Shanera (German Edition)
Worte, leise ausgesprochen, in der Stille des Raumes vergehend. Das Aufsagen der alten Litanei hatte etwas Beruhigendes.
Am Ende verbeugte sie sich mit gekreuzten Händen vor den Toten und auch Koras tat es ihr nach. Schweigend gingen sie durch den Raum und schlichen weiter, immer Richtung Süden, ohne sich umzudrehen. Keiner der beiden hatte die Leichen näher in Augenschein genommen, und so blieb das Leben und Sterben dieses Ortes weiter ein Geheimnis.
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Endlich, nach einer langen, unbehaglichen Wanderung durch die Tiefen, sahen sie wieder etwas helleres Licht vor sich. Der Gang war am Ende weggebrochen, ganz ähnlich wie der andere gestern. Draußen regnete es, ein gleichmäßiges Rauschen und Prasseln. Kühle, feuchte Luft zog herein. Koras hatte inzwischen ein Gefühl für die Anlage dieses Ortes bekommen, und so dauerte es nicht lange, bis sie den Weg nach oben gefunden hatten, hin zu der Kuppel, in der er Shanera zurückgelassen hatte.
Zela zögerte vor dem Eingang. Sie spähte in den Raum hinein, wo Koras bereits ein paar Worte mit der am Boden auf ihren Decken sitzenden Shanera wechselte. Jetzt sahen beide in ihre Richtung. Langsam ging sie hinein, sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Koras trat einige Schritte zurück und sie konnte Shanera besser sehen, Verbände an Armen und Beinen und ziemlich viele Abschürfungen an der noch sichtbaren Haut.
Sie blickten sich an, ein stummer Dialog. Enttäuschung und Verständnis auf der einen Seite, Scham und Trotz auf der anderen. Unsicherheit und Ratlosigkeit folgten. Zela setzte sich neben ihre Freundin auf das Lager. Vorsichtig berührte sie Shaneras Verband am linken Arm, zupfte ihn ein wenig zurecht, strich sanft über die unverbundene und heile Haut daneben.
„Es tut mir leid, Shanera. Ich bin so froh, dass Dir nicht mehr passiert ist …“ Sie wollte noch mehr sagen, aber was brachten schon viele Worte? Niedergeschlagen ließ sie den Kopf hängen.
„Zela …“ Shanera hatte zwar wegen Zelas Verhalten zumindest Unverständnis äußern wollen, aber als sie ihre Freundin jetzt sah, brachte sie es nicht über sich. Wer war sie denn, über andere zu urteilen? Vielleicht hätte sie es ja selbst nicht besser gemacht. „Ist schon gut, Zela. Es war halb so schlimm. In ein paar Tagen bin ich wieder fit.“
„Das ist gut …“ Sie streichelte Shaneras Hand. Schweigend saßen sie eine Weile nebeneinander, bis Zela wieder das Wort ergriff.
„Ich nehme an, wir bleiben so lange hier, oder?“
„Ist wohl am besten. Ich weiß, Du bist nicht gerne hier, aber so schlimm es es nicht, oder?“
Zela schluckte, zögerte aber, etwas zu sagen. Sie wollte sich jetzt nicht auch noch durch Beschwerden unbeliebt machen. Koras sprang für sie ein.
„Wir haben eine Gruppe von Toten gefunden, auf dem Rückweg hierher. Ziemlich tief unten in den Gewölben. Sie saßen einfach da, als wären sie eingeschlafen. Unheimlich.“
„Oh …“ Shanera brauchte einen Moment, um das zu verdauen. „Und warum wart Ihr soweit unten?“
„Vorher sind wir von diesen hässlichen Flugtieren angegriffen worden. Wir mussten flüchten. Tja, insgesamt war es kein so toller Ausflug, schätze ich.“
„Na ja, wenigstens hast Du Zela wiedergefunden und Euch geht’s gut. Das ist doch schon mal nicht schlecht.“ Sie überlegte. Es war klar gewesen, dass die ehemaligen Bewohner dieses Ortes irgendwo geblieben sein mussten, aber der tatsächliche Fund von unbestatteten Leichen war doch etwas anderes. Wie waren sie gestorben? Hatten ihre Seelen Frieden gefunden? Es gab hier mehr Unsicherheiten und mögliche Gefahren, als ihr lieb war. Trotzdem wollte sie jetzt nicht weitergehen. Sie war noch ziemlich schlapp und das Wetter nicht gerade gut.
„Es tut mir leid, aber ich fühle mich noch nicht danach, aufzubrechen. Wir müssen hoffen, dass wir hier ganz am Rande des Gebiets von irgendwelchen Heimsuchungen verschont bleiben.“
„Ist kein Problem, Shanera.“, sagte Zela und versuchte, eine fröhliche Miene aufzusetzen. „Jetzt gib mir Deine Leggins und leg Dich wieder hin, ich mach das schon. Du solltest Dich ausruhen.“
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„Hmm.“
Koras kauerte neben Shanera am Boden, als Zela gerade von einem Ausflug auf der Suche nach mehr Holz und anderem Brennbaren in die Kuppel zurückgekehrt war. Es begann schon langsam wieder dunkler zu werden, aber ihr Feuer brannte und Zela legte etwas Brennmaterial nach.
„Ich mag es nicht, wie Du das Wort ,Hmm‘ sagst.“
„Diese Wunde hier an
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