“
    „Wenn Du Sinn für Realität hättest, dann wärest Du keine Tempelanwärterin.“, sagte Shanera und wünschte sich gleich darauf, den Mund gehalten zu haben.
    „Was soll denn das heißen? Willst Du mich beleidigen? Hör mal, ich bin soweit, dass ich wahrscheinlich Dein verrücktes Vorhaben hinnehmen werde, aber das heißt nicht, dass Du meine Entscheidungen verächtlich machen kannst. Die Arbeit im Tempel ist eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe und ich werde es nicht zulassen, dass Du in den Schmutz ziehst, woran ich glaube!“
    „Nein, so habe ich das nicht gemeint. Bitte entschuldige. Das war eine sehr dumme Bemerkung von mir. Tut mir leid. In Ordnung?“
    Sie versuchte, ihrer Freundin in die Augen zu schauen, doch diese schaute mit grimmigem Gesicht zur Seite und verschränkte die Arme.
    „Hey, ich werde es wieder gutmachen. Wenn Ihr noch ein bisschen hier bleibt, mache ich Euch ein Essen. Und dann darfst Du soviel über meine Jagd- und Kochkünste herziehen, wie Du willst, ja?“
    Sie tippte Zela vorsichtig an und als diese dann zu ihr her sah, setzte sie einen so treuherzigen Blick auf, dass Zela gegen ihren Willen schmunzeln musste.
    „Also gut, Du kleines Biest. Aber sag so etwas bitte nicht noch mal.“
    „Und Du nennst mich klein, Du Rotschopf?“ Tatsächlich war sie eine Handbreit kleiner als ihre Freundin. „Na gut, ich will das noch mal durchgehen lassen. Also, wollt Ihr hier warten, bis ich uns etwas zum Essen besorgt habe?“
    Zela und Koras sahen sich an, dann nickten beide.
    „Fabelhaft. Dann macht Euch auf ein paar Leckerbissen gefasst.“
    +
    Ganz so lecker wurde es dann doch nicht, weil Shanera ein etwas älteres Grauhörnchen erwischt hatte und die Kräuter und Beeren zum Würzen nicht wirklich die Passenden waren. So durfte sie sich eine Menge Sticheleien von Zela anhören, aber sie trug es mit Fassung, weil sie ein schlechtes Gewissen wegen ihrer unbedachten Äußerung von vorher hatte.
    Tatsächlich war sie der Meinung, dass es im Tempel zu viele Leute gab, die ihre Zeit zu einem guten Teil mit unwichtigen Dingen verschwendeten. Sie trugen nicht so viel zu der von ihnen immer wieder beschworenen Gemeinschaft bei, wie sie gekonnt hätten. Aber sie wollte nicht mit Zela streiten und ihr Vorwürfe machen. Ihre Freundin hatte gute Absichten und war nicht darauf aus, sich auf Kosten der anderen ein gutes Leben zu machen, sondern sie wollte der Gemeinschaft dienen und die Götter ehren.
    Das Letztere wollte sie auch und es beunruhigte sie nicht wenig, dass sie mit ihren Handlungen vielleicht einen Schritt zu weit vom geraden Weg abwich. Sie hätte kein Problem damit, sich vor den Ältesten oder den anderen Dorfbewohnern zu rechtfertigen. Wenn sie jedoch eines Tages vor die Höheren treten musste, dann war das schon etwas anderes. Sie glaubte, das Richtige zu tun, aber sie war sich nicht sicher. Keiner konnte wissen, was die Götter für Absichten hatten. Diejenigen Templer, die behaupteten, es zu wissen, hätten ihr Vorhaben jedenfalls nicht gut geheißen, soviel war klar.
    Sie konnte nur auf das eine oder andere kleine Zeichen hoffen, um herauszufinden, ob sie auf Abwegen war oder nicht. Der kleine türkisfarbene Falter gestern war durchaus ermutigend gewesen. Wenngleich man solche Dinge immer auf zwei Arten interpretieren konnte. Ein Falter hatte zum Beispiel kein sehr langes Leben.

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