Shannara IV
es beschrieben hatte. Er lächelte voller Zufriedenheit, als er den Ausdruck ihrer Gesichter bemerkte. Er hängte sich die Waffe um die Schulter, steckte ein langes Messer in einen seiner Stiefel, ein Jagdmesser an seinen Gürtel und warf sich einen Bogen aus Eschenholz über den Rücken. Er zwinkerte ihnen zu. »Es kann nicht schaden, ein paar Vorkehrungen zu treffen.«
Sie begleiteten ihn zur Tür hinaus und ein Stückchen des Weges nach Westen, wo er sich von ihnen verabschiedete. Sie selbst kämpften immer noch mit dem Schlaf und konnten ihr Gähnen kaum unterdrücken.
»Legt euch einfach wieder aufs Ohr«, riet Morgan. »Schlaft, solang wie ihr mögt. Entspannt euch und macht euch keine Sorgen. In ein paar Tagen bin ich zurück.« Er winkte ihnen zum Abschied zu, wobei sich seine große, kräftige Gestalt, die wie immer Selbstvertrauen und Zuversicht ausstrahlte, gegen den noch dunklen Himmel abzeichnete.
»Sei vorsichtig«, rief Par ihm nach.
Morgan lachte. »Seid nur ihr vorsichtig!«
Die Brüder befolgten den Rat des Hochländers und legten sich wieder aufs Ohr. Nachdem sie bis zum Nachmittag geschlafen hatten, brachten sie den Rest des Tages damit zu zu faulenzen. Am nächsten Tag dagegen standen sie früh auf, badeten in den Quellen, durchstreiften die Gegend vergeblich auf der Suche nach den Schlammbädern, säuberten die Jagdhütte und nahmen ein Abendessen zu sich, das aus Wildfleisch und Reis bestand. Sie unterhielten sich lange über den alten Mann und die Träume, über die Magie und die Sucher und ihre Pläne für die Zukunft. Sie stritten sich nicht, kamen aber auch zu keiner Entscheidung.
Der dritte Tag brachte Wolken, und als der Abend hereinbrach, regnete es. Sie saßen vor dem Feuer, das im großen steinernen Herd vor ihnen brannte, und übten sich lange Zeit im Geschichtenerzählen, wobei sie sich besonders mit den unbekannteren Sagen beschäftigten und versuchten, die Bilder aus Pars Liedern und die Worte aus Colls Geschichten in Übereinstimmung zu bringen.
Am vierten Tag kam Morgan zurück. Es war bereits Spätnachmittag, als die Brüder vor dem Feuer saßen, plötzlich die Tür aufging und er vor ihnen stand. Es hatte den ganzen Tag über nicht aufgehört zu regnen, und der Hochländer war völlig durchnäßt. Das Wasser tropfte auf den Boden, als er seinen Rucksack und seine Waffen ablegte und die Tür hinter sich zuzog. »Schlechte Neuigkeiten«, sagte er sofort. Sein rostfarbenes Haar klebte an seinem Kopf, und das Regenwasser glitzerte auf seinen wie gemeißelten Backenknochen.
Par und Coll erhoben sich langsam von ihrer Arbeit.
»Ihr könnt auf keinen Fall ins Vale zurückkehren«, sagte Morgan ruhig. »Die Föderationssoldaten sind überall. Ich konnte nicht mit Sicherheit feststellen, ob auch Sucher dort sind, aber es würde mich nicht im geringsten überraschen. Das Dorf steht unter dem Schutz der Föderation - das ist ihre Bezeichnung für gewaltsame Besetzung. Zweifellos warten sie auf euch. Ich habe nicht viele Fragen gebraucht, um das herauszufinden; es ist kein Geheimnis. Eure Eltern stehen unter Hausarrest. Ich glaube, es geht ihnen gut, aber ich konnte es nicht wagen, sie aufzusuchen. Das hätte zu viele Fragen nach sich gezogen.« Er holte tief Luft. »Irgend jemand will euch ernsthaft an den Kragen, meine Freunde.«
Par und Coll sahen einander an und versuchten gar nicht ihre Angst zu verbergen. »Was sollen wir jetzt machen?« fragte Par leise.
»Ich habe auf dem ganzen Weg darüber nachgedacht«, antwortete Morgan. Er streckte die Hand aus und legte sie auf Pars Schulter. »Wenn ich jetzt sage 'wir', dann meine ich 'wir', weil ich das Gefühl habe, daß ich jetzt zu euch gehöre.« Sein Griff wurde stärker. »Wir gehen nach Osten und suchen Walker Boh.«
Kapitel 6
Morgan Leah konnte sehr bestimmend sein, wenn er wollte, und das erfuhren Par und Coll im regenverhüllten Hochland auch in dieser Nacht.
Er hatte sich die Sache offenbar reiflich überlegt, und seine Schlußfolgerung war dementsprechend wohl durchdacht. Er behauptete schlichtweg, sie hätten die Wahl. Es dauerte nicht lange, bis er sich seiner nassen Kleider entledigt und abgetrocknet hatte und die Brüder mit Bier und Brot im Schneidersitz vor dem wärmenden Feuer saßen und seinen Ausführungen lauschten.
Er begann mit den bekannten Tatsachen. Sie wußten, daß sie nicht nach Shady Vale zurückkehren konnten - weder jetzt noch in naher Zukunft. Ebenso wenig konnten sie nach Callahorn
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