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Shannara I

Titel: Shannara I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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angstvollen Fragen. Der Prinz beantwortete sie knapp und klar und versuchte ihnen zu erklären, daß die Nordland-Armee wirklich so übermächtig war, wie er es dargestellt hatte, und an einem Angriff nicht zu zweifeln sei. Der Aufruhr legte sich schließlich, und man sprach besonnener über die noch bestehenden Möglichkeiten. Einige Räte glaubten, die Stadt könne verteidigt werden, bis Palance Buckhannah mit der Grenzlegion von Tyrsis her anrücke, aber die meisten waren der Ansicht, daß die Invasionsarmee die Insel leicht erstürmen könne, sobald der Regen aufhörte, was jeden Tag der Fall sein mochte. Menion hörte schweigend zu, als der Rat zu einer Entscheidung zu kommen versuchte. Schließlich wandte sich der grauhaarige Mann mit dem geröteten Gesicht, den Shirl als ihren Vater vorgestellt hatte, an ihn und zog ihn beiseite, während die anderen weiterdiskutierten.
    »Habt Ihr Balinor gesehen, junger Mann? Wißt Ihr, wo er zu finden ist?«
    »Er hätte schon vor Tagen in Tyrsis sein müssen«, erwiderte Menion besorgt. »Er wollte die Grenzlegion mobilisieren. Begleitet wurde er von zwei Vettern Eventine Elessedils.«
    Der Ältere runzelte die Stirn und schüttelte bedrückt den Kopf.
    »Prinz von Leah, ich muß Euch sagen, daß die Lage verzweifelter ist, als es den Anschein hat. Ruhl Buckhannah, der König von Callahorn, ist vor einigen Wochen schwer erkrankt, und sein Zustand scheint sich nicht zu bessern. Balinor war damals nicht in der Stadt, so daß der jüngere Bruder die Pflichten des Vaters übernahm. Er war zwar auch vorher schon ein schwankender Mensch, wirkte in letzter Zeit aber völlig unvernünftig. Zu seinen ersten Amtshandlungen gehörte, die Grenzlegion auf einen Bruchteil ihrer früheren Größe zu verringern.«
    »Wahnsinn!« entfuhr es Menion. »Was, im Namen…«
    »Er hielt sie für unnötig«, fuhr der andere schnell fort, »und ersetzte sie durch eine kleine Kompanie seiner eigenen Leute. Es ist nun so, daß er sich immer schon im Schatten seines Bruders stehend betrachtete, und die Grenzlegion war auf Anweisung des Königs Balinor unterstellt. Palance ging wohl davon aus, daß sie dem ältesten Sohn des Königs die Treue halten würde, nicht ihm, und er scheint nicht die Absicht zu haben, Balinor den Thron zu überlassen, sollte der König sterben. Das hat er ganz deutlich gezeigt. Die Befehlshaber der Grenzlegion und einige enge Mitarbeiter Balinors wurden ergriffen und eingesperrt - alles ganz heimlich, um das Volk nicht gegen Palance aufzubringen. Palance hat sich als einzigen Vertrauten und Berater einen Mann namens Stenmin gewählt, einen gefährlichen Mystiker und verschlagenen Gesellen, der seine eigenen Ziele verfolgt und nicht auf das Wohl des Volkes oder auch nur von Palance Buckhannah achtet. Ich sehe nicht, wie wir hoffen könnten, der Invasion zu begegnen, wenn unsere eigene Führung so unterminiert ist. Ich fürchte, daß wir den Prinzen nicht von der Gefahr überzeugen können, bis der Feind vor den offenen Toren steht!«
    »Dann ist Balinor in höchster Gefahr«, sagte Menion dumpf. »Er ist nach Tyrsis gegangen, ohne zu ahnen, daß sein Vater krank ist und sein Bruder die Herrschaft an sich gerissen hat. Wir müssen ihn sofort verständigen!«
    Die Ratsmitglieder waren aufgesprungen und schrien hitzig aufeinander ein. Shirls Vater eilte hinzu, aber es dauerte einige Minuten, bis es den bedächtigeren Räten gelang, die anderen zu beschwichtigen, damit die Diskussion in Ruhe fortgesetzt werden konnte. Menion hörte kurze Zeit zu, dann irrte seine Aufmerksamkeit ab, und er blickte hinüber zu den hohen Bogenfenstern. Es war nicht mehr so dunkel wie zuvor, und auch der Regen hatte weiter nachgelassen. Bis morgen würde er vermutlich ganz aufhören, und die jenseits des angeschwollenen Mermidon lagernde Streitmacht würde versuchen, überzusetzen. Am Ende würde ihnen das auch gelingen, selbst wenn die in Kern stationierten oder lebenden Soldaten, bei weitem in der Minderzahl, die Insel zu verteidigen versuchten. Ohne eine große, wohl organisierte Armee zum Schutz der Stadt würden die Menschen niedergemetzelt werden, und Kern mußte fallen. Er dachte an Allanon und fragte sich, was der einfallsreiche Druide an seiner Stelle nun tun würde. Die Lage sah nicht gut aus. Tyrsis wurde von einem irrationalen, ehrgeizigen Usurpator beherrscht. Kern war praktisch ohne Führung, die Meinung des Rates geteilt, und man diskutierte immer noch über Maßnahmen, die längst

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