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Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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von ihr gefordert wurde. Sie sah Garth vor sich, wie sie ihn immer vor sich sah - das dunkle Vertrauen und die Kraft, die von seinem Gesicht ausstrahlte, das Lächeln, das er ausschließlich ihr schenkte, seine Weisheit, seine Freundschaft und seine Liebe.
    »Ich kann dich nicht verlieren«, flüsterte sie und machte sich nicht mehr die Mühe, ihm Zeichen zu machen. Ihre Worte waren nur ein Murmeln. »Ich kann es nicht!«
    Seine Hände ließen sie los, und sie öffnete die Augen. Sieh mich an.
    Sie atmete tief ein und tat es.
    Schau mir in die Augen.
    Sie tat es. Sie sah hinab in die Seele ihres ältesten und vertrautesten Freundes. Ein böses, rotes Glühen leuchtete ihr entgegen.
    Es beginnt bereits, signalisierte er.
    Sie schüttelte in wilder Abwehr den Kopf.
    Ich kann es nicht zulassen, Wren. Aber ich kann es nicht allein tun. Nicht das und dabei wirklich sicher sein. Du wirst mir helfen müssen, jetzt loszulassen.
    »Nein.«
    Seine Hand glitt zu seinem Gürtel hinab und zog das lange Messer hervor, und dessen rasiermesserscharfe Klinge glitzerte im Halblicht. Sie erschauerte und wich zurück, aber er ergriff ihr Handgelenk und zwang den Griff des Messers in ihre Hand.
    Seine Hände machten beständig schnelle Zeichen. Es bleibt uns keine Zeit mehr. Was wir gehabt haben, war gut. Ich bedaure keinen Augenblick davon. Ich bin stolz auf dich, Wren. Du bist meine Kraft, meine Weisheit, mein Können, meine Erfahrung, mein Leben, alles, was ich bin, das Beste von mir. Und dennoch bist du eine eigenständige Persönlichkeit, in jeder Beziehung anders. Du bist, was du sein solltest - eine Fahrende, die zur Königin der Elfen wurde. Ich kann dir nichts mehr geben. Das ist ein guter Zeitpunkt, sich zu verabschieden.
    Wren konnte nicht atmen. Sie konnte nicht klar sehen. »Das kannst du nicht von mir verlangen! Das kannst du nicht!«
    Ich muß es. Es ist niemand sonst da. Bei niemandem sonst könnte ich mich darauf verlassen, daß er es richtig macht.
    »Nein!« Sie ließ das Messer fallen, als hätte sie sich die Haut verbrannt. »Ich wäre lieber selbst tot!« sagte sie schluchzend.
    Er griff nach dem Messer und legte es behutsam erneut in ihre Hand. Sie schüttelte wieder und wieder den Kopf und lehnte ab, was er von ihr verlangte. Er berührte sie und zog ihren Blick erneut auf sich. Er zitterte jetzt, vielleicht wegen der Kälte, aber vielleicht auch wegen mehr. Das rote Glühen war jetzt viel deutlicher, viel stärker.
    Ich entgleite, Wren. Ich werde aus mir selbst heraus gestohlen, Du mußt dich beeilen. Tu es schnell. Laß mich nicht zu einem… Er konnte den Satz nicht beenden, und selbst seine großen, starken Hände zitterten jetzt. Du kannst es tun. Wir haben es oft genug geübt. Ich kann mir selbst nicht vertrauen. Ich könnte…
    Wrens Muskeln waren so angespannt, daß sie sich kaum bewegen konnte. Sie schaute über ihre Schulter zurück, dachte daran, Stresa oder Triss zurückzurufen. Sie suchte verzweifelt nach irgend jemandem. Aber es gab niemanden, der ihr helfen konnte. Es blieb nichts, was irgend jemand anders tun konnte.
    Sie wandte sich rasch wieder um. »Es gibt doch sicher ein Gegenmittel?« Ihre Worte verrieten ihre Panik. »Ich werde Stresa fragen! Er wird es wissen! Ich werde ihn zurückholen!«
    Garths große Hände unterbrachen sie. Stresa kennt die Wahrheit bereits. Du hast es selbst in seinen Augen gesehen. Es gibt nichts, was er tun kann. Es gab niemals etwas. Laß es sein. Hilf mir. Nimm das Messer und gebrauche es.
    »Nein!«
    Du mußt.
    »Nein!«
    Seine Hand fuhr plötzlich hoch, als wolle er sie schlagen, und sie reagierte instinktiv, indem sie abblockte, die Hand mit dem Messer hob und erstarrte. Die Schneide war noch Zentimeter von seiner Brust entfernt. Ihre Blicke verbanden sich. Einen Moment lang wurde alles in Wren fortgeschwemmt, außer der furchtbaren Erkenntnis, was sie zu tun hatte. Die Wahrheit lähmte sie. Sie atmete ein und hielt die Luft an.
    Schnell, Wren… Sie bewegte sich nicht. Er nahm ihre Hand und senkte sie langsam, bis die Messerklinge an seiner Tunika, an seiner Brust ruhte. Tu es.
    Ihr Kopf bewegte sich langsam von einer Seite zur anderen, beständig von einer Seite zur anderen, eine kaum wahrnehmbare Bewegung.
    Wren, hilf mir.
    Sie schaute auf ihn hinab, sah tief in seine Augen und sah das rote Glühen, das ihn überwältigte, vor dem in ihm anwachsendes Entsetzen aufstieg. Sie erinnerte sich daran, wie sie als Kind neben ihm gestanden hatte, als sie das erste

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