Shanera (German Edition)
ja auch.“
„Tja, nur ob man mir glaubt, ist eine andere Frage. Shanera, willst Du nicht doch noch einmal zurückkommen und dem Dorf eine Chance geben? Wenn Du gute Argumente hast, wirst Du auch etwas verändern können.“
„Das glaube ich nicht. Und ich behaupte ja auch gar nicht, dass meine Argumente so gut sind, dass alle anderen ihnen sofort folgen müssen. Ich möchte für mich selbst entscheiden, und ich möchte soviel lernen, wie ich kann. Falls ich dann feststelle, dass ich etwas für unser Dorf tun kann oder auch, dass ich total falsch lag, dann werde ich vielleicht zurückkommen. Aber ich habe nicht die geringste Lust, zuerst auf eine Billigung der Ältesten für mein kleines Unternehmen zu warten, denn dann bin ich im nächsten Sonnenzyklus immer noch nicht weiter.“
„Aber …“
„Erinnerst Du Dich noch an letzten Sommer? Als ich es gewagt hatte, Kritik zu äußern und ein paar Vorschläge zum Verfahren unserer Beschlussfassung zu machen?“
Das hatte ihr zwei Tage in der Bußhöhle eingebracht, um über ihren Platz in der Gemeinschaft nachzudenken. Auch wenn es keine schwere Strafe gewesen war, so war es doch eine demütigende Erfahrung, plötzlich wie eine Diebin oder sonstige Übeltäterin behandelt und für zwei Tage entmündigt und eingesperrt zu werden. Danach war sie vorsichtig geworden mit ihren Äußerungen.
Zela verzog das Gesicht. Sie hatte damals versucht, Shanera zu trösten und zu beruhigen, weil sie gesehen hatte, wie nahe dieser die Erfahrung gegangen war.
„Ja, ich weiß. Das war nicht richtig von den Ältesten. Und trotzdem … ich denke immer noch, sie haben recht, was den Wert unserer Gemeinschaft angeht. Du darfst sie nicht einfach so verlassen. Du hast eine Verpflichtung nicht nur für Deine eigene Versorgung, sondern auch gegenüber denjenigen Dorfbewohnern, die nicht selbst für ihre Nahrung sorgen können oder die andere Aufgaben wahrnehmen müssen.“
„Ich sehe das anders. Wenn sie wollen, dass ich für sie arbeite, dann sollen sie mir auch ein Mitspracherecht geben. Und das werden sie nicht tun, das weißt Du genauso gut wie ich.“ Shanera schüttelte den Kopf. „Hör zu, wir können hier reden, bis wir blau anlaufen, aber ich werde nicht freiwillig mit Euch zurückkommen. Wenn Ihr mich zurückbringen möchtet, dann müsst Ihr mich schon fesseln und zurücktragen. Falls Ihr das tun wollt, dann bitte! Ich werde mich nicht wehren, denn ich will nicht mit Euch kämpfen.“
Sie hielt Ihnen ihre gekreuzten Hände hin.
„Entscheide Dich, Zela.“
Zela seufzte. Sie kam näher, berührte erst vorsichtig Shaneras Hände, nahm dann ihre Handgelenke und löste die Überkreuzung auf.
„Shanera. Du weißt, dass ich so etwas nicht tun werde.“
Sie blickte sich zu Koras um. Ihr Begleiter, der den ganzen Disput aufmerksam verfolgt hatte, stellte sich hinter sie.
„Ich weiß allerdings nicht, wie es jetzt weitergeht.“, fuhr sie fort. „Was sollen wir denn nun den Ältesten erzählen?“
Die beiden jungen Frauen sahen sich forschend an. Shanera breitete die Arme aus. Zela lächelte und die beiden umarmten sich, nun wieder Freundinnen.
„Es gibt auch noch eine andere Möglichkeit. Niemand kann Euch zwingen, wieder zurückzugehen und Euch Ärger aufzuhalsen, oder?“
„Was soll das bedeuten? Sollen wir etwa auch abhauen?“
„Es geht nicht ums Abhauen, sondern darum, Deinen Horizont zu erweitern. Ich mache Euch einen Vorschlag: Ihr könnt mich bis zu meinem ersten Ziel begleiten, einem Aussichtspunkt auf die Zentralebene. Es ist eine Art Vorberg der Großen Wand, auf jeden Fall tiefer liegend als die Kante und vorgelagert.“ Sie deutete vage nach Südwesten. „Von dort soll man einen sehr guten Blick über das Tiefland und den Zentraldschungel haben. Es muss etwa drei Tage entfernt sein. Unterwegs können wir darüber reden, was ich über das Tiefland herausgefunden habe. Und von dort aus könnt Ihr Euch selbst umsehen. Wenn es Euch nicht gefällt, könnt Ihr immer noch umkehren und sagen, Ihr hättet mich so lange verfolgt.“
„Das klingt nach einer ziemlich unausgegorenen Idee, finde ich. Ist das alles, was Du Dir zum Ziel gesetzt hast? Einen Ausblick zu erreichen, von dem Du gerüchtehalber gehört hast?“
Shanera zog eine Schnute.
„Tut mir leid, aber das ist mein Plan. Wenn wir im Dorf vernünftige Informationen hätten, dann könnte ich Dir Genaueres sagen.“
„Außerdem glaube ich das einfach nicht. Wir kommen, um Dich zurückzuholen, und
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