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Shannara III

Titel: Shannara III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Stythys’. Wenn er sich hinterherschleppte, sah er immer die schwarze Gestalt des Mwellret direkt vor sich. Er spürte, wie die grünen Augen des Wesens ständig umherschweiften, um ihn zu suchen, zu beobachten, um abzuwarten. Er traute dem Mwellret ebensowenig wie Spinkser. Welche Versprechen Stythys auch gegeben hatte, ihnen zu helfen, Jair war überzeugt, daß dahinter die rücksichtslose Entschlossenheit lag, den Elfenzauber des Talbewohners in seine Gewalt zu bringen. Was immer sonst geschehen mochte, die Kreatur legte alles darauf an, diese Macht an sich zu reißen. Diese Gewißheit war furchterregend. Die Tage, die er eingesperrt in den Kerkern von Dun Fee Aran zugebracht hatte, verfolgten ihn als so schreckliches Gespenst, daß nichts es jemals ganz vertreiben konnte. Stythys war es, der für diesen Alptraum verantwortlich war, und er würde dafür sorgen, daß der wieder Realität würde. Wenn Jair auch nicht mehr unter der Knute des Mwellrets stand, konnte er doch nicht das Gefühl abschütteln, daß das Geschöpf auf irgendeine hinterhältige Weise noch Macht über ihn ausübte.
    Doch als die Nacht sich in den frühen Morgen dehnte und die Erschöpfung seinen Zweifeln und Ängsten die Schärfe nahm, mußte Jair statt dessen an Brin denken. Vor seinem geistigen Auge sah er wieder ihr Gesicht, wie er es kürzlich zweimal im Sehkristall vor sich hatte: einmal gramzerfurcht, als sie unaussprechliche Trauer empfand, einmal voller Furcht beim Anblick ihres verzerrten Abbildes in der Gestalt jenes Geistes. Schlaglichter nur, zwei kurze Visionen, und keine vermochte dem Talbewohner zu erklären, was wirklich vorgefallen war. Er ahnte, daß seine Schwester viel hatte erleiden müssen - und einiges davon war schrecklich. Ein Gefühl der Leere breitete sich in ihm aus, als er an sie dachte, die nun schon so lange vom Tal und von ihm weggegangen war, unterwegs in einer Mission, die nach Aussagen des Königs vom Silberfluß zu ihrem Verlust führen würde. Es war eigentümlich, aber in gewissem Sinn schien sie ihm schon verloren, denn Zeit und Raum, die sie trennten, schienen so seltsam vergrößert durch die Ereignisse die eingetreten waren, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte. So vieles war geschehen, und er war so weitab von dem, was er und wer er einmal gewesen war.
    Die Leere wurde plötzlich schmerzlich. Und wenn der König vom Silberfluß ihn nun überschätzt hatte? Wenn er es nicht schaffte und Brin verlöre? Was, wenn er sie zu spät erreichte? Er biß sich auf die Lippen, um gegen solche Gedanken anzukämpfen, und schwor sich inbrünstig, daß es nicht so kommen sollte. Enge Bande fesselten ihn an sie, den Bruder an die Schwester: Bande der Verwandtschaft, des gemeinsamen Lebens, des Wissens, des Verständnisses, der Fürsorglichkeit und vor allem Bande der Liebe.
    Sie marschierten weiter durchs Dunkel des frühen Morgens. Beim ersten Schein der Dämmerung führte Stythys die Gesellschaft hinauf in die Felsen. Sie entfernten sich vom Silberfluß, wo er trübe und träge durch sein Bett quoll, kletterten hoch in die Klippen. Bäume und Sträucher verschwanden, und kahles Gestein erstreckte sich nach allen Seiten. Sonnenlicht brach im Osten in strahlendem, gleißendem Gold über den Bergrand und loderte wie Flammen durch die Spalten und Risse im Fels. Sie stiegen dem Feuer entgegen, bis sie ihr Weg plötzlich und unerwartet in den dunklen Schatten einer Klippe führte und sie am Eingang einer riesigen Grotte standen.
    »Die Höhlen der Nacht!« zischte Stythys leise.
    Die Höhle gähnte der kleinen Gruppe wie ein geöffneter Rachen entgegen, und gezackte und verformte Felssplitter versperrten ihnen den Zugang wie Zähne. Wind fegte von den Berghöhen herab, und es kam ihnen vor, als pfiffe er ihnen aus den Höhlen entgegen. Stücke stumpfen, weißlichen Holzes lagen um den Eingang verstreut, als hätten Zeit und Wetter die Rinden abgelöst. Jair schaute genauer hin und erstarrte. Die Holzstücke waren geborstene, gesplitterte, gebleichte Knochen.
    Garet Jax baute sich vor Stythys auf. »Wie sollen wir da drinnen etwas sehen, Mwellret? Hast du Fackeln?«
    Stythys lachte leise und böse. »Fackeln brennen nicht in den Höhlen, kleine Freunde. Brauchen Zauberkraft!«
    Der Waffenmeister blickte kurz wieder zum Höhleneingang. »Und du verfügst über diese Zauberkraft?«
    »Verfüge tatsächlich darüber«, antwortete der andere mit verschränkten Armen und ließ seinen Körper ein wenig anschwellen.

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