Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
Mal zu den Fahrenden gekommen war und kaum bis an sein Knie gereicht hatte. Sie erinnerte sich an die Zeit, als sie zehn Jahre alt war, gertenschlank und zäh wie Leder, und wie sie gerannt war, um ihn im Wald zu fangen. Sie erinnerte sich an immer neue, endlose Spiele, die alle ihrer Ausbildung dienten.
    Sie spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht. Sie spürte seine Nähe und dachte daran, wieviel Trost diese ihr in ihrer Kindheit gebracht hatte.
    »Garth«, flüsterte sie verzweifelt und spürte, wie sich seine großen Hände hoben und sich über ihre legten.
    Dann stieß sie das lange Messer hinein.

Kapitel 61
    Wren flüchtete. Sie rannte von der Lichtung unter die Bäume, taub vor Kummer, halb blind vor Tränen, den Ruhkstab mit beiden Händen fest vor sich haltend wie einen Schild. Sie lief durch die Schatten und das Halblicht des frühen Morgens auf der Insel, beachtete weder das entfernte Rumpeln des Killeshan noch das Erzittern, mit dem Morrowindl antwortete. Sie war verloren für alles. Es gab nichts als die Notwendigkeit, der Zeit und dem Ort von Garths Tod zu entkommen, obwohl sie wußte, daß sie der Erinnerung daran niemals entkommen könnte. Sie zog mit unbesonnener Blindheit an Gestrüpp und Zweigen vorbei, rannte durch hohe Gräser und Dornensträucher und an Erdwällen vorbei, die mit Lavagestein überzogen waren, sie stolperte über totes Holz und verstreute Trümmer. Sie spürte nichts davon. Es war nicht ihr Körper, der flüchtete, es war ihr Geist.
    Garth!
    Sie rief ihn immer wieder und jagte ihren Erinnerungen an ihn hinterher, als könnte sie ihn wieder zum Leben erwecken, wenn sie nur eine davon eingefangen hätte. Sie sah ihn geisterhaft und trügerisch davoneilen. Bruchstücke von ihm erschienen und verblaßten wieder in der Luft vor ihr, verschwommene und ferne Bilder von vergangenen Zeiten. Sie sah sich selbst hinter ihm herjagen, wie sie es so oft getan hatten, wenn sie Jäger und Beute gespielt hatten, wenn sie die Lektionen des Überlebens erarbeitet hatten. Sie sah sich selbst an jenem letzten Tag im Tirfing, bevor Cogline erschienen war und sich alles für immer verändert hatte. Damals war sie die Ufer des Myrian entlanggegangen und hatte nach Zeichen gesucht. Sie sah, wie er sich aus den Bäumen herabgeschwungen hatte, groß, lautlos und schnell. Sie spürte wieder, wie er sie ergriff, spürte sich davongleiten, spürte ihr langes Messer sich erheben und herabsinken. Sie hörte sich lachen. Du bist tot, Garth.
    Und jetzt war er es wirklich.
    Irgendwie - sie wußte später nie, wie das geschah - stolperte sie über die anderen Überlebenden des kleinen Trupps, Triss, den letzten der Elfen, den letzten außer ihr, und Stresa und Faun. Sie taumelte in sie hinein, wandte sich ärgerlich ab, als seien sie ein Hindernis, und lief weiter. Sie folgten ihr natürlich, rannten, um sie einzuholen, riefen sie drängend und fragten, was nicht stimmte, was passiert sei, wo Garth bleibe.
    Fort, sagte sie und schüttelte den Kopf. Er käme nicht mit.
    Aber es sei in Ordnung. Es sei so das beste.
    Er sei jetzt in Sicherheit.
    Noch im Lauf hörte sie Triss erneut fragen: Was stimmt nicht?
    Und Stresa antwortete: Hsssttt, kannst du es nicht sehen? Worte wurden verstohlen geflüstert, Beobachtungen untereinander ausgetauscht, aber sie erfaßte ihre Bedeutung nicht und machte sich gar nicht erst die Mühe. Faun sprang vom Weg auf ihren Arm und hängte sich besitzergreifend an sie, aber sie schüttelte den Baumschreier schroff ab. Sie wollte nicht angefaßt werden. Sie konnte es kaum ertragen, in ihrer eigenen Haut zu stecken.
    Sie rannte unter den Bäumen weiter.
    »Hoheit!« hörte sie Triss hinter sich rufen.
    Später stolperte sie einen Lavahang hinauf, krallte und grub sich in den scharfen Fels und spürte, wie er in ihre Hände und Knie einschnitt. Ihr Atem drang schwer keuchend aus ihrer Kehle, und sie hustete und erstickte fast an Worten, die nicht kommen wollten. Der Ruhkstab fiel ihr aus den Händen, und sie ließ ihn zurück. Sie schloß alles aus und ließ hinter sich, wer und was sie war. Sie empfand nur noch Widerwillen bei dem Gedanken daran, wollte nur noch fliehen, entkommen und laufen, bis sie nirgends mehr hingehen könnte.
    Als sie schließlich zusammenbrach und erschöpft flach auf dem Hang liegen blieb, war es Triss, der als erster bei ihr war, der sie in die Arme nahm, als sei sie ein Kind, der sie mit Worten und kleinen Berührungen beruhigte und ihr den Trost gab, den sie

Weitere Kostenlose Bücher