Shannara I
der Grenze des Schädelreiches, der Heimat des Dämonen-Lords, erstreckte. Das Flachland endete im Norden an Felsmassen und gebirgigem Gratland, das in Stufen zu den dräuenden Gipfeln hinaufführte. Die ganze Weite, nackt, heiß und trist, war eingehüllt in unheimliche, tödliche Stille. Nichts regte sich, kein Wesen huschte vorbei, kein Insekt summte, kein Vogel flog, nicht einmal der Wind strich über die Staubschichten. Überall dieselbe trostlose Leere, unberührt von Leben, gezeichnet vom Tod. Die gewundenen Spuren Orl Fanes verschwanden in der Ferne. Es war, als habe das Land ihn verschluckt.
Die Verfolger blieben einige Minuten stehen, und auf ihren Gesichtern malte sich das Widerstreben, dieses unfreundliche Land zu betreten. Es blieb aber wenig Zeit, das Für und Wider zu erwägen. Sie setzten sich wieder in Bewegung. Die Zickzackfährte war in der gewellten Ebene auf größere Entfernung zu überblicken, und die drei Verfolger konnten es sich ersparen, jedem einzelnen Fußabdruck zu folgen. Sie kamen schnell voran. Nach einiger Zeit zeigte Keltset an, dass der Vorsprung des Fliehenden keine ganze Stunde mehr betrug. Die Dämmerung nahte aber rasch, und die Sonne tauchte unter einen zerrissenen Horizont im Westen. Das Zwielicht wurde noch verdüstert durch den allgegenwärtigen grauen Dunst, und das Gelände nahm verschwommene Umrisse an.
Die drei waren dem Gnomen in ein tiefes Tal gefolgt, das umstellt war von hohen Graten, überhängenden Felsen und schroffen Gesteinsformationen. Das verblassende Sonnenlicht verlor sich in den Schatten des dunklen Tales fast völlig, und Panamon Creel, der schon vor einiger Zeit die Führung übernommen hatte, musste die Augen anstrengen, um im Staub die Fußabdrücke noch erkennen zu können. Ihre Schritte verlangsamten sich, während Panamon sich immer tiefer zum Boden hinunterbücken musste. Panamon Creel war so gefesselt von seiner Suche, dass es beinahe wie ein Schock wirkte, als die Spur plötzlich aufhörte. Shea und Keltset standen augenblicklich neben ihm, und erst die genaue Untersuchung des Bodens ringsum verriet, dass jemand die Fährte des Gnomen sorgfältig verwischt hatte.
Im selben Augenblick lösten sich die riesigen schwarzen Erscheinungen aus den Schatten des Tales und tappten im düsteren Zwielicht schwerfällig vorwärts. Shea entdeckte sie als erster, glaubte jedoch zunächst, einer Sinnestäuschung zu erliegen. Panamon begriff schneller, was sich abspielte. Er sprang hoch, zog ein großes Breitschwert und hob die Pike. Er war im Begriff, den sich schließenden Ring durchbrechen zu wollen, aber Keltset handelte auf überraschende Weise. Er sprang vor und zog den erstaunten Dieb zurück. Panamon starrte seinen stummen Begleiter fassungslos an, dann ließ er zögernd die Waffen sinken. Die drei Männer waren von mindestens einem Dutzend wachsamer Gestalten umringt, und selbst im Zwielicht wurde dem entsetzten Shea klar, dass sie an eine Schar von Berg-Trollen geraten waren.
Der Trupp erschöpfter Elfen-Reiter zügelte die verschwitzten Pferde. Man blickte geistesabwesend hinunter ins breite Rhenn-Tal. Zwei Meilen weit dehnte sich das Tal in östlicher Richtung vor ihnen, und die hohen Hänge an beiden Seiten endeten in scharfen Graten über verkümmerten Bäumen und Unterholz. Der legendäre Pass diente seit über tausend Jahren als Durchgang von den unteren Streleheim-Ebenen zu den riesigen Wäldern des Westlandes. Er war eine natürliche Tür zur Heimat der Elfen. An diesem berühmten Pass war die erschreckende Macht der dem Dämonen-Lord unterstehenden Heere von den Elfen-Legionen und Jerle Shannara gebrochen worden. Hier war Brona dem alten Brimen und der geheimnisvollen Kraft des Schwertes von Shannara entgegengetreten und hatte die Flucht ergreifen müssen - zusammen mit seinen Armeen auf dem Rückzug in die Ebene, wo ihn die vorrückenden Zwergenarmeen aufgehalten, gestellt und besiegt hatten. Der Rhenn-Pass hatte den Beginn vom Ende der größten Bedrohung erlebt, der sich die Welt seit den verheerenden Großen Kriegen ausgesetzt gesehen hatte, und die Menschen aller Rassen betrachteten deshalb dieses friedliche Tal als historische Stätte. Sie war ein natürliches Denkmal der menschlichen Geschichte, das zu sehen manche um die halbe Welt zogen, damit auch sie sich als Teil dieses großen Ereignisses empfinden konnten.
Jon Lin Sandor gab Befehl, abzusteigen, und die Elfen-Reiter rutschten dankbar aus den Sätteln. Ihm ging es nicht um
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