Shannara II
Wetter seid ihr nicht so leicht zu finden«, stellte Allanon mit Befriedigung fest und führte sie in das Gewitter hinaus.
In lange Reiseumhänge gehüllt, unter denen sie wollene Kittel und Hosen und dazu hohe Lederstiefel trugen, marschierten sie hinter dem Druiden her durch den strömenden Regen. Er führte sie über Waldpfade am äußersten Westrand der Stadt den breiten Rücken des Carolan entlang. Wil und Amberle, kaum fähig, die Hand vor den Augen zu sehen in der frühsommerlichen Düsternis, blieben ihm dicht auf den Fersen. Bruchstückhafte Bilder von Häusern und Bäumen, von Zäunen und Gärten tauchten wie Luftspiegelungen aus dem Dunst auf und zerflossen wieder. Ein scharfer kalter Wind blies ihnen den Regen ins Gesicht, obwohl sie die Kapuzen tief in die Stirn gezogen hatten. Mit gesenkten Köpfen wateten sie durch Pfützen und schlammige Bäche, die sich in den Furchen des Ziehwegs bildeten, dem sie folgten.
Auf der anderen Seite der Stadt schwenkte Allanon plötzlich von dem Pfad ab und führte sie zu einem einsamen Stallgebäude, das linker Hand an einen Hang gelehnt stand. Die zweiflügelige Holztür war nur angelehnt, und eilig schlüpften sie unter das schützende Dach. Durch die Ritzen der Fensterläden und durch Sprünge in den verwitterten Mauern sickerte graues, dunstiges Licht in das Innere des Baus. Die Luft roch muffig und scharf.
Sie blieben stehen, um sich das Wasser von den Umhängen zu streifen, dann steuerten sie auf die Tür im Hintergrund des Stalls zu. Wie durch Zauber tauchten plötzlich zwei schwerbewaffnete Elfen-Jäger aus dem dämmrigen Grau auf und gesellten sich an ihre Seite. Allanon beachtete sie nicht. Ohne sich auch nur umzudrehen, schritt er geradewegs auf die Tür zu. Nachdem er geklopft hatte, legte er eine Hand auf die verrostete eiserne Klinke und blickte dann zu Amberle zurück.
»Fünf Minuten. Mehr Zeit haben wir nicht.«
Er stieß die Tür auf. Amberle und Wil spähten in den Raum dahinter, wo Sattelzeug aufbewahrt wurde. Crispin stand dort, und an seiner Seite eine Elfenfrau in langem Umhang mit Kapuze. Die Frau streifte die Kapuze ab, und verdutzt sah Wil, daß ihr Gesicht, wenn auch älter, Amberles Züge widerspiegelte. Allanon hatte sein Versprechen wahrgemacht; es war Amberles Mutter.
Amberle stürzte auf sie zu, umschlang sie mit beiden Armen und küßte sie. Crispin trat aus dem Sattelraum heraus und zog leise die Tür hinter sich zu.
»Niemand ist euch gefolgt.« So, wie der Druide es sagte, klang es wie die Feststellung einer Tatsache.
Der Hauptmann der Leibwache schüttelte den Kopf. Er war gekleidet wie die anderen Jäger - in eine lose sitzende, bequeme Uniform, deren Graubraun gut mit den Farben des Waldes verschmolz. Unter dem Umhang, der um seine Schultern lag, trug er an dem Gürtel um seine Leibmitte mehrere lange Messer. An der Hüfte hing ein breites Schwert herab, und auf den Rücken geschnallt war ein Bogen aus Eschenholz. Das vom Regen feuchte und zerzauste lichtbraune Haar verlieh ihm etwas Jungenhaftes; doch die braunen Augen blickten ernst und männlich. Er nickte Wil kurz zu, dann trat er zu seinen Jägern. Einer von ihnen eilte auf ein paar Worte von ihm schweigend aus dem Schuppen in den Regen hinaus, während der andere zum Heuboden hinaufstieg. Sie bewegten sich so geschmeidig und behende wie Katzen.
Minuten verrannen. Wil stand stumm neben Allanon und lauschte dem Rauschen des Regens, der in Kaskaden auf das Stalldach prasselte. Er hatte das Gefühl, daß die Feuchtigkeit ihm durch Mark und Bein drang. Endlich trat der Druide wieder zu der Tür zum Sattelraum und klopfte leise. Einen Augenblick später öffnete sich die Tür, und Amberle und ihre Mutter erschienen. Beide hatten geweint. Allanon nahm die Hand des Elfenmädchens und hielt sie fest.
»Es ist Zeit. Ihr müßt gehen. Crispin wird euch sicher und wohlbehalten aus Arborlon hinausgeleiten. Deine Mutter wird hier bei mir bleiben, bis du fort bist.« Er hielt einen kurzen Moment inne.
»Hab Vertrauen, Amberle. Sei tapfer und mutig.«
Amberle nickte stumm. Dann trat sie noch einmal zu ihrer Mutter hin und umarmte sie. Allanon winkte derweilen Wil Ohmsford zu sich.
»Ich wünsche dir Glück, Wil Ohmsford.« Seine Stimme war kaum vernehmbar. »Denke daran, daß ich mich mehr als alles andere auf dich verlasse.«
Er schüttelte Wil kurz die Hand und trat dann zurück. Wil sah ihn einen Moment lang an, dann spürte er Crispins Hand auf seiner Schulter und drehte
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