Shannara VII
Stromschnellen entgegen, die das Wasser aufwirbelten. Kinson strich sich mit der Hand übers Gesicht, er schloß die Augen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er blinzelte beim Weitergehen die Feuchtigkeit fort und lauschte der Stille, warf einen Blick zurück zu Bremen und Mareth, die wenige Schritte hinter ihm folgten. Er fühlte sich merkwürdig unbehaglich, konnte aber die Ursache nicht ergründen. Seine Instinkte als Fährtenleser sagten ihm, daß etwas nicht stimmte, aber niemand der beiden anderen schien besorgt zu sein.
Er ließ sich einen Schritt zurückfallen, um neben sie zu gelangen. »Irgend etwas stimmt nicht«, brummte er.
Mareth sah ihn an. Bremen zuckte nur die Schultern. Irritiert übernahm Kinson wieder die Führung. Sie schritten über eine große Lichtung hinweg auf eine Gruppe von Tannen zu und drängten sich durch einen Vorhang aus Ästen. Plötzlich roch Kinson Rauch. Er hielt inne und wandte sich um, um die anderen zwei zu warnen.
»Schau weiter nach vorn«, warnte Bremen. Er blickte über Kinson hinweg nach vorn, und gleichzeitig wurden Mareths Augen immer größer.
Kinson wirbelte herum und sah sich der größten Moorkatze gegenüber, die er jemals gesehen hatte. Das Tier stand ungefähr zwei Meter von ihm entfernt und starrte ihn an. Die strahlenden Augen der Katze waren von einem leuchtenden Gelb, und ihre Schnauze war schwarz, aber der Rest bestand aus einem merkwürdigen Muster. Moorkatzen wurden nur selten gesehen, und der Volksmund besagte, daß der Anblick einer Moorkatze gewöhnlich das letzte Ereignis im Leben einer Person darstellte. Moorkatzen blieben meist unter sich und verbrachten ihr Leben in den Sümpfen des Ostlandes. Sie waren nur schwer zu finden, denn sie konnten ihre Farbe der Umgebung anpassen. Sie waren im Durchschnitt zwei bis zweieinhalb Meter lang und an der Schulter ungefähr einen Meter hoch, aber diese hier war vier Meter lang und beinahe eineinhalb Meter hoch. Sie war nahezu in gleicher Augenhöhe wie Kinson und hätte über ihm sein können, bevor er Zeit gehabt hätte, auch nur zu zwinkern.
»Bremen«, sagte er leise.
Hinter sich hörte er ein merkwürdiges Geräusch, und die Moorkatze zuckte bestätigend mit ihrem Kopf. Das Geräusch kam wieder, und jetzt erkannte Kinson, daß es von Bremen kam. Die Moorkatze leckte sich über die Schnauze und erwiderte Bremens Gruß, dann wandte sie sich ab und verschwand.
Bremen trat neben den verdutzten Grenzländer und legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Das ist Coglines Katze.
Ich würde sagen, wir sind ganz in der Nähe unseres Freundes, oder nicht?«
Sie traten aus dem Wald und überquerten eine Lichtung, die von einem Bach geteilt wurde. Die ganze Zeit über trottete die Moorkatze voran, weder besonders eilig noch besonders langsam; sie schien keinerlei Interesse an ihnen zu haben, blieb aber immer in Sichtweite. Kinson schaute Mareth fragend an, aber sie schüttelte nur den Kopf. Offensichtlich wußte sie auch nicht mehr als er.
Schließlich erreichten sie eine weitere Lichtung mit einer kleinen Hütte darauf. Sie war vom Wetter mitgenommen und ziemlich reparaturbedürftig, einzelne Schindeln hatten sich gelöst, Scharniere waren aus den Verankerungen gerissen, und einige der Holzlatten auf der Veranda waren zersplittert und zerbrochen. Das Dach sah noch ziemlich sicher aus, und der Schornstein war in Ordnung, aber der Gemüsegarten befand sich in einem desolaten Zustand, und Unkraut wucherte bereits erwartungsvoll an den Holzwänden empor. Ein Mann stand vor dem Eingang und wartete auf sie, und Kinson wußte sofort aus der Erinnerung an Mareths Beschreibung, daß dies Cogline sein mußte. Er war groß und gebeugt, eine knochige, hagere Gestalt, zerzaust und ungekämmt, und seine Kleidung war in demselben Zustand wie die Hütte. Seine Haare waren dunkel, aber mit Grau durchsetzt, und sie standen wie die Stacheln eines Igels von seinem kantigen Kopf ab. Ein dünner Spitzbart zierte sein Kinn, ein Schnauzbart die Oberlippe. Linien zogen sich durch sein wettergegerbtes Gesicht, Furchen, die nicht nur Beweise gelebter Jahre waren. Er stützte eine Hand in die Hüfte und sah mit breitem Grinsen zu, wie sie näher kamen.
»Nun, nun, nun!« rief er begeistert aus. »Das Mädchen aus Storlock ruft. Hätte nicht gedacht, dich so schnell wiederzusehen, Mädchen! Du hast mehr Mut, als ich vermutet hätte. Und den wahren Meister der Überlieferungen hast du gefunden, wie es scheint? Schön,
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