Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shannara II

Titel: Shannara II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
dem Sack, den er über der Schulter trug, ein Seil herausgenommen hatte, pfiff er nach Drifter und machte ein Ende des Seils an dem Hund fest; das andere Ende schlang er um seine Hüfte, dann um Wil und Eretria. Auf diese Weise aneinandergebunden, konnten sie einander folgen, ohne Angst haben zu müssen, getrennt zu werden. Der alte Mann prüfte das Seil, dann redete er kurz auf Drifter ein. Der große Hund trottete los.
    Wil schien es, als wanderten sie stundenlang durch die Senke. Stolpernd schlugen sie sich durch einen Irrgarten von Bäumen und Büschen, blind fast in der undurchdringlichen Finsternis, den Instinkten des Hundes vertrauend, der sie führte. Sie sprachen nicht miteinander, sondern glitten so leise sie konnten durch den Wald. Nur allzu bewußt waren sie sich der Tatsache, daß irgendwo in diesem Wald der Raffer lauerte. Nie zuvor hatte sich Wil so hilflos gefühlt wie in diesen Augenblicken. Es war schlimm genug, daß er kaum etwas sehen konnte; noch schlimmer aber war das Wissen, daß der Raffer mit ihnen hier unten war. Ständig dachte er an Amberle. Wenn er schon Angst hatte, wie mußte es dann für sie sein? Er schämte sich seiner Furcht. Er hatte kein Recht, sich zu fürchten, während sie doch allein und schutzlos war, da er sie in diese Lage gebracht hatte.
    Doch die Furcht ließ ihn nicht los. Um sie abzuschütteln, nahm er den Beutel mit den Elfensteinen in eine Hand und umklammerte ihn so fest, als könnte ihn allein die Tatsache, daß er ihn hielt, gegen alles Unheil schützen, das sich in der Nacht dieses Waldes verbarg. Tief im Inneren jedoch blieb das schreckliche Gefühl, daß die Elfensteine ihn nicht schützen würden, daß ihre Kräfte ihm nicht gehorchten und nie gehorchen würden. Was Amberle ihm gesagt hatte und was er selbst sich gesagt hatte, spielte keine Rolle. Dieses Gefühl beruhte nicht auf logischen Gründen, es war einfach da - quälend, beängstigend. Die Zauberkraft der Elfensteine war ihm verloren.
    Er bemühte sich noch immer, das Gefühl abzuschütteln, als das Seil vor ihm plötzlich erschlaffte. Beinahe wäre er gegen Hebel geprallt, der abrupt stehengeblieben war. Eretria lief in ihn hinein, und dicht zusammengedrängt standen die drei nun beieinander und spähten in die Finsternis.
    »Drifter hat was gefunden«, flüsterte der Alte Wil zu.
    Auf den Knien kroch er bis zu seinem Hund hin, der auf dem Boden herumschnupperte. Wil und Eretria folgten ihm. Beschwichtigend streichelte er den Hund und tastete mit der Hand die Erde ab. Dann stand er auf.
    »Mallenroh.« Er sprach den Namen leise. »Sie hat das Elfenmädchen.«
    »Seid Ihr sicher?« flüsterte Wil zurück.
    Der Alte nickte. »Ganz sicher. Dieses Ungeheuer, der Raffer, ist jetzt irgendwo anders. Drifter wittert ihn jetzt nicht mehr.«
    Wil verstand nicht, wie Hebel all dieser Details so sicher sein konnte, zumal es so finster war, daß man beim besten Willen nichts sehen konnte. Doch es wäre sinnlos gewesen, sich mit ihm zu streiten.
    »Was tun wir jetzt?« fragte er ratlos.
    »Wir gehen weiter«, brummte Hebel. »Drifter - lauf, alter Bursche.«
    Der Hund setzte sich wieder in Bewegung, und die drei Menschen folgten ihm. Allmählich begann der Wald sich zu lichten. Zuerst glaubte Wil, seine Augen spielten ihm Streiche, doch schließlich erkannte er, daß die Nacht sich ihrem Ende zuneigte, und ein neuer Tag heraufzuziehen begann. Bäume und Büsche rundum begannen Gestalt anzunehmen, und das Zwielicht erhellte sich langsam, während das schwache Licht der ersten Sonnenstrahlen durch das Dach des Waldes fiel. Zum ersten Mal seit sie in die Senke hinuntergestiegen waren, konnte Wil die zottige schwarze Gestalt Drifters erkennen, der mit gesenktem Kopf voranlief.
    Während Wil den Hund noch beobachtete, hob der plötzlich den Kopf und blieb stehen. Verwundert machten auch die drei Menschen halt. Vor ihnen stand das merkwürdigste Geschöpf, das sie je gesehen hatten. Ein menschenähnliches Wesen, das aus Stöcken gemacht war - zwei Arme, zwei Beine und ein Körper, ganz aus Stöcken gebildet. Knorrige Wurzeln an den Enden von Armen und Beinen waren Finger und Zehen. Das Wesen hatte keinen Kopf. Es blickte sie an - zumindest glaubten sie, daß es sie anblickte, da die Wurzeln, die Finger und Zehen bildeten, in ihre Richtung zu deuten schienen. Der dünne Körper schwankte leicht wie ein junges Bäumchen in einem plötzlichen Windstoß. Dann drehte sich das merkwürdige Wesen um und stakste in den Wald

Weitere Kostenlose Bücher