Shannara I
keine Merkmale, woran sie sich halten konnten, in jeder Richtung sah die Landschaft gleichartig aus. Die Minuten verrannen nur langsam, ohne dass irgend etwas zu entdecken gewesen wäre. Die Feuchtigkeit nahm immer noch zu, und die Kleidung der drei Weggenossen war bald völlig durchgeschwitzt. Sie legten ihre Umhänge ab und banden sie sich auf den Rücken; wenn die Nacht herabsank, würde es wieder kühl werden.
»Das ist die Stelle, wo wir ihn zuletzt gesehen haben.«
Panamon stand regungslos auf dem Kamm eines breiten Hügels, den sie eben erstiegen hatten, und atmete schwer. Shea klomm zu ihm hinauf und schaute sich ungläubig um. Ein Hügel glich dem anderen, wohin er auch sah. Er blickte zweifelnd zum Horizont. Von hier aus wusste er nicht einmal genau zu sagen, aus welcher Richtung sie gekommen waren.
»Keltset, was siehst du?« fragte Panamon.
Der Berg-Troll ging herum und suchte den Boden nach Spuren des Gnoms ab, aber der Sturm schien alles verwischt zu haben. Er erkundete minutenlang die Umgebung, dann schüttelte er den Kopf. Panamons Gesicht wurde zornrot.
»Er war hier. Gehen wir ein Stück weiter.«
Sie machten sich stumm auf den Weg, rutschten den Hang hinunter und kletterten den nächsten Hügel hinauf. Sie berieten sich nicht mehr miteinander. Wenn Panamon sich irrte, war es nicht zu ändern; niemand hatte eine bessere Idee. Eine Stunde verging, während sie weiter nach Norden marschierten. Immer noch nichts. Shea begann einzusehen, wie aussichtslos ihr Unterfangen war. Es war unmöglich, das ganze Land im Osten und Westen abzusuchen; wenn der verschlagene Gnom auch nur hundert Meter nach der einen oder anderen Seite abgewichen war, würden sie wohl nie mehr auf seine Fährte stoßen. Vielleicht war er aber im Wirbelsturm auch von einer Schlammlawine mitgerissen worden, zusammen mit dem Schwert; in diesem Fall bestand keinerlei Aussicht, ihn jemals wiederzufinden, auch wenn sie sich noch so anstrengen mochten.
Sheas Muskeln schmerzten von den mühsamen Aufstiegen, und er überlegte, ob er eine Pause verlangen sollte, damit sie ihre Entscheidung, in dieser Richtung weiterzugehen, doch noch einmal überdenken konnten. Ein Blick auf Panamons finsteres Gesicht genügte aber, um ihn davon abzubringen. Der hochgewachsene Abenteurer hatte denselben Ausdruck, wie Shea ihn bei ihm wahrgenommen hatte, bevor Panamon über die Gnomen hergefallen war und sie getötet hatte. Er war wieder zum Jäger geworden. Sollte Panamon Orl Fane entdecken, so war der Gnom ein toter Mann. Shea schauderte unwillkürlich.
Einige Hügel weiter fanden sie eine Spur, die ihnen willkommen war. Keltset entdeckte sie von einer Anhöhe aus. Seine scharfen Augen erkannten das Objekt halb begraben in einer kleinen Schlucht. Er wies den beiden anderen die Richtung, schlitterte den Hügel hinunter und hastete auf den Gegenstand zu, um ihn aufzuheben und den anderen zu präsentieren. Es war ein langer Stoffstreifen - Teil eines Ärmels. Sie starrten ihn eine Weile an, dann blickte Shea fragend auf Keltset, um Bestätigung dafür zu erhalten, dass es sich wirklich um einen Fetzen von Orl Fanes Kleidung handelte. Der Riesentroll nickte. Panamon Creel spießte den Stoffstreifen mit seiner Pike auf und lächelte grimmig.
»Wir haben ihn also wiedergefunden. Diesmal entkommt er uns nicht.«
Aber sie fanden ihn nicht mehr an diesem Tag, so wenig wie sie neue Spuren zu entdecken vermochten. Im Staub hätten die Fußabdrücke des Gnomen deutlich erkennbar sein müssen, aber sie zeigten sich nirgends. Entgegen Panamons Vermutung war Orl Fane im Sturm offenbar doch weitergewandert, ohne von Schlammlawinen oder Flussläufen erfasst worden zu sein. Der Regen hatte seine Spuren weggewaschen, und es war nur einer Laune des Schicksals zu verdanken, dass der abgerissene Ärmel aufgetaucht war. Er konnte von überallher heruntergespült worden sein, so dass sich nicht sagen ließ, welche Richtung der Gnom genommen haben mochte. Als die Nacht hereinbrach, wurde es so dunkel, dass man kaum noch einen Schritt weit sehen konnte. Die Suche musste abgebrochen werden. Während Keltset die erste Wache übernahm, sanken Panamon und Shea erschöpft zu Boden und schliefen beinahe augenblicklich ein. Die Nachtluft war kühl und immer noch feucht, so dass die drei sich wieder in die halb getrockneten Jagdmäntel wickelten.
Der Morgen kehrte allzu schnell mit seinem Nebelgrau zurück. Der Tag brachte nicht so viel Feuchtigkeit wie der vorangegangene, war aber
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