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Shanera (German Edition)

Shanera (German Edition)

Titel: Shanera (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Schön
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sich, dann verzog sie das Gesicht. „Aua. Du hast spitze Krallen, weißt Du das?“
    Zela und Koras näherten sich, dem Vogel ungläubige Blicke zuwerfend. Besonders Zela machte große Augen.
    „Das ist wirklich erstaunlich. Die meisten Templer würden eine Menge geben für eine solche Begegnung, das ist Dir doch klar?“
    „Ich kann es mir vorstellen. Vielleicht sollten sie einfach mal hierherkommen.“
    „Ich schätze, das heißt dann, dass wir weitergehen.“, meldete sich Koras. „Trotzdem wäre es mir lieber, ich wüsste, wie lange wir noch durch dieses Eistal laufen müssen.“
    „Wir laufen nicht durch das Tal, sondern nur an seinem äußersten Rand entlang.“, korrigierte Shanera. Windbote knabberte versuchsweise an ihrem Ohr und sie schüttelte vorsichtig den Kopf, bis er aufhörte.
    „Das reicht auch schon.“
    „Jedenfalls habe ich den Eindruck, dass der Hang langsam flacher wird. Lange kann es nicht mehr dauern. Es würde mich auch wundern, wenn die Beschreibungen in den Schriften so weit danebenliegen.“
    „Nun gut, wir werden ja sehen. Aber wenn bis Mittag kein Weg aus dem Tal erkennbar ist, dann sollten wir prüfen, ob wir nicht doch über die Felsen auf die Südseite absteigen können.“
    „Ich denke nicht, dass das nötig sein wird. Lass uns weitergehen.“
    Als sie wieder auf dem Weg waren, stieß Windbote sich kraftvoll von Shaneras Schulter ab und erhob sich in die Lüfte. Langsam kreisend und auf den Windströmungen gleitend, begleitete er ihren Marsch. Obwohl sie jeden Moment damit rechneten, dass er das Interesse verlieren und einfach wegfliegen würde, geschah dies nicht. Nur einmal stieß er ins Tal hinunter und kam mit einem kleinen Beutetier zurück, das er in der Luft verschlang.
    Shanera betrachtete ihn mit einer Mischung aus Ehrfurcht, Bewunderung und Stolz. Der Vogel hatte sie als seine Begleiterin ausgewählt und auch wenn er wahrscheinlich nicht sehr lange bleiben würde, so war dies doch etwas sehr Spezielles, ein mehr als ungewöhnlicher Kontakt. Sie hatte den Verdacht, dass dies mehr zu bedeuten haben musste, als nur ein Zeichen für ihren Weitermarsch zu sein.
    Wie erhofft, begann sich die Bergschulter zu ihrer Linken tatsächlich nach einiger Zeit zu senken und wenig später öffnete sich ein Pass zu einem weiten, kargen Abhang Richtung Süden. Dort lag nur vereinzelt Schnee und weiter unten, von vorbei treibenden Nebelfetzen verdeckt, tauchten zwischen Felsen und Geröll auch einige bewachsene Flecken Erde auf.
    „Den Göttern sei Dank.“, murmelte Zela. „Ich hatte schon Angst, dieses Schneetal würde nie enden. Und ehrlich gesagt graut es mir vor dem Rückweg.“
    „Bist Du Dir so sicher, dass Du bald wieder zurückgehen willst?“
    Ja, war sie sich sicher? Gestern Abend wäre die Antwort noch ein klares Ja gewesen. Sie hatte sich gefragt, warum sie diese Strapazen überhaupt auf sich nahm. Zumindest hatte sie sich das in den kurzen Zeiträumen gefragt, in denen sie noch einen klaren Gedanken fassen konnte.
    Aber heute sah die Welt schon wieder anders aus. Sie hatte den anstrengenden Marsch bisher recht gut überstanden. Und dann war da natürlich Windbote. Ein besseres Zeichen konnte es kaum geben und als Dienerin des Tempels konnte sie es nicht einfach ignorieren. Nicht zuletzt war ihre Neugier geweckt worden. Sie hatte in den vergangenen drei Tagen mehr gesehen als während ihrer gesamten bisherigen Templerausbildung. Abgesehen von der imposanten Natur gab es da auch noch dieses merkwürdige Wesen der Lüfte, das sie gestern beobachtet hatten.
    Jedenfalls konnte sie im Moment keine klare Antwort geben und so kniff sie missmutig die Lippen zusammen. Shanera leistete sich ein sehr feines Lächeln, setzte aber schnell wieder eine ernste Miene auf.
    „Wie auch immer, ich schlage vor, wenn wir da unten bei den Bäumen sind, machen wir Rast, ein Feuer und etwas Richtiges zu essen. Wer ist dagegen?“
    Die anderen sahen sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    „Dann ist ja alles klar. Also vorwärts!“
    +
    Hangabwärts ging es schnell, und einen guten Sandlauf später knisterte an ihrem Rastplatz, am Rande einer Baumgruppe, ein kleines Feuer aus unterwegs aufgesammelten Ästen. Endlich konnten sie sich wieder einmal ein wenig aufwärmen und aus den Resten ihrer Vorräte eine warme Suppe zubereiten. Windbote hatte bei ihrem Abstieg zunächst über der Passhöhe gekreist und Shanera hatte schon befürchtet, er würde ins Tal zurückfliegen und sie verlassen. Doch

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