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Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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unter ihnen nachgab, und sie stürzten ins Leere. Sie fielen lange, dann rammten sie eine steile Rinne und rutschten kopfüber weiter hinunter. Die Rinne war rauh, die Oberfläche mit lockerem Geröll übersät, das ihnen Hände und Gesicht zerschrammte. Verzweifelt versuchten sie sich, ohne die Schmerzen zu beachten, festzukrallen, um ihre Geschwindigkeit zu bremsen. Mit den Stiefeln und den Knien stemmten sie sich gegen die Rinne und suchten mit Händen und Fingern Halt. Die Rinne wurde breiter und weniger steil. Sie rutschten nicht mehr und blieben mit ausgestreckten Armen und Beinen liegen.
    Morgan hob vorsichtig den Kopf und schaute sich um. Er lag mit dem Kopf nach unten auf einer Steinplatte, die zu beiden Seiten so weit in die Schatten reichte, daß er die Enden nicht sehen konnte. Lockeres Gestein bedeckte sie wie ein Teppich, und einiges kullerte noch immer hinunter. Ein schwacher Lichtschimmer von irgendwo in der Höhe versuchte vergeblich, die Finsternis zu durchdringen, und war so schwach, daß er kaum bis zu Morgan reichte. Morgan zwang sich, nach unten zu schauen. Horner Dees lag ungefähr sechs Meter weiter unten auf dem Rücken, Arme und Beine ausgestreckt, und rührte sich nicht. Noch weiter unten gähnte ein Loch von undurchdringlicher Schwärze wie ein riesiges, hungriges Maul.
    Morgan schluckte gegen den Staub in seiner Kehle an. »Horner?« krächzte er mühsam.
    »Hier«, klang es rauh zurück.
    »Bist du heil geblieben?«
    »Nichts gebrochen, glaube ich«, grunzte er.
    Morgan nahm sich Zeit, die Umgebung anzuschauen. Alles, was er sehen konnte, war die Rutsche, der schwache Lichtschacht von oben und der Abgrund unten. »Kannst du dich bewegen?« rief er leise hinunter.
    Eine Weile herrschte Stille, dann hörte man Geröll durchs Dunkel prasseln. »Nein«, kam die Antwort. »Ich bin zu fett und zu alt, Hochländer. Wenn ich versuche, zu dir raufzukommen, gerate ich wieder ins Rutschen, und dann kann ich nicht mehr stoppen.«
    Morgan hörte die Anspannung in seiner Stimme. Dees lag hilflos auf dem lockeren Gestein wie ein Blatt auf Glasscherben; auch nur die kleinste Bewegung würde ihn ins Leere abgleiten lassen.
    Und mich auch, wenn ich mich zu bewegen versuche, dachte der Hochländer düster.
    Und doch mußte er es versuchen.
    Er holte tief Luft und hob langsam seine Hand bis an den Mund. Eine Geröllawine polterte abwärts, doch sein Körper blieb auf der Rutschbahn liegen. Er strich sich den Dreck von den Lippen und schloß die Augen, um nachzudenken. In seinem Rucksack war ein Seil, dünn, aber stark, eine Rolle von ungefähr fünfzehn Metern. Er machte die Augen wieder auf. Würde er etwas finden, woran er es befestigen konnte, um sich daran hochzuziehen?
    Ein vertrautes Rumpeln erschütterte die Erde, es kam von unten und brachte die Geröllschicht um ihn herum ins Rutschen, so daß kleine Lawinen in den Abgrund rutschten. Ein gewaltiges Keuchen und dann ein langer Seufzer, als würde eine riesige Menge Luft ausgestoßen.
    Morgan äugte nach unten, eiskalt bis auf die Knochen. Sein Atem ging in kurzen, hektischen Stößen, und er mußte einen fast unbezähmbaren Drang unterdrücken, so schnell wie möglich fortzuklettern. Der Malmschlund. So nahe. Er war über jede Vorstellung hinaus riesig; der kurze Blick, den er darauf geworfen hatten, reichte, um ihm das zu sagen. Es war unmöglich abzuschätzen, wieviel davon dort unten war, wo er anfing und aufhörte und wie weit er reichte.
    Morgan klammerte sich an den Fels, bis ihm die Hände schmerzten, und kämpfte gegen Angst und Übelkeit an. Er mußte hier raus! Er mußte eine Möglichkeit finden!
    Fast ohne zu denken, schob er seine Hand unter den Bauch und begann, die Überreste des Schwertes von Leah herauszugraben. Es war ein langwieriger, qualvoller Prozeß, denn er konnte sich nicht aufrichten, ohne fürchten zu müssen, daß er wieder ins Rutschen käme. Und jetzt wollte er das noch weit weniger riskieren.
    »Versuch nicht, dich zu bewegen, Horner!« rief er leise mit trockener, rauher Stimme. »Bleib, wo du bist!«
    Es kam keine Antwort. Morgan zog das Schwert von Leah zentimeterweise aus der Scheide und unter seinem Leib hervor und brachte es auf die Höhe seines Gesichts. Die polierte Metalloberfläche der zerbrochenen Klinge glänzte im fahlen Licht hell auf. Er hob sie mit einer Hand über seinen Kopf, dann schob er vorsichtig die andere Hand hinauf, bis er den Griff fest mit beiden Händen packen konnte. Mit dem ausgezackten

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