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Shanera (German Edition)

Shanera (German Edition)

Titel: Shanera (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Schön
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Rechtsprechung jetzt nicht mehr so wichtig zu sein. Was sollte sie tun? Eigentlich war es ihr ja sogar ein Anliegen, für die Botschaft der Götter zu sprechen, schließlich war sie ein Mitglied des Tempels – wenn auch noch in Ausbildung. Sie hätte sich sogar gefreut, neue und interessierte Zuhörer zu finden.
    Aber der Alte und seine Leute waren ihr zutiefst unsympathisch. Auch wenn sie aus ihrer harten Templerausbildung und der autoritären Führung des Dorfes einiges gewohnt war, so schien das doch etwas anderes. Ihre Ausbildung machte sie freiwillig und die Siedlung musste ihr Überleben sichern und hatte nicht viel Zeit für Diskussionen. Zumindest gab es jedoch einen Rat der Ältesten und Entscheidungen wurden nicht willkürlich gefällt. Und es wäre doch wohl keinem eingefallen, harmlose Reisende so zu behandeln, wie es hier geschah?
    Diese Leute konnten nichts Gutes im Schilde führen. Warum würden sie sie sonst bedrohen und erpressen? Dass die Botschaft der Götter offenbar nicht vom ganzen Flussvolk gehört wurde – das war kein Wunder, wenn sie von solchen Predigern vorgetragen wurde.
    Oder lag es vielleicht an dem langen Weg, den sie hinter sich gebracht hatten? Hatte sie sich dabei an eine Freiheit gewöhnt, die nicht ewig dauern konnte?
    „Wenn ich Euch helfen soll“, antwortete sie schließlich, mit allem Mut, den sie aufbringen konnte, „warum macht Ihr mir dann Angst? Ich habe Euch nichts getan, und Ihr droht mir! Wie kann ich so annehmen, dass Ihr die Richtigen seid, den wahren Glauben zu verbreiten?“
    „Niemand droht Dir.“, sagte der Alte in wegwerfendem Tonfall.
    Der zweite Berater schaltete sich ein. „Wir haben die Gesetze nicht gemacht. Es waren unsere Vorfahren, und sie hatten gute Gründe dafür. Unser Volk lebt in einer gefährlichen Umgebung mit vielen Feinden. Ohne strenge Vorschriften können wir nicht existieren, nicht auf Dauer jedenfalls. Das Gesetz verlangt, dass Eindringlinge bestraft werden. Ausnahmen kann es nicht geben – sonst verlören die Gesetze ihre Wirkung.“
    „Aber …“, wagte Zela einzuwerfen.
    „Aber!“, nahm ihr der Berater das Wort aus dem Mund. „Aber wenn Du Deine Strafe sozusagen als Dienst an der Gemeinschaft ableistest, wie es der ehrwürdige Alnidas vorgeschlagen hat, dann können wir das zu Deinen Gunsten werten.“
    Zela war mehr und mehr verunsichert. Waren die Gesetze hier wirklich so streng? Und hatte ihre Kenntnis der religiösen Sprache als Abkömmling eines fremden Volkes ihr eine Möglichkeit eröffnet, die andere Gesetzesbrecher nicht hatten? Oder spielte man ein böses Spiel mit ihr?
    „Du wirst das sicher verstehen.“, erläuterte der Bärtige. „Wir alle müssen uns an die Gesetze halten. Mit dieser Unterredung gehen wir schon an die Grenze des Zulässigen, immerhin stehst Du unter öffentlicher Anklage. Aber wir haben hier eine Chance gesehen, aus dieser Situation etwas Gutes zu machen.“
    „Du musst Dich entscheiden.“, konstatierte der Alte, der wohl Alnidas sein musste.
    Die drei Männer starrten sie an. Zela wollte nur noch weg aus diesem Raum. Und auf keinen Fall zurück in die enge, dunkle Zelle, weggesperrt und allein.
    „Ja gut.“, antwortete sie mit leiser Stimme. „Ich werde über die göttlichen Lehren sprechen, wenn Ihr es wollt.“ Es war schließlich nichts Schlimmes dabei, die Worte der Götter zu verkünden. Sie hoffte, dass auch nichts Schlimmes daraus entstehen konnte.
    +
    Koras war ratlos. Er verstand die beiden Flussleute nicht und sie ihn nicht. Weder bei Sprache noch Schrift fanden sie Gemeinsamkeiten und Zeichen und Bilder führten auch nicht viel weiter. Er fragte sich, ob man ihn überhaupt verhören oder nur ein wenig ärgern wollte, so offensichtlich sinnlos schien ihm das Ganze. Immerhin machten die zwei Männer einen weitgehend friedfertigen Eindruck und der Wachposten stand nur schweigend in der Ecke.
    Es kam ihm wie mindestens ein Sandlauf vor, den sie nun zusammen in dem kahlen Raum saßen, in den man ihn geführt hatte. Er sah nicht viel anders aus als seine Zelle, nur größer und es schien etwas mehr Licht durch eine Deckenöffnung herein.
    Die beiden Männer konnte er nicht recht einordnen. Sie diskutierten immer wieder untereinander und verrieten durch ihre Mimik und Gestik, dass sie ähnlich ratlos wie er selbst waren. Trotzdem wurden sie nie laut und machten auch sonst einen recht gesitteten und durchaus intelligenten Eindruck. Fast tat es ihm leid, dass er ihnen nicht

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