Shannara VII
das Bremen ihm anvertraut hatte, das Schwert, dessen Magie er nicht meistern, an die er nicht einmal glauben konnte. Er stieß es kraftvoll gen Himmel. Die anderen Elfen um ihn herum reckten ebenfalls ihre Schwerter in die Luft und jubelten.
Beinahe sofort erkannte der König die Ironie seine Handlung. Schnell ließ er das Schwert wieder sinken, ein Narrenstab in seiner Hand, der Zauber eines Einfaltspinsels. Ärgerlich wendete er den Braunen, und die Euphorie in ihm erstarb und machte bitterer Scham Platz.
»Jetzt ist es das Schwert von Shannara, Elfenkönig«, hatte Bremen gesagt, als Jerle dem alten Mann nach dem nächtlichen Überfall enthüllt hatte, daß die Magie des Talismans ihn im Stich gelassen hatte. »Es ist nicht länger das Schwert der Druiden, oder meins.«
Die Worte hallten jetzt in Jerles Kopf wider, als er vor den Reihen auf und ab ritt und sie auf den nächsten Angriff vorbereitete, den er kurz vor Sonnenuntergang erwartete. Das Schwert hing wieder in der Scheide an seinem Gürtel, unsicher und rätselhaft. Denn Bremen war zwar schnell dabei gewesen, dem Schwert einen Namen zu geben, aber das hieß noch lange nicht, daß Jerle Shannara dessen Magie auch wirklich beherrschen könnte. Selbst jetzt, nach allem, was er wußte, hatte er nicht das Gefühl, als wäre es wirklich seins.
»Es ist deine Aufgabe, die Magie zu beherrschen, Elfenkönig«, hatte der alte Mann ihm in jener Nacht zugeflüstert. »Aber die Stärke, es zu tun, wird aus dem Glauben geboren, und dieser Glaube muß notwendigerweise aus dir heraus entstehen.«
Sie hatten sich im Dunkeln zusammengekauert, zehn Tage zuvor, als die Morgendämmerung noch eine Stunde oder länger entfernt war und ihre Gesichter mit Schmutz und Ruß verschmiert und schweißbedeckt waren. Jerle Shannara war in jener Nacht dem Tod sehr nahe gewesen. Das Ungeheuer des Dämonenlords hätte ihn beinahe getötet, und obwohl Bremen noch rechtzeitig erschienen war, um ihn zu retten, war die Erinnerung daran, wie nah er dem Tod gekommen war, lebendig und intensiv. Preia war irgendwo in der Nähe, aber Jerle hatte sich entschieden, mit dem Druiden alleine über seine Niederlage zu sprechen, um die Dämonen zu vertreiben, die in seinem Innern tobten. Er konnte nicht leben mit dem, was ihm widerfahren war, wenn er nicht daran glauben konnte, daß er es ein zweites Mal würde verhindern können. Zuviel hing von der Kraft des Schwertes ab. Was hatte er falsch gemacht, als er sie in dieser Nacht gerufen hatte? Wie konnte er sichergehen, daß es nicht wieder geschehen würde?
So hatten sie allein im Dunkeln gesessen, so eng beieinander, daß sie nur das Pochen ihrer Herzen und das heiße Rauschen ihrer Atemzüge hören konnten, als sie sich der Frage stellten.
»Dieses Schwert ist ein Talisman, der nur für einen einzigen Zweck bestimmt ist, Jerle Shannara!« hatte der alte Mann beinahe ärgerlich gefaucht. Seine Stimme hatte heiser und ungeduldig geklungen. »Es hat nur einen einzigen Zweck und keinen anderen! Du kannst die Magie nicht herbeirufen, um dich damit gegen alle Kreaturen zu verteidigen, die dich bedrohen! Die Klinge mag dein Leben retten, aber die Magie wird es nicht!«
Der König war bei dieser Zurechtweisung förmlich erstarrt. »Aber du sagtest doch…«
»Erzähl mir nicht, was ich gesagt habe!« Bremens Worte hatten seine Einwände scharf und beinahe verletzend beiseite gewischt und ihn zum Schweigen gebracht. »Du hast nicht zugehört, was ich gesagt habe, Elfenkönig! Du hast gehört, was du hören wolltest und nicht mehr! Leugne es nicht! Ich sah es, ich habe es beobachtet! Diesmal mußt du mir mehr Aufmerksamkeit schenken! Wirst du das tun?«
Jerle Shannara hatte die Lippen zusammengepreßt und ein wütendes Nicken zustande gebracht. Er hatte seine Zunge nur deshalb zurückgehalten, weil er wußte, daß er verloren wäre, wenn er nicht tat, wie ihm geheißen.
»Gegen den Dämonenlord wird die Magie antworten, wenn du sie rufst! Aber nur gegen den Dämonenlord, und nur, wenn du stark genug daran glaubst!« Bremen hatte tadelnd den grauen Kopf geschüttelt. »Die Wahrheit kommt aus dem Glauben - merke dir das. Die Wahrheit kommt mit der Erkenntnis, daß sie allgemeingültig ist und allumfassend und keine Vorlieben hat. Wenn du das nicht in dein eigenes Leben aufnehmen kannst, wirst du es auch nicht in die Leben der anderen zwingen können. Zuerst mußt du sie erfassen, bevor du sie weitergeben willst. Du mußt sie zu deiner Rüstung
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