Shannara I
hatte sein eigenes Schwert herausgerissen und eilte dem Hochländer zu Hilfe. Durin und Dayel feuerten eine Salve nach der anderen in den Schädel der Riesenbestie, die vor Wut aufheulte, mit den Vorderbeinen nach den Pfeilen tastete und sie von der dicken Haut abzustreifen versuchte. Menion erreichte das Scheusal vor Balinor und stieß sein Schwert in eines der Beine. Als das Ungeheuer sich aufbäumte und Menion wegstieß, erhielt es einen harten Schlag auf den Schädel; Höndels Keule hatte mit Wucht zugeschlagen. Eine Sekunde später stand Balinor mit gespreizten Beinen vor dem riesigen Wesen und trennte mit gewaltigen Hieben eines der Glieder ab. Die Bestie wehrte sich verzweifelt und versuchte erfolglos, einen der Angreifer zu Boden zu werfen und zu zerquetschen. Die drei Männer stießen ihre Kriegsrufe aus und hieben mit aller Macht auf das Ungeheuer ein. Sie griffen die ungeschützten Flanken an und lenkten das Ungetüm zuerst in die eine, dann in die andere Richtung. Durin und Dayel rückten näher und feuerten ununterbochen Pfeile auf das Riesenziel ab. Viele prallten von den Metallplatten ab, aber der Pfeilregen lenkte das erboste Wesen ab. Einmal erhielt Höndel einen so heftigen Schlag, daß er für einige Sekunden das Bewußtsein verlor, und der Gigant wollte ihm blitzschnell den Rest geben, aber Balinor setzte seine ganzen Kräfte ein und hieb so wild und erbarmungslos auf das Ungeheuer ein, daß dieses von dem am Boden liegenden Zwerg abließ und sich notgedrungen gegen Balinor wandte.
Schließlich wurde das rechte Auge des Ungeheuers durch einen der Pfeile Durins oder Dayels getroffen. Stark aus dem verletzten Auge blutend, wie aus einem Dutzend anderer, größerer Wunden ebenfalls schon, wußte das Monster, dass es den Kampf verloren hatte und sein Leben würde drangeben müssen, wenn es nicht sofort die Flucht ergriff. Es führte eine Scheinattacke gegen den nächsten Angreifer, fuhr plötzlich mit erstaunlicher Behendigkeit herum und stürmte zu seinem sicheren Versteck im Wald. Menion nahm kurz die Verfolgung auf, aber das Wesen war schneller und verschwand zwischen den riesigen Bäumen. Die fünf Retter kümmerten sich sofort um die beiden am Boden liegenden Brüder, die sich nicht bewegten. Höndel untersuchte sie. Sie hatten zahlreiche Wunden und Blutergüsse davongetragen, sich aber offenbar nichts gebrochen. Es war schwer zu sagen, ob sie innere Verletzungen erlitten hatten. Beide waren von dem Wesen gestochen worden, Flick am Nacken, Shea an der Schulter; die häßlichen, dunkelroten Stellen ließen erkennen, daß die Haut durchbohrt war. Gift! Die beiden Männer blieben ohne Bewußtsein, ihre Atmung war flach, ihre Haut blaß, fast grau.
»Dagegen kann ich sie nicht behandeln«, sagte Höndel sorgenvoll. »Wir müssen sie zu Allanon bringen. Er versteht etwas von diesen Dingen; wahrscheinlich könnte er ihnen helfen.«
»Sie liegen im Sterben, nicht wahr?« flüsterte Menion.
Höndel nickte bedrückt. Balinor übernahm sofort das Kommando, befahl Durin und Menion, Stangen für Tragbahren zu schlagen, während er und Höndel Matten vorbereiteten, um die Brüder hineinlegen zu können. Dayel hielt Wache für den Fall, daß das Wesen unerwartet noch einmal auf tauchen sollte. Fünfzehn Minuten später waren die Bahren fertig, die Bewußtlosen sorgfältig verschnürt und gegen die Kälte der bevorstehenden Nacht in Decken gehüllt. Die Gruppe war marschbereit. Höndel übernahm die Führung, während die anderen vier die Bahren trugen. Sie hasteten durch die Ruinen der toten Stadt und fanden nach wenigen Minuten einen Pfad, der aus dem versteckten Tal hinausführte. Die grimmigen Gesichter des Zwerges und der Bahrenträger richteten sich in nutzlosem Zorn noch einmal auf die aus dem Wald ragenden Metallgerüste.
Sie verließen mit schnellen Schritten das Tal, stiegen die sanften Hänge der Bergkette hinauf, auf dem breiten, von Bäumen gesäumten Weg, und dachten nur an die Verwundeten, die sie schleppten. Die vertrauten Geräusche des Waldes kehrten wieder und zeigten an, daß die Gefahr im Tal gebannt war. Keiner von ihnen achtete darauf, außer Höndel, der automatisch alle Veränderungen registrierte. Er dachte verbittert an die Entscheidung, die sie in das Tal geführt hatte, fragte sich, was mit Allanon und seinen Markierungszeichen geschehen sein mochte. Er war sicher, daß der schwarze Wanderer Hinweise gegeben hatte, bevor er den Weg nach oben gewählt hatte, und er konnte sich
Weitere Kostenlose Bücher