Shannara I
dritter wollte ihn aufhalten, aber Menion stieß ihm das Schwert in den Leib und ließ es dort stecken. Er packte eine Lanze, die am Boden lag, stürzte sich auf Stenmin und betäubte ihn mit einem heftigen Hieb der schweren Waffe. Als die hagere Gestalt zusammensank, griff Menion nach der Falltür und stemmte sie hoch.
Es schien, als sei der Stein in offener Stellung festgekettet worden. Er regte sich nicht. Tief unten verstummten die klirrenden Geräusche und wurden von Stiefelgetrappel ersetzt, als Soldaten auf die Falltür zuhetzten. Nur Sekunden blieben noch. Wenn sie die Treppe erreichten, war Menion ein toter Mann. Er spannte seine Muskeln mit letzter Kraft an, packte den massiven Steinblock, und - er bewegte sich. Ächzend vor Anstrengung stemmte sich der Hochländer gegen die mächtige Falltür, bis sie endlich kippte und mit ohrenbetäubendem Krachen zufiel. Mit gefühllosen, schwitzenden Händen zog er die schwere Kette durch die Eisenringe und befestigte sie mit einer Stange. Der Gang war verschlossen. Wenn die Nordland-Armee hier einzudringen versuchte, würde sie Eisen und Stein von Meterdicke durchstoßen müssen.
»Menion.«
Ein raues Flüstern durchdrang die plötzliche Stille. Menion kauerte am Boden, auf Hände und Knie gestützt. Seine tastende Hand fand ein daneben liegendes Schwert. Er hob mühsam den Kopf. Über einen mit niedergestürzten Gegnern übersäten Boden hinweg fand der Blick Menions seinen Freund. Der Zwerg stand mit dem Rücken an der Wand vor der Kellertreppe, den schweren Streitkolben noch immer in der Hand. Er war umringt von Leichen. Er hatte sie alle getötet. Niemand war entkommen. Die harten Augen begegneten Menions Blick für eine halbe Sekunde, und es war, als begegneten sie einander zum erstenmal, wie damals in der Ebene hinter den Schwarzen Eichen. Er war der alte Höndel - wortkarg, grimmig, immer einfallsreich. Dann entglitt ihm der Streitkolben, sein Blick trübte sich; mit einem tiefen Seufzer glitt er zu Boden, gefällt vom Tod, der ihn zuletzt doch ereilt hatte.
Höndel! Der Name zuckte durch Menions betäubtes, ungläubiges Gehirn, während er sich mühsam aufraffte und schwankend in den tanzenden Schatten stand. Die Tränen traten ihm in die geröteten Augen und liefen über sein Gesicht. Mit bleiernen Beinen stieg er über die Leichen der Feinde hinweg, keuchend vor Wut und Hilflosigkeit. Nur dumpf nahm er wahr, dass irgendwo hinter ihm Stenmin zu sich kam. Er erreichte den Zwerg, kniete nieder und bettete Höndels Kopf in seinem Schoß. Wie oft hatte Höndel ihm das Leben gerettet? Wie oft hatte er sie alle vor dem Schlimmsten bewahrt? Und nun… Menion konnte den Gedanken nicht zu Ende denken. Er konnte nur weinen.
Stenmin schob sich langsam auf ein Knie und schaute sich im Keller fassungslos um. Alle seine Leute tot, die steinerne Falltür geschlossen und verriegelt, und… In seinem gepeinigten Körper zuckte Angst auf. Einer der Eindringlinge lebte noch - der Hochländer! Er hasste diesen Mann, hasste ihn so sehr, dass er überlegte, ob er ihn in diesem Augenblick töten sollte, aber die Angst in ihm war stärker, stärker noch als zuvor, und er dachte nur an Flucht. Fliehen und am Leben bleiben! Es gab nur einen Weg - die Treppe hinauf, vorbei an dem knienden Mann, hinaus durch die offene Kellertür. Er stand schon auf den Beinen und schlich lautlos durch den Keller, stieg über die Leichenhaufen, huschte auf die Treppe zu.
Der Hochländer drehte ihm den Rücken zu, immer noch über den Zwerg gebeugt. Auf Stenmins Stirn bildeten sich Schweißtröpfchen, und die dünnen Lippen kräuselten sich bösartig - aber die Furcht trieb ihn weiter. Er würde bald frei sein. Nur noch ein paar Schritte. Die Stadt war dem Untergang geweiht. Alle Einwohner würden sterben - alle seine Feinde. Er aber würde überleben. Er musste sich zwingen, nicht laut aufzulachen. Seine Hand berührte die Treppe, ein Fuß folgte; der Hochländer war nur einen Meter entfernt, noch immer ahnungslos, die Kellertür stand offen und war nicht bewacht. Freiheit! Nur noch ein Schritt…
Da fuhr Menion herum. Stenmin stieß einen Entsetzensschrei aus, als er das unheimliche Gesicht des Prinzen sah. Der Mystiker versuchte verzweifelt, die Treppe hinaufzustürmen, stolperte in den langen, roten Gewändern über die eigenen Beine.
Er kam nur einige Schritte weit, als Menion ihn einholte. An den Mauern von Tyrsis geschah das Unmögliche. Nachdem Balinor von der Brustwehr des Außenwalls
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