Shannara I
dem Schatten einer hohen Weide, um die Zügel der Pferde zu ergreifen. Sein Blick verriet nur geringe Neugier. Höndel warf dem Mann einen scharfen Blick zu, dann winkte er Menion und lief zum Eingang. Vielleicht kamen sie noch früh genug. Vielleicht täuschten sie sich sogar…
Die Korridore des alten Schlosses gähnten leer, als die beiden in der Halle stehen blieben, schnelle Blicke in offene Durchgänge und tiefe Nischen warfen, den Blick über Gobelins und Fenster gleiten ließen. Menion wollte sich auf die Suche nach Shirl begeben, aber sein Begleiter hielt ihn mit einem kurzen Wort zurück. Die rothaarige Tochter aus königlichem Haus würde warten müssen. Auf leisen Sohlen führte Höndel den besorgten Hochländer durch einen anderen Korridor zum Kellereingang. An einer Biegung blieben sie stehen, pressten sich an die Holztäfelung und blickten vorsichtig um die Ecke.
Die massive, eisenbeschlagene Tür zum nun schon vertrauten Weinkeller stand offen. Im Eingang standen drei bewaffnete Männer und behielten den Korridor im Auge. Alle trugen das Abzeichen des Falken. Menion und Höndel glitten lautlos zurück. Der Prinz von Leah bemerkte zum erstenmal, dass er keine Waffen trug. Er hatte das Schwert von Leah am Sattelknauf seines Pferdes hängen lassen. Er schaute sich hastig um und entdeckte an einer Wand zwei gekreuzte Piken. Er hätte sich eine bessere Waffe gewünscht, aber nun blieb ihm keine andere Wahl. Lautlos nahm er eine von den schweren Lanzen von der Wand und kehrte zu Höndel zurück. Sie tauschten einen raschen Blick. Es musste schnell gehen. Wenn die Kellertür von innen geschlossen und verriegelt werden sollte, bevor sie sie erreichten, war ihre Chance, Stenmin und den Geheimgang zu finden, dahin. Außerdem waren sie nur zu zweit. Wie viele Feinde mochten unten noch auf sie warten?
Sie überlegten nicht lange. Blitzschnell stürmten sie aus ihrem Versteck den Korridor hinunter. Die drei Wachen hatten kaum Zeit, sich umzudrehen, bevor die beiden Männer bei ihnen waren. Menion durchstieß mit seiner Lanze den Mann, der dem Eingang am nächsten stand, und stürzte sich einen Augenblick später auf den zweiten. Der letzte Posten sank unter einem Hieb von Höndels Streitkolben lautlos zusammen. Das Ganze war vorbei, bevor es richtig begonnen hatte, und die beiden Kämpfer hetzten durch den Eingang und die abgetretenen Steinstufen hinunter, um den tödlichsten Kampf ihres Lebens zu bestehen.
Der alte Weinkeller war von Fackeln erhellt. Das flackernde Licht strahlte von allen Wänden und durchdrang die muffige Düsternis wie die aufgehende Sonne den Morgennebel. In der Mitte des riesigen Gewölbes war die große steinerne Falltür geöffnet, und aus der Dunkelheit tönte das Klirren von Metall auf Stein herauf. Im Keller wimmelte es von Bewaffneten, die sich aus allen Richtungen auf die beiden Eindringlinge stürzten.
Höndel und Menion erwiderten den Ansturm mit einem wutentbrannten Gegenangriff, der sie in die Mitte der Gegner trug. Menion hatte einem der niedergestoßenen Wachen am Kellereingang das Schwert entrissen. Rücken an Rücken mit Höndel begann er die Gegner niederzumähen. Aus dem Augenwinkel sah er eine bekannte, scharlachrot gekleidete Gestalt aus der Tiefe der Verliese heraufsteigen; als er den verhassten Stenmin erblickte, wurde der Prinz von Leah von grenzenloser Wut erfasst. Mit verdoppelter Heftigkeit hieb er auf die Gegner ein, versuchte sich einen Weg zu bahnen und den Mann zu erreichen, der sie verraten hatte. Die Züge des hageren Mystikers verzerrten sich vor Angst, als er vor dem schrecklichen Getümmel zurückwich.
Rücken an Rücken kämpften der Zwerg und der Hochländer wie Besessene, umgeben von Toten und Sterbenden. Sie hatten beide am ganzen Körper schon Wunden davongetragen, aber die Schmerzen verspürten sie nicht. Zweimal war Menion auf dem blutverschmierten Boden ausgeglitten, zweimal hatte Höndel die Angreifer abgewehrt, bis der Hochländer sich wieder hatte aufrichten können. Nur noch fünf Gegner waren auf den Beinen, aber Höndel und Menion Leah waren nun auch nahezu am Ende ihrer Kräfte. Sie kämpften wie mechanische Figuren, blut- und schweißüberströmt, mit Gliedmaßen von bleierner Schwere. Stenmin, der plötzlich zur Besinnung zu kommen schien, stürmte zur offenen Luke und schrie kreischend um Hilfe. Der Prinz von Leah reagierte sofort. Mit einer letzten Kraftanstrengung rannte er zwei seiner Gegner um, so dass sie zu Boden stürzten. Ein
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