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Shanera (German Edition)

Shanera (German Edition)

Titel: Shanera (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Schön
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geflügelten Raubtiere wahrzunehmen, doch er konnte sich auch irren. Schließlich nickte er ein, wirre Träume verfolgten ihn bis zum grauen Morgen.
    *

Tag 9
    Als Koras aufwachte, saß Windbote auf einem Ast nur ein paar Schritte von ihm entfernt und starrte ihn an. Er rührte sich nicht und Koras spürte, wie ihm die Haare zu Berge standen. Dieser Vogel war nicht normal. Wer wusste schon, was er im Schilde führte? Langsam erhob er sich, packte seine Decke und schob sich zurück zu dem Gang, aus dem er gekommen war, ohne das Tier aus den Augen lassen zu wollen. Er stieg in die etwas erhöht liegende Türöffnung. Als er sich noch mal umdrehte, war der Vogel verschwunden.
    +
    „Zela, willst Du diesmal die Verbände wechseln? Es kann nicht schaden, wenn Du etwas Erfahrung bekommst. In der Theorie kennst Du Dich ja aus.“
    „Äh … ja gut. Wenn Du meinst.“ Sie wusch sich die Hände und machte sich an die Arbeit, Shaneras skeptische Blicke geflissentlich ignorierend. Koras aufmunterndes Nicken hingegen erfreute sie. Er war wirklich nett zu ihr, und das, obwohl sie in den letzten Tagen keine so gute Figur gemacht hatte.
    „Der Arm sieht wieder ganz gut aus, was meinst Du, Koras?“, fragte Zela, nachdem sie die Binden abgenommen hatte.
    „Ja. Kein Vergleich zu gestern.“
    „Puh. Erinnere mich nicht daran.“
    „Du machst mir Spaß.“, beschwerte sich Shanera. „Schließlich bin ich es, die hier leiden muss.“
    „Ja, Du hast natürlich recht. Wir haben auch beide ganz viel Mitleid mit Dir.“ Zela strich Shanera besänftigend über die Haare. „Stimmt’s, Koras?“
    „Klar doch.“
    „Na, ich weiß nicht …“ Die Patientin setzte einen schmollenden Blick auf. „Jedenfalls bin ich heilfroh, wenn diese Verbände weg sind. Ihr könnt Euch kaum vorstellen, wie das juckt.“
    „Kann sein. Aber kratzen ist nicht, klar?“, sagte Koras streng. „Sonst geht das wieder von vorne los. Ich habe keine Lust, hier noch länger herum zu sitzen.“
    „Ich auch nicht.“, stimmte Zela ein. „Je eher wir hier wegkommen, desto besser. Ich glaube, es hat einen guten Grund, dass dieser Ort verlassen ist. Wenn Du die Leute da unten in den Gewölben gesehen hättest …“
    „Ganz viel Mitleid habe ich mir aber anders vorgestellt.“ Shanera hielt Zela den Arm hin, damit diese den neuen Verband anlegen konnte. „Dann erzählt mir wenigstens was über diese Leute. Was glaubt Ihr, woran sie gestorben sind?“
    Zela zögerte. Dieses Thema war ihr äußerst unangenehm. Auch Koras schwieg zunächst, doch dann rang er sich zu einer Einschätzung durch.
    „Sie hatten keine Verwundungen, soweit ich es sehen konnte. Es war recht dunkel, und wir sind nicht nah hingegangen. Entweder … sind sie verhungert, oder sie waren krank, vielleicht auch vergiftet.“
    „Hm. Aber warum saßen sie da? Warum waren sie nicht in einem Krankenlager? Irgendwo auf einer Schlafstätte oder zumindest einem Wohnraum? Glaubst Du, sie haben da im Keller gelebt?“
    „Ich weiß nicht. Spielt das denn eine Rolle?“, fragte Koras.
    „Erstens sind wir unterwegs, um etwas zu lernen.“, erklärte Shanera. „Und zweitens finde ich schon, dass es eine Rolle spielt. Wenn sie vergiftet waren oder krank geworden sind, dann betrifft uns das vielleicht auch.“
    „Na toll.“, kommentierte Zela. „Ich sage ja, dass wir hier weg sollen.“
    Shanera dachte darüber nach, denn langsam wurde auch ihr unbehaglich zumute. Dieser Ort brachte nichts Gutes. Irgendein Unglück lag über ihm. Es half wohl nichts, sie mussten weiter, wenn sie keine unabschätzbaren Risiken eingehen wollten.
    „Also gut. Vielleicht ist hier wirklich nicht der beste Ort zum Verweilen. Ich denke, morgen bin ich soweit, dass wir ein bisschen weiter ziehen können. Wir schlagen dann ein neues Lager irgendwo unten im Wald auf. Ist zwar nicht so schön trocken wie hier, aber es wird schon gehen.“
    *

Tag 10
    Ein gutes Stück bergab durch den Wald hatten sie einen Felsüberhang gefunden, der einigermaßen Schutz vor den nun sporadisch auftretenden Regenfällen bot. Während Shanera sich von dem für sie noch recht anstrengenden Marsch ausruhte und nebenbei versuchte, einige Gedanken niederzuschreiben, streiften Zela und Koras im näheren Umkreis durch den Wald. Sie wollten die Essenvorräte auffüllen, doch Shanera hatte den Verdacht, dass sie auch gerne mal ein paar Sandläufe zu zweit waren.
    Irgendwie war sie nicht sehr glücklich bei dieser Vorstellung. Sie kam sich ausgeschlossen

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