Shannara II
zurück.
Hebel warf einen raschen Blick auf die anderen beiden.
»Ich hab’s Euch gesagt. Das ist Mallenrohs Werk.«
Hastig winkte er ihnen zu und eilte schon dem Holzgeschöpf nach. Wil und Eretria tauschten einen zweifelnden Blick, dann folgten sei ihm. Stumm marschierte der kleine Zug auf verschlungenen Pfaden durch das Gewirr des Waldes. Nach einer Weile tauchten rundum andere Holzmännchen auf, genau wie der, dem sie zuerst begegnet waren; kopflose, knorrige Wesen, die sich, abgesehen von dem leichten schabenden Geräusch, das sie beim Gehen verursachten, völlig lautlos bewegten, Beinahe ehe sich’s die Menschen versahen, waren sie von Dutzenden der Geschöpfe umringt, die wie Geister durch die Schatten wanderten.
»Ich hab’s Euch gesagt«, flüsterte Hebel wieder, und sein zerknittertes Ledergesicht war voller Eifer.
Plötzlich hörte der Wald auf. Vor ihnen erhob sich ein einsamer Turm, dessen dunkle Spitze in die Bäume hineinragte, die ihn umgaben. Er thronte auf einer kleinen Anhöhe, ein beinahe fensterloses Verlies auf uraltem Stein, der verwittert war und dicht überwuchert von Rankenpflanzen und Moos. Die Anhöhe war zu einer Insel geworden, eingeschlossen von einem Bach, der irgendwo aus der Tiefe des Waldes hervorsprang und in Windungen den Hügel umrundete, ehe er sich wieder in den Bäumen verlor. Eine niedrige Mauer, die nahe am Ufer des Baches errichtet war, umschloß den Turm; die Zugbrücke stand offen, überspannte das sprudelnde Wasser des Baches, und ihre Ketten hingen schlaff von kleinen Wachhäuschen zu beiden Seiten herab. Rund um den Hügel und dem Turm breiteten mächtige alte Eichen ihre Zweige aus und schirmten die Insel vom Tageslicht ab, so daß sie genau wie die übrige Senke tief im Schatten lag.
Das Holzmännchen, dem sie gefolgt waren, blieb stehen. Es machte eine leichte Wendung, so als wolle seine kopflose Gestalt sich vergewissern, daß sie noch nachkamen. Dann setzte es sich wieder in Bewegung, marschierte auf die Zugbrücke zu. Ohne einen Augenblick des Zögerns schlurfte Hebel ihm hinterher, Drifter an seiner Seite. Wil und Eretria blieben einen Augenblick zurück; sie waren nicht so sicher wie der Alte, ob sie dem Führer folgen sollten. Der Turm war ein unerfreulicher, abschreckender Bau; sie wußten, daß es für sie besser war, ihn nicht zu betreten, wußten, daß sie sich bereits viel weiter vorgewagt hatten, als klug war. Doch Wil spürte irgendwie, daß er hier Amberle finden würde. Er warf Eretria einen Blick zu, dann gingen sie weiter.
Dem schweigsamen Holzmännchen folgend, und rings von der Schar seiner Brüder umgeben, marschierte der kleine Zug zum Bachufer hinunter. Nur die Schabegeräusche der hölzernen Glieder und das Plätschern des Baches waren in der Stille des Waldes zu hören. Das Holzmännchen trat auf die Brücke und überquerte sie. Im Schatten des Tores verschwand es. Die beiden Männer, das Mädchen und der Hund schritten nach ihm über die Brücke, wobei Wil und Eretria immer wieder furchtsame Blicke auf den massigen, finsteren Bau warfen, der auf der anderen Seite wartete.
Dann hatten sie das Tor erreicht. Das Holzmännchen tauchte wieder auf, stand jetzt genau jenseits des schattigen Torbogens. Als sie, in einer Linie hintereinander, sich näherten, setzte es sich erneut in Bewegung und steuerte auf den Turm zu. Kaum hatten sie das Tor hinter sich gelassen, da hörten sie das Knirschen und Klirren der Ketten. Die Zugbrücke hinter ihnen wurde hochgezogen.
Jetzt gab es kein Zurück. Dicht zusammengedrängt gingen sie dem Turm entgegen. Das Holzmännchen wartete. Es stand in einer hohen Türnische, in deren Schutz sich eine breite, mit Eisenbeschlägen gezierte Flügeltür aus Holz befand. Einer der Flügel stand offen. Das Holzmännchen trat hinein und war verschwunden. Wil blickte an der massigen steinernen Mauer des Turmes empor, dann griff er unter seinen Kittel und zog den Beutel mit den Elfensteinen heraus. Zusammen mit den anderen trat er durch die Tür in schwarze Finsternis.
Einen Augenblick rührte sich keiner. Sie standen gleich jenseits der Schwelle und blinzelten blind in die Düsternis. Dann schwang die Tür hinter ihnen plötzlich zu, und Schlösser schnappten ein. In einem Glaszylinder, der von der Decke herabhing, flammte Licht auf, das einen weichen weißen Schein verbreitete; es war keine Öllampe, und es war keine Pechfackel, es war etwas, das flammenlos brannte. Rundherum standen die Holzmännchen, und ihre
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