Shannara VII
segelten Wolken in gewaltigen, dicken Massen dahin und drohten mit Regen noch vor Tagesende. Der saure Geschmack verbrannter Erde hing in der Luft, ein Rest der mit Wasser gelöschten Feuerstellen. Pferde scharrten unruhig mit den Hufen. Die Männer holten tief Luft und verdrängten jeden Gedanken an ihr Heim, an ihre Familie und bessere Zeiten.
Die Erde erbebte unter den Tritten der Nordlandarmee, als sie auf das Tal zumarschierte. Trommeln gaben den Takt an, damit die Fußsoldaten im Gleichschritt marschierten. Die Räder der Katapulte und Belagerungswagen rumpelten. Stiefel und Hufe donnerten so schwer auf dem Boden, daß das Zittern der Erde bis dorthin spürbar war, wo die Elfen warteten. Staub erhob sich von den verdorrten Ebenen und wurde vom Wind in wilden Wolken aufgewirbelt. Die Armee schien selbst jetzt noch anzuschwellen, als wüchse sie allein durch den Staub, den sie aufwirbelte. Die Stille zerbarst, und das Licht veränderte sich. Inmitten des aufgewühlten Staubes und des Dröhnens der herannahenden Armee erhob der Tod sein Haupt und schaute sich erwartungsvoll um.
Jerle Shannara saß still auf seinem Roß, einem Braunen mit Blesse, und beobachtete, wie der Feind näher rückte. Er sorgte sich um die Auswirkungen, die der Anblick auf seine Männer hatte. Allein die Größe der Feindesmacht war entmutigend, und sie näherte sich mit einem Klang, der das Herz erstarren ließ. Der König konnte die Angst spüren, die sich in seinen Kriegern ausbreitete. Es machte ihn ungeduldig und begann, auch an seiner eigenen Entschlossenheit zu nagen.
Schließlich hielt er es nicht länger aus. Spontan ritt er an die Spitze seiner Armee, so daß Preia, Bremen und seine Leibgarde nur noch verdutzt und entsetzt hinter ihm herstarren konnten. Er preschte vor und zog, sichtbar für alle, die Zügel an, dann begann er, den Braunen vor den ersten Reihen auf und ab paradieren zu lassen. Die Elfenjäger starrten ihn überrascht und erfreut an, während er kühn zu ihnen sprach.
»Beruhigt euch«, rief er gelassen. Er lächelte sie an und blickte jedem einzelnen in die Augen. »Die Größe allein macht den Unterschied nicht aus. Dies ist unser Land, unsere Heimat, unser Volk. Wir lassen uns nicht von einem Eindringling vertreiben, dem es an Mut fehlt. Wir können nicht geschlagen werden, solange wir an uns selbst glauben. Bleibt stark. Erinnert euch an unseren Plan. Erinnert euch daran, was wir tun müssen. Sie werden als erste zerbrechen, das verspreche ich euch. Bleibt ruhig. Behaltet euren Mut.«
Dann ritt er die Reihen auf und ab, hielt hier und dort inne, um dem einen oder anderen Mann, den er erkannte, eine kleine Frage zu stellen und ihnen die Zuversicht zu zeigen, die er hatte, und sie an den Mut zu erinnern, von dem er wußte, daß sie ihn besaßen. Er verschwendete keinen einzigen Blick auf die Lawine, die sich ihnen näherte. Sie sind nichts gegen uns, bedeutete er ihnen. Sie sind bereits geschlagen.
Als der Gegner nur noch zweihundert Meter von ihnen entfernt war und das Dröhnen so laut wurde, daß kein Raum mehr für andere Geräusche blieb, erhob Jerle den Arm zum Salut, wendete den Braunen vor den vorderen Reihen und nahm seinen Platz zwischen ihnen ein. Staub wehte über die Ebene und umhüllte die marschierende Armee und die rollenden Wagen. Trommeln hämmerten einen betäubenden Rhythmus. Die Belagerungswaffen bewegten sich immer näher, von Packtieren mit gewaltigen Seilen ruckartig gezogen. Schwerter und Spieße glänzten im dämmrigen Licht.
Dann, als die herannahende Armee noch etwa einhundertfünfzig Meter entfernt war, gab Jerle Shannara das Zeichen, die Ebene in Brand zu stecken.
Eine lange Reihe von Bogenschützen rannte nach vorn und ließ sich auf ein Knie fallen, um die Pfeile anzuzünden. Gewaltige Langbögen hoben und reckten sich gen Himmel, Sehnen wurden gespannt und losgelassen. Die Pfeile flogen mitten in die Nordlandarmee hinein und landeten in dem Gras, das die Elfen in der Nacht zuvor im Schutz der Dunkelheit mit Öl getränkt hatten, als sie wußten, daß der Angriff kurz bevorstand. Überall zwischen den engen Reihen der Feinde flammte Feuer auf, schoß in die staubige Luft, flackerte in den Himmel. Das Feuer raste die langen Reihen entlang, und die Nordlandarmee wurde erst langsamer, bevor sie auseinanderbrach und die Schreie der verängstigten Männer und Tiere sich in die frische Morgenluft erhoben.
Aber die Gegner zogen sich nicht zurück und versuchten auch nicht zu
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