Shannara II
Befehlshaber. Nebenan liegt der verwundete König.«
Einen Augenblick schwiegen beide. Pindanons Augen funkelten zornig. Dann fragte er mit gesenkter Stimme: »Wie geht es ihm?«
»Er schläft«, antwortete Andor kühl. »Also - wie lautet Euer Anliegen?«
Pindanons Gestalt straffte sich.
»Warum habt Ihr mir den Befehl zum Rückzug gegeben? Ich hätte den Spindelpaß zurückerobern können. Wir hätten die Stellung nie halten können, wie Euer Vater es wünschte.«
»Mein Vater wünschte, daß die Stellungen hier so lange gehalten werden würden, wie das möglich war«, entgegnete Andor, ohne sich von Pindanons zornigem Blick einschüchtern zu lassen. »Jetzt, da mein Vater verwundet ist und mein Bruder tot, wo das Halys-Joch verloren ist, ist das nicht mehr möglich. Die Dämonen haben uns in die Flucht geschlagen, so wie sie Euch in die Flucht geschlagen haben.« Pindanon fuhr auf, doch Andor beachtete ihn nicht. »Um den Spindelpaß zurückzugewinnen, hätte ich mit einem Heer, das gerade vernichtend geschlagen worden war, einen Gewaltmarsch nach Norden machen müssen. Wenn dann unsere vereinten Streitkräfte besiegt worden wären, hätten die Soldaten einen überaus anstrengenden Rückmarsch zum Sarandanon vor sich gehabt, und es wäre ihnen kaum Zeit geblieben, sich zu erholen, weil sie sogleich das Sarandanon gegen die nachrückenden Dämonen hätten verteidigen müssen. Hinzu kommt, daß jede Schlacht in den Grimmzacken-Bergen ohne den Einsatz der Kavallerie geschlagen werden mußte. Wenn wir aber dem Vormarsch der Dämonen standhalten wollen, dann brauchen wir unsere vereinten Kräfte. Das, Befehlshaber, ist der Grund, weshalb ich Euch den Befehl zum Rückzug gab.«
Pindanon schüttelte langsam den Kopf.
»Ihr seid kein ausgebildeter Soldat, mein Prinz. Ihr hattet kein Recht, eine so lebenswichtige Entscheidung zu treffen, ohne Euch zuerst mit dem Befehlshaber des Heeres zu beraten. Fühlte ich mich nicht Eurem Vater verpflichtet - «
»Sprecht diesen Satz besser nicht zu Ende, Befehlshaber«, fiel Andor ihm scharf ins Wort.
In demselben Augenblick öffneten sich die äußeren Klappen des Zelts, und Allanon und Stee Jans traten ein. Allanons Erscheinen war nicht unerwartet, doch Andor war etwas überrascht, auch den Befehlshaber der Freitruppe zu sehen. Der Grenzländer nickte höflich, sagte aber nichts.
Andor wandte sich wieder Pindanon zu.
»Wie dem auch sei, die Sache ist erledigt. Wir sollten uns jetzt dringend mit dem befassen, was vor uns liegt. Wieviel Zeit bleibt uns, bis die Dämonen uns erreichen?«
»Ein Tag, vielleicht auch zwei«, gab Pindanon brüsk zurück. »Sie müssen rasten, sich neu formieren.«
Allanon hob die schwarzen Augen.
»Morgen bei Tagesanbruch.«
Es wurde totenstill.
»Seid Ihr sicher?« fragte Andor leise.
»Ihr Haß treibt sie mit solcher Heftigkeit an, daß sie an Schlaf nicht denken. Morgen bei Tagesanbruch.«
Pindanon spie auf den hartgestampften Boden des Zeltes.
»Dann müssen wir jetzt beschließen, wie wir sie aufhalten wollen, wenn sie hier eintreffen«, erklärte Andor, dessen Hände leicht über den Ellcrys-Stab glitten.
»Sehr einfach«, fuhr Pindanon ungeduldig dazwischen. »Wir verteidigen Baen Draw. Wir riegeln es ab. Halten sie am Engpaß auf, bevor sie das Tal erreichen.«
Andor holte tief Atem.
»Genau das haben wir bereits am Halys-Joch versucht. Doch ohne Erfolg. Die Dämonen haben die Phalanx der Elfen allein aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit gesprengt. Es besteht kein Grund zu der Vermutung, daß es diesmal anders sein wird.«
»Es besteht aller Grund dazu«, beharrte Pindanon. »Unsere Kräfte sind hier nicht gespalten, wie das im Grimmzacken-Gebirge der Fall war. Die Dämonen werden auch nicht frisch und ausgeruht sein, wenn sie von der Rauhen Platte direkt hierher durchmarschieren. Wir können unsere Kavallerie einsetzen, was am Paß nicht möglich war. Die Lage ist doch eine völlig andere! Entsprechend wird auch das Resultat ein anderes sein.«
Andor warf einen kurzen Blick auf Allanon, doch der Druide schwieg beharrlich. Pindanon trat einen Schritt vor.
»Andor, gebt mir an Eures Vaters Stelle das Kommando. Laßt mich die Stellungen errichten, so wie ich weiß, daß er sie errichten würde. Die Elfen können den Engpaß halten, ganz gleich, wie stark die Dämonen sind. Euer Vater und ich, wir wissen - «
»Befehlshaber!« Der Elfenprinz sprach leise, aber entschieden. »Ich habe auf dem Halys-Joch gesehen,
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