Shannara I
für die Männer lief ab. Von Allanon war nichts zu sehen, und die Gnome würden Verstärkung auf den Weg geschickt haben, um das Schwert von Shannara zu schützen, wenn es wirklich in der Kammer lag, die mit solcher Verzweiflung verteidigt wurde.
Dann stürmte Balinor plötzlich zur anderen Seite der Halle und riß eine hohe Steinsäule um, auf der eine metallene Urne befestigt war. Säule und Urne stürzten unter ohrenbetäubendem Krachen zu Boden, und das Echo hallte durch das Bauwerk. Der Stein hätte zersplittern müssen, aber die Säule blieb ganz. Mit Höndels Hilfe rollte Balinor den runden Rammbock zum Kampfkeil der Gnome und den verschlossenen Türen der Kammer dahinter. Die schwere Säule wurde mit jeder Umdrehung schneller und donnerte auf die hilflosen Wachen zu. Einen Augenblick lang zögerten die drahtigen, gelben Gestalten, die kurzen Schwerter in Bereitschaft, während die tonnenschwere Säule auf sie zurollte. Dann stoben sie auseinander. Trotzdem waren manche nicht schnell genug. Sie wurden erfaßt von der riesigen Walze, die in einem Regen von Stein- und Holzsplittern an die verschlossenen Türen krachte. Die Türen wankten und bogen sich unter dem Anstoß, das Holz knirschte, die Eisenbänder platzten, aber auf irgendeine Weise hielten die Türen dem Anprall doch noch stand. Einen Augenblick später jedoch sprangen sie auf, als das schwere Gewicht Balinors dagegenprallte, und die fünf Männer stürmten in den Raum, um das Schwert von Shannara an sich zu reißen.
Zu ihrer Entgeisterung war der Raum leer. Es gab hohe Fenster und lange, fließende Vorhänge, meisterhafte Gemälde an den Wänden und sogar ein paar kleine, reichgeschmückte Möbelstücke. Aber nirgends war eine Spur von dem begehrten Schwert zu sehen. Entsetzt und ungläubig blickten die fünf Männer sich um. Durin fiel erschöpft auf die Knie, geschwächt vom Blutverlust, einer Ohnmacht nahe. Dayel stürzte zu ihm und riß ein paar Stoffstreifen ab, um die offenen Wunden zu verbinden, dann half er seinem Bruder zu einem der Stühle, wo der Verwundete in sich zusammensank. Menion suchte die Wände nach einem anderen Ausgang ab. Balinor, der hin- und hergegangen war und den Marmorboden abgesucht hatte, stieß einen Laut aus. Ein Teil des Bodens, genau in der Mitte des Raumes, war verfärbt und zerschrundet, trotz eines schwachen Versuches zu verbergen, daß dort viele Jahre lang etwas Großes, Quadratisches gestanden haben mußte.
»Der Block aus Tre-Stein!« rief Menion.
»Aber wenn er weggeschafft worden ist, muß das erst vor kurzer Zeit gewesen sein«, meinte Balinor. »Weshalb haben die Gnome dann versucht, uns fernzuhalten…?«
»Vielleicht wußten sie nicht, daß er weggeschafft worden war«, sagte Menion.
»Vielleicht ein Ablenkungsmanöver?« sagte Höndel. »Aber warum damit Zeit verlieren, wenn nicht…?«
»Sie wollten uns hier beschäftigen, weil das Schwert noch in der Burg war und sie es noch nicht fortgeschafft hatten!« stieß Balinor erregt hervor. »Sie hatten keine Zeit gehabt, es wegzubringen, deshalb wollten sie uns hinhalten! Aber wo ist das Schwert jetzt - wer hat es?«
Die drei sahen einander bestürzt an. Hatte der Dämonen-Lord gewußt, daß die Männer im Anmarsch waren, wie der Schädelträger es am Feuerofen behauptet hatte? Wenn ihr Angriff überraschend gekommen war, was konnte aus dem Schwert geworden sein, seitdem Allanon es zuletzt in seiner Kammer gesehen hatte?
»Wartet!« sagte Durin mit schwacher Stimme und stand langsam auf. »Als ich die Treppe heraufkam, war an einer anderen Treppe zu hören, daß Leute heraufliefen.«
»Der Turm!« schrie Höndel und hetzte zur Tür. »Sie haben das Schwert im Turm eingeschlossen!«
Balinor und Menion stürmten dem Zwerg nach; die ganze Müdigkeit war vergessen. Das Schwert von Shannara lag noch immer in Reichweite. Durin und Dayel folgten ihnen langsamer, Durin noch immer geschwächt und gestützt auf seinen jüngeren Bruder, aber mit dem Glanz der Hoffnung im Blick. Nur Sekunden danach war die Kammer leer.
Flick raffte sich nach einigen Minuten Rast mühsam auf und entschied, daß ihm nichts anderes übrigblieb, als einfach einen der Tunnel auszuwählen und dort weiterzugehen, in der Hoffnung, er werde ihn zu einer Treppe führen, die den Zugang zur eigentlichen Festung erschloß. Er dachte kurz an die anderen, die irgendwo in den oberen Gängen waren, vielleicht das Schwert schon im Besitz hatten. Sie konnten nichts wissen von Allanons Sturz
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