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Shanera (German Edition)

Shanera (German Edition)

Titel: Shanera (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Schön
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Männer in grauer, weiter Kleidung.
    Es war ein beeindruckender Ort. Die langen Wände bildeten eine Art Dreieck, waren aber nach außen gebogen, so dass die Ecken stumpf waren und viel Platz geschaffen wurde. Schlanke säulenartige Strukturen waren überall ineinander verschachtelt und gebündelt und bildeten emporstrebende Wände und Pfeiler, die in eine hohe, kuppelartige Decke mündeten. Filigran verzierte Dachfenster und versteckte Leuchtkörper schufen ein geheimnisvolles Spiel aus Licht und Schatten und erzeugten eine feierliche, Ehrfurcht einflößende Stimmung.
    Zela ging staunend mit ihren Wächtern durch den Raum bis zur Mitte, wo, von einigen verzierten Barrieren lose umzäunt, ein runder, metallener Tisch stand, um den sich nun alle versammelten. Sitzgelegenheiten gab es keine. Auf dem Tisch lagen einige mit Leder eingebundene Schriftsammlungen, eine davon aufgeschlagen. Zela schielte hinüber und versuchte, etwas zu erkennen. Das Schriftbild kam ihr bekannt vor.
    Doch sie wurde unterbrochen. Einer der Männer, er war sicher einer der ältesten Anwesenden, richtete das Wort an sie und begann, mit ernster Stimme etwas vorzutragen. Als er fertig war, richteten sich alle Blicke auf sie.
    Zela wurde immer unbehaglicher zumute. Was sollte sie tun, wenn keiner sie verstand? „Ich spreche leider Eure Sprache nicht.“, sagte sie und versuchte, zu lächeln. „Ich bin Zela von den Kintari. Kann einer von Euch mich verstehen?“
    Die anderen starrten sie an. Niemand regte sich. Zela blickte ratlos umher und ihr Blick fiel wieder auf die Schriften. Es sah aus wie …
    „Darf ich einmal einen Blick dort hinein werfen?“, fragte sie und verdeutlichte ihre Absicht, in dem sie auf das Buch zeigte. Dieses Ansinnen löste Erstaunen und eine gedämpfte Diskussion unter den Flussleuten aus. Schließlich nahm einer der Männer die offene Schrift sehr vorsichtig auf, trug sie um den Tisch herum und legte sie mit gleicher Sorgfalt vor Zela auf den Tisch. Ihre beiden Wächter verstärkten den Griff um ihre Arme, ließen sie aber nah genug heran, um in die Schrift hinein zu schauen.
    Ein kurzer Blick genügte, und Zela fand ihren Verdacht bestätigt. Hier wurden die religiösen Schriftzeichen verwendet, die es auch bei den Kintari gab! Und nicht nur das, auch die Inhalte schienen sich weitgehend zu ähneln. Die zeremonielle Sprache wurde nur im Tempel gelehrt und für religiöse Belange in Schrift und Wort eingesetzt. Sie war nicht leicht zu lernen, aber Zela hatte gute Fortschritte gemacht.
    Sie begann den ersten Absatz laut zu lesen: „Die Allmacht des Göttlichen … umgibt uns. Sie lehrt uns, immer nach dem rechten Weg zu suchen. Allein das Göttliche ist wichtig, um … den Frieden der Seele zu finden. Das Weltliche ist vergänglich.“
    Als sie aufblickte, fand sie überraschte Blicke auf sich gerichtet. Bevor sie noch etwas sagen konnte, ergriff der alte Mann, der vorhin schon gesprochen hatte, wieder das Wort. Diesmal verwendete auch er die zeremonielle Sprache.
    „Du sprichst die göttliche Sprache. Dies ist in der Tat eine Überraschung.“
    „Diese Sprache wird bei uns im Tempel gelehrt. Ich bitte um Verzeihung, aber die … andere Sprache verstehe ich nicht.“
    Der Alte nickte. „Wir werden diese Sprache sprechen, obwohl nicht alle hier sie sehr gut verstehen. Es wird aber gehen.“ Die anderen am Tisch nickten, obwohl einige etwas unbehaglich dreinschauten.
    „Du musst wissen, dass Du ohne Erlaubnis in unser Gebiet eingedrungen bist.“ Er wehrte ab, als Zela etwas entgegnen wollte. „Dazu kommen wir später. Wie heißt Du?“
    „Ich bin Zela von den Kintari.“, wiederholte sie.
    „Zela. Von den Kintari ist uns nicht viel bekannt. Wo lebt Ihr?“
    Die Befragte zögerte kurz, aber sie hatte das Gefühl, dass ihr Gegenüber so weit schon informiert war und sie auf die Probe stellen wollte.
    „Unser Dorf ist weit im Norden, an der Großen Wand.“
    Der Alte nicke. „Und warum habt Ihr diese weite Reise auf Euch genommen?“
    „Wir sind hierher gekommen, um das Land zu erkunden und um zu lernen. Wir wussten nicht, dass dies Euer Gebiet ist.“
    „Es ist niemandem gestattet, den Fluss vor unserer Stadt ohne unsere Erlaubnis zu befahren. Dies ist das Gebiet unseres Volkes.“
    Zela fühlte neues Unbehagen in sich aufsteigen. „Wir wollten nicht …“
    Der Alte unterbrach sie wieder. „Wir können nicht zulassen, dass unsere Rechte ungesühnt verletzt werden.“ Einige der neben ihm stehenden nickten.

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